Rede zur Entbürokratisierung des Wohnungsbaus

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal herzlichen Dank an die FDP-Fraktion für den Antrag zum Thema Wohnungsbau. Ich freue mich, dass wir hier und heute im Plenum über dieses wichtige Thema beraten können.

Aber, Herr Föst, wenn ich mir Ihren Antrag durchlese, stelle ich fest, dass Sie den Koalitionsvertrag ein Stück weit genauer lesen müssen;

(Andrea Nahles [SPD]: Ganz genau!)

denn vieles, was Sie hier fordern, haben wir in der letzten Koalition längst auf den Weg gebracht, bzw. vieles, was Sie neu fordern, finden wir im neuen Koalitionsvertrag wieder. Wir freuen uns, dass Sie den Vertrag offenkundig anerkennen und ihn wertschätzen und wir uns in der Beratung in vielen Punkten einig sein werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wir werden in dieser Legislaturperiode häufiger über das Thema Wohnen sprechen, weil dieses Thema wie kaum ein anderes die Menschen bewegt. Am vergangenen Wochenende sind zum Beispiel allein in Berlin 13 000 Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen steigende Mieten und gegen Verdrängung zu demonstrieren.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Waren Sie auch dabei, Herr Wegner?)

Diese Demonstration macht einmal mehr deutlich, wie stark der Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum ausgeprägt ist. Sie zeigt aber auch, dass dieses Thema mittlerweile in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen ist.

(Beifall des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es treibt die Menschen um; deshalb müssen wir uns darum kümmern. Ich würde so weit gehen, zu sagen, dass das Thema Wohnen eine der zentralen sozialen Fragestellungen dieser Legislaturperiode sein wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Timon Gremmels [SPD]: Erkenntnisgewinn bei der Union!)

Wir als Koalition wollen sicherstellen, dass sich alle Menschen in Deutschland eine angemessene Wohnung leisten können, ohne Angst vor Verdrängung und ohne Angst vor einer Mietentwicklung, die in keinem vertretbaren Verhältnis zur Einkommensentwicklung steht. Wie können wir das bewerkstelligen?

So manche, auch hier im Haus und auf der Demonstration in Berlin, fordern dann immer ganz einfach: Wir brauchen eine schärfere Mietpreisbremse.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber wenn das so einfach wäre, dann wäre es ja wahrscheinlich gar kein Problem. Ich sage Ihnen: Wenn wir uns nur darauf konzentrieren würden, wäre das ausschließlich ein Herumdoktern an den Symptomen. Es wäre ausschließlich die Verwaltung des Mangels. Das wollen wir nicht. Wenn sich nämlich auf eine preisgünstige Wohnung 500 Interessenten bewerben, nützt eine Mietpreisbremse nur einer Person, nämlich der Person, die den Zuschlag für die Wohnung bekommt. 499 Personen haben gar nichts davon. Deshalb ist für uns klar: Wenn wir eine gestiegene Wohnraumnachfrage haben, dann brauchen wir auch ein steigendes Angebot an Wohnraum. Das ist die richtige Antwort, die wir dem entgegensetzen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für uns ist deswegen auch klar: Das wirksamste Mittel gegen steigende Mieten, das wirksamste Mittel gegen Verdrängung lautet: Wir müssen bauen, bauen, bauen. – Das ist die entscheidende Maßnahme. Und wie schaffen wir das? Wir starten eine Wohnraumoffensive. Wir wollen in dieser Legislaturperiode 1,5 Millionen neue Wohnungen und Eigenheime in Stadt und Land bauen.

Ich nenne Ihnen fünf für mich zentrale Punkte des Koalitionsvertrages, die wir umsetzen müssen: Wir müssen den sozialen Wohnungsbau für die Zukunft sichern. Wir müssen den Mietwohnungsbau endlich steuerlich fördern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir müssen durch das Baukindergeld und höhere Wohnungsbauprämien für mehr Wohneigentum sorgen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das treibt nur die Baukosten in die Höhe! Der Mitnahmeeffekt!)

Wir müssen deutlich mehr Bauland mobilisieren. Und: Ja, wir brauchen schnellstmöglich ein Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Daher werden wir schon bald mit allen wichtigen Akteuren zu einem Wohngipfel zusammenkommen; denn eines ist klar – ich glaube, darin sind wir uns einig –: Der Bund kann diese Herausforderung, vor der wir stehen, nicht alleine stemmen. Hier sind alle Akteure gefragt, und insbesondere die Länder tragen hier eine maßgebliche Verantwortung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Teil unserer Verantwortung ist es sicherlich, auch dafür zu sorgen, die Baukosten zu begrenzen. Es ist vollkommen klar, dass wir überflüssige Regelungen, die das Bauen verzögern und verteuern, abbauen müssen. Hier beinhaltet der Koalitionsvertrag einen sehr guten Arbeitsauftrag an die Regierung. Ich verweise gern darauf – Herr Föst hat es schon gesagt –, dass die letzte Koalition bereits eine Baukostensenkungskommission eingesetzt hat, in der viel geredet und viel beraten wurde, in der auch gute Beschlüsse gefasst wurden; das haben Sie gesagt.

(Daniel Föst [FDP]: Vor zweieinhalb Jahren!)

Von daher kann auch ich sagen: Wir haben gar kein Erkenntnisproblem; wir haben ein Umsetzungsproblem.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Deswegen: Ich freue mich, dass die Baukostensenkungskommission auch in dieser Legislaturperiode ihre Arbeit fortsetzen wird. Aber noch wichtiger, als neue Herausforderungen zu identifizieren, ist, glaube ich, dass wir die Ergebnisse der Baukostensenkungskommission endlich umsetzen. Hier werden der neue Bundesminister und die neue Koalition handeln. Da bin ich mir ganz sicher, und das kann ich Ihnen von der FDP auch versprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich freue mich im Übrigen sehr – lassen Sie mich das sagen –, dass wir einen eigenen Ausschuss, einen Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen, bekommen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Das zeigt einmal mehr, wie groß die Herausforderung ist und dass wir uns hier im Deutschen Bundestag dieser Herausforderung auch bewusst sind.

Wenn wir die Themen des Baubereichs mit den Fragestellungen der Kommunen, mit den Fragestellungen der ländlichen Räume verbinden, dann ist das, glaube ich, ein gutes Signal dafür, dass wir verstanden haben. Denn was wir nicht einfach hinnehmen dürfen, nicht einfach hinnehmen können, ist, dass auf der einen Seite in manchen ländlichen Regionen Kommunen und Dörfer ausbluten und auf der anderen Seite Ballungszentren, Städte völlig überlaufen werden. Hier müssen wir für mehr Gleichgewicht sorgen, hier müssen wir für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen, und hier müssen wir auch dafür sorgen, dass die Regionen in unserem Land gestärkt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was mir aufgefallen ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Ich finde in Ihrem Antrag leider kein Wort zum ländlichen Raum. Sie haben die ländlichen Räume ausgeblendet.

(Zuruf des Abg. Daniel Föst [FDP])

Ich sage Ihnen: Wir werden das nicht tun.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Wir werden die Herausforderungen der ländlichen Räume angehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir beim bezahlbaren Wohnen und Bauen besonders brauchen, lässt sich in wenigen Worten auf den Punkt bringen: Wir brauchen mehr und vor allen Dingen bezahlbare Baugrundstücke, weniger Normen und Regulierungen, schnellere Verfahren, eine steuerliche Förderung des Mietwohnungsbaus, Förderung von Wohneigentum und die Sicherung des sozialen Wohnungsbaus. Ich freue mich auf die Diskussionen in den nächsten Wochen, Monaten, ja, Jahren zu diesem Thema. Ich freue mich auf tolle Ergebnisse für die Menschen; denn wir wollen erreichen, dass die Menschen dort, wo sie zurzeit wohnen, wo ihre Heimat ist, auch morgen noch ihre Zukunft sehen und leben können. Deswegen freue ich mich auf die weiteren Diskussionen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

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