Dr. Peter Ramsauer im Iran

Dr. Peter Ramsauer im AZ-Interview zu Scharia, atomarer Aufrüstung, Außenpolitik à la Franz Josef Strauß und die Kopftuch-Mode. Das Interview führte Angela Böhm, Abendzeitung München.

AZ:
Herr Ramsauer, die ganze Welt feiert gerade den 60 Geburtstag Israels - und ausgerechnet Sie fahren zu dem Unruhestifter Iran.

Dr. Peter Ramsauer:
Man könnte es auch als Begleitprogramm interpretieren. Ich weise bei allen meinen Gesprächen darauf hin, dass die aggressive Rhetorik gegenüber Israel aufhören muss. Und dass der Iran alle Maßnahmen unterlässt, die zu einer zusätzlichen gesteigerten Bedrohung Israels führen. Die Aufrüstung der Hisbollah ist nicht hinnehmbar.

AZ:
Oskar Lafontaine wollte auch in den Iran. Die Linke hat ihn mühsam davon abgehalten. Hat in der CSU niemand gesagt: "Peter, tu’s nicht"?

Dr. Peter Ramsauer:
Nein. Denn ich bin außenpolitisch gut beraten und auch selbst außenpolitisch sehr erfahren. Meine außenpolitischen Aktivitäten beziehen sich ja nicht nur auf den Iran. Jemand wie ich kann ein politischer Kanal sein, um wichtige Botschaften auch an die iranische Führung zu richten - gerade was Israel anbelangt und die richtige Entwicklung der Golfregion mit dem Irak.

AZ:
Haben Sie die Reise mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier abgesprochen?

Dr. Peter Ramsauer:
Nein. Aber das Auswärtige Amt pflegt auch die Beziehungen zur iranischen Führung. Als Vorsitzender der CSU-Landesgruppe vertrete ich einen der drei Koalitionspartner in Berlin. Und für einen Koalitionspartner ist es unverzichtbar, sich selbst ein Bild vor Ort zu verschaffen.

AZ:
Also ein Alleingang des CSU-Landesgruppen-Chefs?

Dr. Peter Ramsauer:
Das ist überhaupt kein Alleingang. Außenpolitik hat schon immer zu den Wesensmerkmalen der CSU gehört. Franz Josef Strauß war gerade wegen seiner Außenpolitik bekannt.

AZ:
Ministerpräsident Günther Beckstein war gerade bei den Arabern, Sie sind bei den Persern - ist das eine Außenpolitische Offensive der CSU?

Dr. Peter Ramsauer:
Meine Aktivitäten liegen in einer langen außenpolitischen Kontinuität. Ich war z.B. mit Edmund Stoiber im Kreml bei Putin. Danach bei Sarkozy im Elysée-Palast. Ich habe heuer den Balkan bereist, ich kenne den Nahen Osten, war im Libanon.

AZ:
Sie haben sich mit dem iranischen Außenminister getroffen. Haben Sie mit ihm auch über das umstrittene Nuklearprogramm geredet?

Dr. Peter Ramsauer:
Selbstverständlich. Das ist einer der Kernpunkte meiner Reise. Ich habe ihn nachhaltig gebeten, dass Gesprächsangebot von Solana anzunehmen, vom Außenministertreffen am 2. Mai in London zu berichten. Ich habe ihm auch klipp und klar gesagt, dass der Iran jederzeit internationalen Kontrollen ungehinderten Zugang gewähren muss. Und wenn der iranische Präsident Ahmadineschad den Bau von tausenden zusätzlichen Zentrifugen zur Atomanreicherung ankündigt, wird das als außenpolitische Provokation empfunden.

AZ:
Sie hatten Kontakt zur Opposition. Was hat die gesagt?

Dr. Peter Ramsauer:
Es herrsche zwar eine gewissen Offenheit, aber die Vorgaben des Islams würden oft bis zum Exzess durchgeführt werden. In aller Härte werden die massenhaften Hinrichtungen von der Opposition verurteilt. Im Iranischen Parlament gibt es gerade eine Vorlage, dass Teile der Scharia auch staatliches Recht werden. Wenn jemand vom Islam in eine andere Religion übertritt darf er auf der ganzen Welt hingerichtet werden. Das soll dann nach iranischem Recht rechtens sein. Das ist nach den Menschenrechten nicht hinnehmbar.

AZ:
Wie empfinden Sie das Leben und die Menschen im Iran?

Dr. Peter Ramsauer:
Als Ausländer trifft man hier auf ein ausgesprochen gastfreundliches Land. Die Menschen sind sehr freundlich. Wenn ich es mit anderen islamischen Ländern vergleicht, hat man im Straßenbild und auch im tatsächlichen Leben den Eindruck einer etwas freiheitlicheren Gesellschaft, als man sich es vorstellt. Hinter dem Bild, das man vom Iran hat - das Gefährliche, die "Achse des Bösen", die nuklear Aufrüstung - dahinter gibt es auch noch einen anderen Iran mit einer Bevölkerung, die ein hohes Maß an Aufgeschlossenheit hat.

AZ:
Wird das Straßenbild geprägt durch verschleierte Frauen?

Dr. Peter Ramsauer:
In anderen islamischen Ländern und sogar auch in einzelnen Stadtteilen in Deutschland ist das wesentlich stärker. Hier ist es sehr durchwachsen. Viele Frauen tragen nur Kopftuch. Statt Schwarz herrscht eher Buntes vor. Und die Frauen sind ganz schön modisch.

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