Redebeitrag zum Sanierungs- und Insolvenzrecht

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Wochen und Monaten an dieser Stelle sehr häufig über das Insolvenzrecht diskutiert. Natürlich stand immer alles unter der Überschrift der Coronapandemie. Wir haben uns gerade im Insolvenzrecht immer intensiv Gedanken gemacht, wie wir Instrumente des Insolvenzrechts nutzen können, um Unternehmerinnen und Unternehmer vor den Auswirkungen der Pandemie zu schützen.

Ich will an der Stelle auch sagen: Herr Jacobi, wenn der Redner der AfD zur vereinbarten Debattenzeit nicht da ist, dann lässt das tief blicken hinsichtlich des Selbstverständnisses der AfD bei diesem wichtigen Thema.

(Stephan Brandner [AfD]: Petze!)

Wenn dann Sie, Frau Präsidentin, ein so großartiges Demokratieverständnis an den Tag legen – das, glaube ich, für dieses Haus mustergültig ist – und den Kollegen Jacobi doch noch reden lassen, dann ist das, glaube ich, an einem solchen Tag gut und ein Musterbeispiel für den Umgang von Demokratinnen und Demokraten. Am Ende bleibt eigentlich nur die Frage, ob die AfD das umgekehrt genauso machen würde.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Frage! Würden sie nicht!)

In den Debatten, die wir hier über das Insolvenzrecht geführt haben, sind immer wieder verschiedene Hinweise gekommen. Da waren natürlich die Hinweise, dass es verschiedene weitere Handlungsfelder im Insolvenzrecht gibt. Das haben auch wir von den Regierungsfraktionen an mancher Stelle so gesehen. Es ist natürlich auch immer der Hinweis gekommen, dass die Aussetzung der Insolvenzgründe nicht dazu führen darf, dass wir letztendlich einfach nur eine Pleitewelle vor uns herschieben und es irgendwann dann zum großen Aufprall kommt. Es ist sicher richtig, dass der Entwurf, den wir heute hier beraten, schon längere Zeit in der Pipeline ist. Aber gerade auf diese Problemstellungen liefert der Entwurf mustergültige Antworten.

Zum einen ist die Zielsetzung, dass das Gesetz am 1. Januar 2021 in Kraft treten soll. Das ist nicht unbestritten. Es gibt auch welche, die das kritisch sehen. Aber auch damit soll natürlich das Signal gegeben werden, dass wir Unternehmen, die von Covid-19 betroffen sind – die zwar nicht zahlungsunfähig, aber überschuldet sind –, die Möglichkeit geben wollen, in den Geltungsbereich dieses neuen Gesetzes zu fallen, um unter Umständen schon das neue Instrument, zu dem ich nachher noch etwas sage, nutzen zu können.

Unser Ziel ist: Wir wollen keine Pleitewelle. Die Idee ist, dass wir den Unternehmerinnen und Unternehmern im Land über die Monate hinweg zur Seite stehen. Ich glaube, das ist das, was uns hier fraktionsübergreifend motiviert.

(Beifall des Abg. Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU])

Kernstück dieses Entwurfs sind vor allem die Änderungen im StaRUG – Professor Hirte hat es vorhin skizziert –, im Unternehmensstabilisierungs- und ‑restrukturierungsgesetz. Dort kommen wir zu einem ganz wesentlichen Instrument, nämlich zu präventiven Restrukturierungsmaßnahmen.

Ich will die Gelegenheit nutzen, Ihnen zu erklären, warum das so wichtig und dieser Ansatz auch so richtig ist. Es gibt jetzt die Möglichkeit, im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens Sanierungsmaßnahmen auch gegen den Willen einzelner Beteiligter durchzuführen. Bisher ist es so, dass vor dem Insolvenzverfahren eigentlich nur die außergerichtliche Sanierung möglich ist, und die erfordert aber Einstimmigkeit. Im Insolvenzverfahren gibt es dann die Möglichkeit der Mehrheitsentscheidung; aber dann ist man eben schon im Insolvenzverfahren.

Deswegen setzen wir mit diesem neuen Instrument etwas auf die Schiene, was die Praxis sehnlichst erwartet hat und was natürlich auch Gegenstand der EU-Richtlinie ist, die wir an dieser Stelle umsetzen. Das Ganze eröffnet mehr Flexibilität, die eben so weit gehen soll, dass die Sanierungsmaßnahme in Einzelfällen eben auch vom Geschäftsführer vorgenommen werden kann und man eben nicht extra einen Insolvenzverwalter bestellen muss. Wir glauben, dass das ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Es wird so sein, dass uns jetzt im parlamentarischen Verfahren sicher noch Einzelfragen beschäftigen werden. Die Grünen haben in ihrem Antrag eine solche Fragestellung aufgeworfen, nämlich ob die Verfahrensvorschriften nicht so kompliziert sind, dass kleine Unternehmen und zum Beispiel auch Start-ups unter Umständen gar nicht in den Genuss dieser Neuerungen kommen. Das müssen wir uns angucken.

Wir aus dem Freistaat Bayern oder zumindest die Bayerische Staatsregierung hat noch etwas Bauchschmerzen, weil sie im Artikel 2 einen Eingriff in die Länderkompetenz sieht; darüber werden wir reden müssen. Darauf freue ich mich.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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