
Rede zu Beleidigung von Vertretern ausländischer Staaten
Am heutigen Tag werden wir das Gesetzgebungsverfahren zur Abschaffung von § 103 StGB abschließen. Die Strafvorschrift stellt bislang die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten unter Strafe.
Entgegen der Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen handelt es sich bei § 103 StGB nicht um den „Majestätsbeleidigungsparagrafen“. Die Strafvorschrift schützt ausländische Staaten mit ihren Organen und Einrichtungen vor Beeinträchtigungen. Auf die Staatsform kommt es aber nicht an, sodass demokratisch gewählte Regierungsvertreter gleichermaßen geschützt werden. Die Grünen haben sich zu sehr vom konkreten Einzelfall mit dem Staatspräsidenten Erdogan leiten lassen.
Es war deshalb richtig, dass die Union besonnen reagiert hat. Die Gesetzentwürfe der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke wollten eine schnellstmögliche Abschaffung erreichen. Dies sollte das leicht erkennbare Ziel verfolgen, den auf einer Welle der Sympathie reitenden Jan Böhmermann vor Strafverfolgung zu schützen. Ein Strafverfahren wäre mangels Rechtsgrundlage sofort einzustellen gewesen.
Durch die Weigerung der Union konnte die Staatsanwaltschaft Mainz den Fall in Ruhe prüfen und kam letztendlich zu einer Verfahrenseinstellung, da kein strafbares Verhalten vorliege. Ich habe bereits in der ersten Lesung am 12. Mai 2016 gemahnt, dass wir kein Einzelfallgesetz „Böhmermann“ beschließen sollten. Der Respekt vor einer unabhängigen Justiz verbietet es uns als Gesetzgeber, in laufende Verfahren einzugreifen. Die Gewaltenteilung ist für uns ein hohes Gut, weshalb wir uns mit den richtigen Gründen einem kurzfristigen und unbesonnenen Handeln versperrt haben.
Mit dieser Debatte möchten wir als Union auch nochmals klarstellen, dass die funktionierenden außenpolitischen Beziehungen zu anderen Staaten mit der heutigen Abschaffung von § 103 StGB nicht beeinträchtigt werden. Für uns ist der Schutz der diplomatischen Beziehungen ein hohes Gut. Das Miteinander mit anderen Staaten hängt jedoch nicht vom Bestehen strafrechtlicher Schutzvorschriften ab. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in der Europäischen Union und in anderen Ländern der Welt großes Vertrauen erarbeitet. Deutschland wird auch in der Zukunft ein verlässlicher Partner sein. Die Abschaffung von § 103 StGB wird daran nichts ändern und soll auch nicht als ein solches Signal verstanden werden.
Es ist richtig, dass es keine völkerrechtliche Verpflichtung gibt, die Strafvorschrift beizubehalten. Eine völkerrechtliche Verbotsnorm besteht jedoch auch nicht. Es liegt deshalb im weiten Ermessensspielraum des Gesetzgebers, über die Erhaltung oder Abschaffung der Strafvorschrift zu entscheiden. Der Schutz der persönlichen Ehre ist ein hohes Gut und hat auch Niederschlag in den Strafvorschriften zu finden. Trotz Wegfall von § 103 StGB wird weiterhin die Beleidigung von ausländischen Staatsoberhäuptern und Regierungsmitgliedern unter Strafe stehen. Der Beleidigungstatbestand in § 185 Strafgesetzbuch schützt die Ehre eines jeden Menschen ohne Bezug zu einer Funktion. Auch die Strafverfolgungsermächtigungen ähneln sich. Korrespondierend zum Strafverlangen bei § 103 StGB ist bei der Beleidigung ein Strafantrag notwendig.
In Anbetracht der Tatsache, dass ein Schutzniveau für die persönliche Ehre erhalten bleibt, werde ich dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zustimmen können.