Interview der "Schwäbischen Zeitung" mit Peter Ramsauer

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Frage: Für die CSU hat sich die Welt verändert. Sichere Mehrheiten wanken durch Linkspartei und Freie Wähler. Haben Sie Angst vor dem Unmut der Bürger?

Ramsauer: Mit Eintritt in die Große Koalition war uns allen klar, dass das gerade für die CSU erhebliche Probleme bedeuten würde. So mancher Kompromiss ist in Bayern schwer vermittelbar.

Frage: Was ist besonders schmerzhaft?

Ramsauer: Das sind Themen, bei denen sich die SPD in einer anderen politischen Galaxie befindet, wie bei der Erbschaftsteuer. Wir haben vereinbart, dass wir zu einer Lösung kommen wollen.

Dazu liegt einen klarer Fahrplan für den Herbst vor, aber es gibt 16 nicht ausgeräumte Problempunkte, acht von höchster Brisanz. Ich bin zu keinen Konzessionen bereit. Das Beste wäre, ein Feld für Länderregelungen zu öffnen, zum Beispiel für die Bewertungsfragen oder bei den Freibeträgen.

Der föderale Steuerwettbewerb täte auch der Erbschaftsteuer gut. Die Föderalismusreform böte dazu Gelegenheit.

Frage: Mit der Forderung nach der alten Pendlerpauschale stoßen Sie auf immer mehr Zustimmung. Doch von der Kanzlerin haben Sie nur eine charmant verpackte Abfuhr bekommen. Rechnen Sie noch mit mehr?

Ramsauer: Ich habe damals schon bei der Kürzung der Pendlerpauschale nur zugestimmt, weil sie in einem Sparpaket war, bei dem es darum ging, auf der anderen Seite mehr Investitionen zu ermöglichen. Durch die Spritpreise hat die Pauschale aktuelle Brisanz bekommen, aber die verfassungsmäßige Problematik ergibt sich ja nicht wegen der hohen Spritpreise. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann es zu einer neuen Regelung kommt.

Frage: In der Union gibt es wachsende Stimmen, die eine Aufstockung des Grundfreibetrags fordern. Ist das ein Ausweg?

Ramsauer: Das ist ein Element des CSU-Steuerkonzepts für 2010. Wenn das vorgezogen wir, haben wir nichts dagegen.

Frage: Neue Belastungen drohen durch den Gesundheitsfonds. Bis zu 250 Euro pro Jahr mehr kann der Fonds zum Beispiel den Facharbeiter kosten, der jetzt in einer Betriebskrankenkasse günstig versichert ist. Haben Sie keine Angst vor einem Proteststurm im Wahljahr?

Ramsauer: Die Betriebskrankenkassen sollen die Möglichkeit erhalten, über Bonuszahlungen die höheren Beiträge gleich ab 1. Januar 2009 wieder auszugleichen. Die gesamte Gesundheitspolitik gleicht aber einer Quadratur des Kreises.

Frage: Bekommen Sie nicht langsam kalte Füße?

Ramsauer: Wir haben noch eine Reihe von Punkten zu lösen. Doch bis zum Jahresende werden wir die Dinge im Griff haben, auch die Finanzflüsse zwischen den Ländern. Es wird am Ende nicht der Fall sein, dass Bayern oder Baden-Württemberg draufzahlen.

Frage: Warum nicht den Fonds einem einjährigen Testlauf unterziehen, bevor auf scharf gestellt wird?

Ramsauer. Der Vorschlag kommt von vielen. Ich habe dafür gewisse Sympathien. Ein Probelauf hat aber ganz andere Risiken und ist deshalb kaum realistisch. Die privaten Kassen haben klar gemacht, dass sie in diesem Fall vom vorgesehenen Basistarif befreit werden müssten. Sie haben Recht damit.

Frage: Barack Obama redet in Berlin. Welches Signal erwarten Sie von seinem Auftritt?

Ramsauer: Ein Beitrag zur Vertiefung der deutsch-amerikanischen Freundschaft ist das nicht. Bei der Art und Weise des Auftritts fühlt sich die Mehrheit der Deutschen eher zu einer Art amerikanische Kolonie herabgestuft. Wenn ein noch nicht einmal nominierter Präsidentschaftskandidat auftritt wie ein gewählter Präsident, dann stellt sich doch die Frage, was passiert, wenn ein wirklich gewählter Präsident wie Erdogan das Gleiche will. Und wie gehen wir mit McCain um? Lassen wir große deutsche Plätze zu amerikanischen Wahlkampfbühnen verkommen?

Frage: Freuen Sie sich denn gar nicht über eine emotionale Wiederbelebung der deutsch-amerikanischen Freundschaft?

Ramsauer: Die Frage ist doch, wie weit man eine amerikanische Wahlkampfschlacht bei uns ausficht. Das haben viele Deutsche nicht so gern. Ich hätte mir insgesamt etwas mehr Instinkt gewünscht von Obamas Kampagnenführung.

Frage: Auch vom Berliner Senat?

Ramsauer: Von dem kann man gar nichts erwarten. Wenn ein Gartenamt das Gelöbnis vor dem Reichstag zunächst untersagen wollte, während gleichzeitig die halbe Stadt gesperrt wird für amerikanisches Wahlkampftheater, dann kann man doch nur den Kopf schütteln.

Frage: Obama wird nicht nur Freundlichkeiten im Gepäck haben. Erwarten Sie, dass er mehr Soldaten für Afghanistan fordert?

Ramsauer: Ich glaube, dass er nicht so ins Detail gehen wird. Wir haben klare Verabredungen. Wir verlängern im Oktober die Mandate, wir stocken ISAF um 1000 Soldaten auf und verringern bei OEF um die gleiche Zahl.
Insgesamt bleibt es bei 5300 Soldaten. Wichtig ist, dass die nichtmilitärischen Komponenten gestärkt werden, ohne die man die Probleme in Afghanistan nicht lösen kann.

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