Interview des „Straubinger Tagblatt“ mit Peter Ramsauer

Interview des Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag und CSU-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Dr. Peter Ramsauer, mit dem „Straubinger Tagblatt“. Das Interview führte Fridolin M. Rüb. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verlages.

Frage:
Herr Ramsauer, Meldungen, wonach die neue Führungsriege bei General Motors Opel nun doch nicht an das Magna-Konsortium verkaufen will, haben die Opel-Mitarbeiter in Alarmstimmung versetzt. Ist was dran an den Gerüchten? Wie geht es mit Opel weiter?

Peter Ramsauer:
Über die wahren Absichten von General Motors kann momentan nicht definitiv geurteilt werden. Was wir wissen ist, dass auf der Führungsebene von GM etwas ungeordnete Machtverhältnisse herrschen. Die Bundesregierung steht ¬ die Beachtung strenger Voraussetzungen vorausgesetzt ¬ selbstverständlich weiter zu ihrer Verantwortung für ein Fortbestehen von Opel. Ich bleibe aber dabei, dass bei jedweder Zukunftslösung weitere Finanzhilfen für Opel tunlichst unterbleiben sollten. Im Augenblick ist der bereits vor Monaten gewährte Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden ausreichend. Was den Verkauf von Opel anbetrifft: Hier liegen unterschriftsreife Verträge sowohl mit dem Magna-Konsortium als auch mit dem belgischen Investor RHJ vor. Neu ist die Variante, dass GM Eigentümer von Opel bleibt. Die Sicherung von Arbeitsplätzen ist für uns ebenso ein Kriterium wie die Minimierung des Risikos für den deutschen Steuerzahler. Sonderregeln für Opel darf es aber nicht geben. Die eigentliche Verantwortung liegt ¬ und das sei hier betont ¬ beim Eigentümer GM und nicht bei der Regierung der Bundesrepublik Deutschland

Frage:
Am Magna-Konsortium ist bekanntlich auch die russische Sberbank beteiligt. Haben die Amerikaner Angst, dass der mit dem Konsortium verbandelte russische Autohersteller GAZ mit modernstem Opel-Know-How aufgerüstet und so der russische Markt für GM verloren gehen könnte?

Peter Ramsauer:
An dieser Sichtweise ist sicherlich etwas dran. Denn bei derartig wichtigen Unternehmens-Umstrukturierungen spielen auch immer ganz harte nationale industriepolitische Interessen eine Rolle. Solche Aspekte zum Gegenstand von Entscheidungen zu machen gehört zur Wahrnehmung nationaler Interessen, ist also nichts Unanständiges. Auch die Bundesregierung vertritt ihre Interessen, sprich Sicherung der Opel-Arbeitsplätze. Daher auch unsere Präferenz für die Magna-Lösung.

Frage:
Wäre die Kombination Magna, Sberbank und GAZ letztlich nicht auch für Opel eine Gefahr?

Peter Ramsauer:
Wie eingangs schon gesagt: Die wahren Zielsetzungen von Investoren kann niemand vorhersagen. Man kann nur versuchen, sich mit wasserdichten Verträgen abzusichern.

Frage:
Wenn man die Berichte in den Medien verfolgt, könnte man den Eindruck gewinnen, als gelte die Fürsorge der Politiker ausschließlich den Großen wie Opel, Arcandor-Quelle oder Schäeffler-Continental. Wenig hört man dagegen von Hilfsaktionen für mittelständische Unternehmen oder für in Not geratene Handwerksbetriebe. Gibt das in Wahlkampfzeiten medial nicht so viel her wie dramatische Groß-Rettungsaktionen?

Peter Ramsauer:
Wir haben sowohl beim Rettungsschirm für die Banken, als auch für die gewerbliche Wirtschaft klargemacht, dass Unternehmensgröße allein kein entscheidendes Kriterium ist. Entscheidend ist, ob ein Unternehmen unschuldig in eine Krise geraten ist und ob es ein tragfähiges Zukunftskonzept hat. Kein Unternehmen darf glauben, man müsse nur hinreichend groß sein, und schon würde man automatisch staatliche Hilfe erhalten. Zum Beleg einige Zahlen: 55 Prozent aller Darlehen, die beim gewerblichen Rettungsschirm ausgereicht worden sind, sind Kredite bis 250.000 Euro. Das sind Summen, die von kleineren Unternehmen beantragt werden. Es kann also keine Rede davon sein, dass nur den Großen geholfen werde. Für die CSU gilt: Kein ungerechtfertigter Respekt vor den Großen, sondern Respekt vor den Kleinen.

Frage:
Im Gegensatz zu 2005, gibt es heuer keine klare Schlachtordnung im Wahlkampf. Damals boten Union und FDP mit einer ehrgeizigen Reform-Agenda eine klare Alternative zu rot-grün. Von einem schwarz-gelben Projekt kann jedoch diesmal keine Rede sein. Schlimmer noch, die angeblichen Wunschpartner Union und FDP scheinen einander nicht über den Weg zu trauen. Hält sich jeder die denkbaren Optionen offen ¬ Neuauflage der Großen Koalition oder gar Rot-Grün-Gelb?

Peter Ramsauer:
Wir haben sowohl von Seiten der Union, als auch von der FDP klare Aussagen, was Koalitionswünsche anbelangt ¬ das heißt schwarz-gelb. Ich unterstelle der FDP keineswegs, dass sie andere Koalitions-Gelüste hat. Diese schwarz-gelbe Wunschkoalition können wir aber nur verwirklichen, wenn alle drei Parteien ¬ CDU, CSU und FDP ¬ ihre Wähler vollständig mobilisieren. Das aber lässt sich mit einem Lager-Wahlkampf, beziehungsweise einer Koalition im Wahlkampf nicht erreichen. Im Übrigen müssen auch die jeweiligen programmatischen Unterschiede klar herausgearbeitet und dargestellt werden. Das ist vor allem mit Blick auf mögliche Wechselwähler wichtig, die versuchsweise auch der FDP mal eine Stimme geben würden. Ihnen muss zweierlei klar sein.

Erstens: Wo FDP drauf steht, braucht noch lange nicht bürgerliche Politik drin zu sein. Nur zwei Beispiele: Wer FDP wählt, votiert damit auch für einen EU-Beitritt der Türkei und er stimmt zudem für eine schrankenlose Forschung und Anwendung der grünen Gen-Technik.

Zweitens: Sollte es für schwarz-gelb nicht reichen, könnte am Ende eine Stimme für die FDP eine Stimme für eine rot-grün-gelbe Ampelkoalition werden. Und das kann ein bürgerlicher Wechselwähler nie wollen. Das heißt, wir wollten mit der natürlichen Abgrenzung zur FDP nur eines klarmachen: Schwarz-gelb im Bund kann nur gesichert werden mit beiden Stimmen für die CSU.

Frage:
Bei den Landtagswahlen am Sonntag, drohen der CDU empfindliche Stimmenverluste. Wie groß schätzen Sie die Gefahr ein, dass Ihre Schwesterpartei dadurch im Vorfeld der Bundestagswahl ein Verlierer-Image bekommt?

Peter Ramsauer:
Ich glaube, das Verlierer-Image wird am Sonntag vor allem die SPD bekommen. Wir haben in Sachsen gute Aussichten, dass es eine Mehrheit für schwarz-gelb gibt. Was Thüringen und das Saarland anbelangt, muss man abwarten, wie sich die SPD gegebenenfalls gegenüber der Linkspartei verhält. Sollte es in Thüringen oder im Saarland zu einer rot-dunkelrot-grünen Koalition kommen, wäre dies der schlagende Beweis dafür, dass die SPD auch auf Bundesebene nicht mehr davor zurückschreckt.

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