Redebeitrag zum Lkw-Abbiegeassistentengesetz

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist die Steigerung der Verkehrssicherheit und die Verringerung von schweren und tödlichen Unfällen durch abbiegende Lkw. Dieses Ziel, meine Damen und Herren, teilen wir sicherlich alle.

Der entscheidende Punkt ist die Art der Umsetzung dieses Ziels. Da geht der Entwurf der Grünen viel zu weit. Im Grunde wollen die Grünen Lkw ohne Abbiegeassistenten innerorts verbieten. Eine solche Regelung ist absolut unverhältnismäßig. Sie würde mit einem Schlag zahlreichen Verkehrsteilnehmern den Zugang zu den Städten, zu den Orten verwehren. Es ist überhaupt fraglich, ob eine solche Regelung vor Gericht bestehen könnte. Daher lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.

Die Bundesregierung, das Bundesverkehrsministerium und Herr Minister Scheuer haben hier einen anderen Weg eingeschlagen und bereits viele Maßnahmen umgesetzt. Und auch im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages haben wir einiges zur Vermeidung von Abbiegeunfällen auf den Weg gebracht. Sie kennen die Punkte, aber ich zähle sie gerne noch mal auf: Auf EU-Ebene ist es der Initiative Deutschlands zu verdanken, dass Abbiegeassistenten ab Juli 2022 für neue Fahrzeugtypen und ab Juli 2024 für neue Fahrzeuge verpflichtend sein werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich gebe Ihnen recht: Das reicht nicht, und das dauert noch einige Jahre. Auch wir als Union wollten auf europäischer Ebene mehr erreichen, vor allem unser Minister. Leider sind wir, was die Verpflichtung zur Ausrüstung mit Abbiegeassistenten betrifft, rechtlich auf eine europäische Regelung angewiesen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! – Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon widerlegt!)

Trotzdem war und ist klar, dass wir handeln müssen. Daher hat Minister Andreas Scheuer bereits im Juli 2018 die Aktion Abbiegeassistent ins Leben gerufen, die inzwischen eine umfassende Förderung von Abbiegeassistenzsystemen umfasst. Außerdem wurden mit der jüngsten Novelle zur Straßenverkehrs-Ordnung Regeln zur Verbesserung der Sicherheit von Radfahrern eingeführt. Teil der Aktion Abbiegeassistent sind Sicherheitspartnerschaften, bei denen sich Unternehmen, Kommunen und Organisationen dazu verpflichten, ihren Fuhrpark mit Abbiegeassistenten nachzurüsten und nur solche Neufahrzeuge anzuschaffen, die über das System verfügen. Zwischenzeitlich gibt es 224 Sicherheitspartnerschaften, Tendenz steigend. Zahlreiche Verbände unterstützen die Aktion und zeigen deutlich, dass die Transportbranche hinter dem Ziel „mehr Verkehrssicherheit“ steht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Darüber hinaus wird die Anschaffung von Abbiegeassistenten über das Verkehrsministerium gefördert. Dafür standen im Jahr 2020 Mittel aus zwei Programmen zur Verfügung, zum einen aus dem Förderprogramm Abbiegeassistenzsysteme und zum anderen für Unternehmen des mautpflichtigen Güterkraftverkehrs aus dem De-minimis-Programm. Die Mittel beider Programme wurden voll ausgeschöpft. Das heißt, die Nachfrage bei den Unternehmen ist groß.

Die Bereitschaft der Speditionen zur Nachrüstung ihrer Flotten ist enorm. Diesen Einsatz der Branche dürfen wir nicht durch unverhältnismäßige Einfahrverbote beschränken und bestrafen, sondern wir sollten wirksam daran arbeiten, dies weiter zu unterstützen. Deshalb wollen wir mit dem Bundeshaushalt 2021 die Mittel für beide Förderprogramme aufstocken. Der Etat für das Förderprogramm Abbiegeassistenzsysteme soll beispielsweise um 3 Millionen auf 12,25 Millionen Euro erhöht werden. Das entspricht etwa 30 Prozent; das wäre ein großer Erfolg. Mit den bisherigen Mitteln konnten 2020 rund 6 000 Systeme gefördert werden. Diese Zahl können und wollen wir in den kommenden Jahren sogar noch steigern.

Eine weitere Maßnahme zur Verbesserung der Verkehrssicherheit im Bereich der Abbiegeunfälle war die Anpassung der Straßenverkehrs-Ordnung. Nach dem seit dem 28. April 2020 gültigen Recht dürfen Lkw innerorts nur noch mit Schrittgeschwindigkeit nach rechts abbiegen.

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war vorher schon so!)

Damit wird der Verkehrsfluss an den kritischen Stellen verlangsamt, und die Gefahr schneller Abbiegemanöver wird entschärft.

Bei all diesen Maßnahmen können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht absehen oder sagen, ob sie ausreichen oder ob nachgebessert werden muss. Im vorliegenden Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen wird aber schon jetzt dafür plädiert, Städte und Orte für viele Lkw vorsorglich komplett zu sperren. Die Förderung gilt seit nicht einmal zwei Jahren; die Neuregelung beim Abbiegen in der Straßenverkehrs-Ordnung seit April dieses Jahres, also seit etwa einem halben Jahr; und bereits jetzt wird von den Grünen die sogenannte Verbotskeule rausgeholt.

Im Übrigen gibt es auch Alternativen zum Verbot. Gefährliche Kreuzungen können baulich angepasst werden, die Ampelschaltung kann optimiert werden, um Fußgängern und Radfahrern ein Überqueren der Kreuzung sicher zu ermöglichen. Bei gefährlichen Kreuzungen kann sogar notfalls das Rechtsabbiegen für Lkw verboten werden.

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wissen Sie, wie viele solcher Kreuzungen es in Deutschland gibt?)

Wir sollten erst all diese Möglichkeiten nutzen und nicht vorschnell Innenstädte für Lkw sperren. Unser Weg ist nicht das Verbot, sondern unser Weg ist die Unterstützung und die Förderung von Lkw. Der Lkw, die Fahrer und die Speditionen sind nicht Feinde, sondern Partner im Kampf gegen Abbiegeunfälle. Daher danke ich den Unternehmerinnen und Unternehmern, den Kommunen und Organisationen, die ihre Flotten mit Abbiegeassistenzsystemen umrüsten und ihren Beitrag für sichere Straßen in unserem Land leisten.

Vielen Dank auch an das Ministerium, an Herrn Minister Scheuer für seinen unermüdlichen Einsatz in dieser Sache.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit 2018 nichts! – Zurufe von der FDP: Oh!)

Wie schon gesagt, lehnen wir den Gesetzentwurf der Grünen ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und ich danke, dass täglich die Sonne scheint!)

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