Auch Kommission muss Regeln der europäischen Verträge einhalten.

Der Deutsche Bundestag berät heute über eine Subsidiaritätsrüge zum Dienstleistungspaket der Europäischen Kommission. Hierzu erklären der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Karl Holmeier, und die zuständige Berichterstatterin im Ausschuss für Wirtschaft und Energie, Barbara Lanzinger:

„Die EU-Kommission verstößt mit ihrem Dienstleistungspaket eindeutig gegen den Vertrag von Lissabon und überschreitet damit ihre Kompetenzen. Die Richtlinienvorschläge zum Notifizierungsverfahren und zur Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen verletzen die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. Zudem werfen der Richtlinien- und Verordnungsvorschlag zur Europäischen Elektronischen Dienstleistungskarte zumindest Fragen im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit zum Subsidiaritätsprinzip auf. Wir begrüßen grundsätzlich das Ziel der EU-Kommission, den Binnenmarkt zu vertiefen. Allerdings sollte die Kommission die angekündigte Hilfestellung zur Umsetzung von Binnenmarktvorschriften in nationales Recht auf freiwilliger Basis vornehmen. Hierzu hat der Deutsche Bundestag die Kommission schon vor einiger Zeit aufgefordert. Bei dem nun geplanten Notifizierungsverfahren im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie fehlt es bereits an einer Rechtsetzungskompetenz der EU. Die Europäische Kommission könnte ein Gesetzgebungsvorhaben der Mitgliedsstaaten durch Beschluss aufhalten – damit greift sie außerdem unverhältnismäßig in deren Gesetzgebungskompetenz ein. Gesetzgebungsprozesse dürfen nicht unverhältnismäßig verlangsamt, Bürokratie muss abgebaut und nicht aufgebaut werden“, so Karl Holmeier.

Barbara Lanzinger ergänzt: „Mit der Einführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfungspflicht vor Einführung neuer oder Änderung bestehender nationaler Vorschriften zum Zugang zu reglementierten Berufen sowie der Festlegung EU-einheitlicher, sehr detaillierter Kriterien hierzu verletzt die Kommission ebenfalls nationale Hoheitsrechte. Fraglich ist darüber hinaus, ob die Einführung einer Dienstleistungskarte notwendig und angemessen ist. Sie sollte jedenfalls so ausgestaltet werden, dass sie zu einem Abbau bürokratischer Formalitäten bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten führt, und nicht zu einer faktischen Umgehung nationaler Standards. Diesen Forderungen ist die Kommission weitgehend nicht gefolgt. Sie verstößt dabei gegen das Subsidiaritätsprinzip, da sie in einem Bereich tätig wird, der nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fällt und bei dem die Ziele des Binnenmarktes nachweislich besser durch nationale Maßnahmen erreicht werden können. Daher sehen wir das Dienstleistungspaket äußerst kritisch.“

Karl Holmeier erläutert: „Wir stehen mit unserer Ansicht nicht allein. Der Bundesrat will ebenso eine Subsidiaritätsrüge verabschieden wie die Assemblée Nationale in Frankreich. Dies ist ein wichtiges politisches Signal nach Brüssel. Die Regeln der europäischen Verträge müssen eingehalten werden – auch von der Kommission.“

Hintergrundinformation:

Im Rahmen ihrer Binnenmarktstrategie hat die Europäische Kommission am 10. Januar 2017 ihr sog. Dienstleistungspaket veröffentlicht. Inhalt des Pakets sind vier Einzelmaßnahmen. Drei von ihnen müssen als Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden: Die Elektronische Europäische Dienstleistungskarte, das Notifizierungsverfahren und die Verhältnismäßigkeitsprüfung von Berufsreglementierungen. Ein weiterer Verordnungsvorschlag zur Dienstleistungskarte soll direkt anwendbares Recht werden. Komplettiert wird das Paket durch eine Empfehlung zur Berufsreglementierung. Das vermeintliche Ziel der Europäischen Kommission ist die Förderung des Wettbewerbs innerhalb der Europäischen Union sowie der Abbau von Hemmnissen und Bürokratie bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen.

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