Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stephan Pilsinger in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag / Bundesministerium für Gesundheit, 1.2.2024:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Minister Lauterbach, bei Ihrer Rede habe ich mir schon gedacht: Wie viele Neuankündigungen haben Sie eigentlich rausgehauen, ohne hier jemals eine Ankündigung auch wirklich durchzuziehen?

Wenn man mit Menschen redet, hört man, man fühle sich förmlich von Karl Lauterbach in den Medien verfolgt.

Jeden Tag haut er eine neue Ankündigung raus, wie er das Gesundheitswesen besser machen kann, immer mit der Phrase: Ich habe es auf den Weg gebracht. – Was ist für Sie „auf den Weg gebracht“? Eine Ankündigung in den Medien rauszuhauen? Das ist doch völlig substanzlos. Da denkt man sich doch: Das ist doch nicht mehr normal, was Sie da machen.

Meine Damen und Herren, wenn man 17 Gesetzesvorhaben offen hat, dann hätte ich schon erwartet, Herr Minister Lauterbach, dass Sie heute mal Antwort geben, wann Sie diese Gesetze in den Bundestag einbringen wollen.

Wir sind hier doch kein Debattierkreis bzw. keine Selbsthilferunde, wo wir darüber reden, was wir als Nächstes machen wollen, sondern wir wollen über die Gesetzgebung beraten, über konkrete Maßnahmen, um die Probleme, die Sie immer wieder skizzieren, endlich mal zu lösen. Deswegen, Herr Minister Lauterbach: Setzen Sie mal was um, und reden Sie nicht nur darüber, was Sie besser machen wollen!

Herr Minister Lauterbach, bei Ihren vielen Ankündigungen kann man wirklich den Begriff „Ankündigungshyperinflation“ verwenden. Mit jeder neuen Ankündigung werden Ihre alten Ankündigungen weniger wert, weil die Leute Ihnen nicht mehr abnehmen, dass Sie die Probleme wirklich lösen wollen. Ich muss sagen: Ihr Verhalten schadet der Demokratie. Denn die Menschen verlieren den Glauben an die Politik, sie verlieren den Glauben daran, dass sich Deutschland verbessern kann, und Sie sind mit Ihrem Verhalten ein Brandbeschleuniger für die Radikalen in Deutschland.

Meine Damen und Herren, wir erleben momentan viele Proteste. Das sind ja nicht nur die Bauernproteste oder die Proteste gegen Rechtsradikalismus, sondern das sind auch Proteste der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und auch der MFAs. Wenn man zu diesen Protestaktionen geht und mit den entsprechenden Akteuren redet, dann sagen sie: Wir haben immer mehr Kosten für das Personal, für die Energie und andere Kosten, und wir können diese Kosten als Freiberufliche nicht mehr refinanzieren, weil die Krankenkassen uns diesen höheren Betrag, der durch die Inflation entsteht, nur mangelhaft ausgleichen. – Herr Minister Lauterbach, diese Freiberufler würden sich wünschen, dass, wenn sie schon die Versorgung in Deutschland sicherstellen, ihre Probleme gelöst werden. Stattdessen tun Sie immer nur das Gegenteil.

Sie haben ja gesagt, Kosteneinsparungen sind notwendig. Aber so sinnlose Kosteneinsparungen, wie Sie sie durchgesetzt haben, sind wirklich schlecht für die Versorgung. Ich sage nur: Parodontitisbehandlung, die Neupatientenpauschale oder das Nichtausgleichen des Fixums für die Apotheker. Das ist schlecht für die Versorgung, und das hätten Sie lieber nicht machen sollen. Die Freiberufler sagen nämlich irgendwann: Ich habe die Nase voll, hier zu arbeiten, wenn meine Leistung hier so wenig wertgeschätzt wird.

Eigentlich muss man schon sagen: Die Freiberuflichkeit wird immer weiter eingeschränkt.

Und jetzt sagen viele von der Ampel – die Zwischenrufe belegen das ja –: Wir bringen jetzt das Versorgungsgesetz auf den Weg, und das wird viele Probleme lösen. – Ich sage Ihnen: Wenn man sich mal anschaut, was in diesen Eckpunkten drinsteht, dann ist es das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben ist. Ihre Vorschläge lösen die Probleme nämlich nicht. Wenn das so bleibt und nicht mehr Substanz in Ihre Vorschläge für das Versorgungsgesetz kommt, dann ist Ihr Versorgungsgesetz ein Entsorgungsgesetz für die Freiberuflichkeit im Medizinbereich in Deutschland.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, oft wird ja gesagt: Es ist kein Geld mehr in den Kassen. Wir müssen alle sparen, auch die Ärzte, Zahnärzte und Apotheker. – Wenn man aber mit den Freiberuflern spricht, dann sagen sie: Ja, bei uns wird gespart, aber Geld für mehr staatliche Strukturen, wie die Gesundheitskioske, die niemand braucht, ist vorhanden. – Da sollten Sie ihnen doch mal reinen Wein einschenken. In Wirklichkeit haben Sie von der Freiberuflichkeit schon immer wenig gehalten. Sie wollen ein staatliches Gesundheitssystem mit staatlichen Angestellten in sogenannten Polikliniken; Sie nennen sie halt „Gesundheitskioske“.

Sie sollten stattdessen sagen: Wir brauchen mehr Freiberuflichkeit und nicht immer mehr staatliche Strukturen, immer mehr Doppelfunktionen.

Deswegen: Schenken Sie mal reinen Wein ein, und steuern Sie jetzt ganz klar gegen die Entwicklung, dass immer weniger Ärzte weiterarbeiten und immer mehr aufgeben. Das ist nämlich das große Problem.

Herr Minister Lauterbach, Sie haben nicht mehr lange Zeit, um Ihre Gesetzesvorhaben umzusetzen. Wir haben die Halbzeit dieser Legislaturperiode schon überschritten. Wenn wir ehrlich sind, dann müssten Sie zumindest bis Ende Mai Ihre Gesetzesvorhaben ins Kabinett einbringen, damit wir sie hier noch fristgerecht beraten und sie vom Deutschen Bundestag auch noch beschlossen werden können.

Deswegen: Herr Minister, Sie sollten das Motto „Mehr Sein als Schein“ – und nicht andersrum – gelten lassen. Das sollte Ihre Aufgabe sein.

Vielen Dank.

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