Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Paul Lehrieder in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag zum Thema Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 30.1.2024.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! 
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Wir beraten heute abschließend den Etat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für das Jahr 2024. Das sollte vor allem die grüne Ministerin und die wackelige Regierungskoalition als Anlass für eine etwas kritische Reflexion nehmen und zu etwas mehr Demut führen.

Als ich letztes Jahr am 5. September zur ersten Lesung des Haushalts reden durfte, da dachte man schon: Schlimmer kann es nicht werden. – Die Eckwerte haben Sie ganz vergessen – wegen unüberbrückbarer Differenzen. Dann wurde der Haushaltsentwurf völlig verspätet vorgelegt und der Einzelplan aufgrund einer völlig verfehlten Prioritätensetzung einer Kürzungsorgie unterzogen. Weiterhin nicht zu vergessen: das öffentlich ausgetragene Hickhack zwischen Finanzminister Lindner und Familienministerin Paus um die Kindergrundsicherung.

Ähnlich wie bei den Bauernprotesten vor ein paar Wochen fanden viele Demonstrationen zum Beispiel von Freiwilligendienstleistenden statt. Grund zur Klage gab es leider mannigfach. Für gewöhnlich rekurrieren Sie, wenn Sie die von Ihnen geschaffene Realität einholt, auf die von der Union geführte Bundesregierung. Ein solches Trauerspiel gab und wird es mit der CDU/CSU nie geben.

Das gilt im Besonderen auch in Bezug auf verantwortungsvolle Haushaltspolitik. Hier haben Sie erst unsere Klage und das Urteil des Verfassungsgerichts zur Räson gebracht. Taschenspielertricks in Bezug auf intransparente Sondervermögen und Notlagen, die keine sind, und obendrein eine bis an die Grenze ausgereizte Neuverschuldung, das hat nichts mit Verantwortung für unser Land und die kommenden Generationen, die diese Schulden abtragen müssen, zu tun.

Einen Tag nach dem Urteil aus Karlsruhe am 16. November sind Sie dann in die Bereinigungssitzung – Teil eins – geradezu hineingestolpert und haben die meisten Kürzungen im Einzelplan 17 wohl aufgrund des Drucks, den Sie auf der Straße bekommen haben, und wohl aus Angst, dass Sie bald niemand mehr wählt, zurückgenommen.

Souveränes Handeln nach einem klaren Kompass sieht ganz anders aus.

Die Folge: Ein Auf und Ab für den Kinder- und Jugendplan, die Freiwilligendienste, die Frühen Hilfen, die Mehrgenerationenhäuser und die Wohlfahrtsverbände und gänzlich unangemessen für die vielen sozialen Träger und Verbände, die unser Land besser machen. Die Ehrenamtlichen wurden völlig ohne Not verunsichert. Stapel von Postkarten gingen in den Büros ein, um die Freiwilligendienststellen zu erhalten. Dann die Kehrtwende, die Sie ja in vielen Bereichen immer wieder vollziehen, die aber mit großer Vorsicht zu genießen ist.

Ich rate Ihnen: Machen Sie sich endlich ehrlich, und schenken Sie den Menschen, die von Ihnen abhängig sind, reinen Wein ein! Denn der Einzelplan 17 läuft im nächsten Jahr auf ein haushälterisches Nadelöhr zu. Grüne Klientelpolitik, die Etablierung des kostenintensiven Großprojekts der Kindergrundsicherung, dessen Wirksamkeit sogar in der Koalition umstritten ist, wird bereits im nächsten Haushaltsjahr vielen etablierten Zuwendungsempfängern das Wasser bis zum Hals steigen lassen. Hier fließen 400 Millionen Euro nur in die Verwaltung.

Die Haushaltslage der Ampelkoalition war bereits vor dem Urteil aus Karlsruhe aufgrund ihres schlechten Wirtschaftens mies und hat sich jetzt noch mal deutlich verschärft. Ein erstes Anzeichen konnten Sie letzte Woche in der Zeitung lesen: Für nächstes Jahr fehlt dem Bundeshaushalt bereits jetzt eine Summe zwischen 10 und 20 Milliarden Euro. Das wird erneut ein Hauen und Stechen um Ihre mittlerweile knappste Ressource geben: das Geld.

Vorhin habe ich gesagt: Die meisten Kürzungen wurden zurückgenommen. – Dabei muss man allerdings zwei Fakten beachten:

Erstens. Die Rücknahme der Kürzungen geschah nicht etwa infolge einer Prioritätensetzung und einer Konsolidierung der Ausgaben insgesamt – das würde eine verantwortungsvolle Bundesregierung tun –, sondern durch Mehrausgaben von über einer halben Milliarde Euro.

Zweitens. Ich sagte vorhin, dass Sie fast sämtliche Kürzungen zurückgenommen haben. Das Elterngeld bringt in diesem Haushaltsentwurf ein Sonderopfer für Ihre verkorkste Haushaltspolitik. Hier sinkt der Ansatz im Vergleich zum Vorjahr um eine Viertelmilliarde Euro. Damit schwächen Sie die gemeinsame Fürsorgezeit der Eltern. Damit behindern Sie die Gleichstellung und stellen Frauen erneut vor die Wahl: Kind oder Karriere? Das ist mit der Union nicht zu machen!

Zusammengefasst: Kehren Sie für den nächsten Haushalt wieder zu einem geordneten Verfahren zurück. Setzen Sie Prioritäten beim Elterngeld, im Kinder- und Jugendplan, bei den Frühen Hilfen, den Mehrgenerationenhäusern und den Wohlfahrtsverbänden. Und konsolidieren Sie Ihre Ausgaben; sonst fahren Sie dieses wichtige Ministerium 2025 vor die Wand.

Die vielen Ehrenamtlichen in den Verbänden haben verdient, dass man mit ihnen fairer, besser und aufrichtiger umgeht.

Herzlichen Dank.

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