Namensbeitrag in der Braunschweiger Zeitung

Um politische Steuerungsinstrumente richtig einzuschätzen, sind exakte Einwohnerzahlen aber noch nicht ausreichend: Ein Sozialstaat muss auch den sozialen Status der Menschen einigermaßen kennen, also Haushaltsgrößen, Wohnverhältnisse, Versor­gungssysteme, Altersstruktur usw.. Deswegen brauchen wir eine gründliche Zählung, meint Hans-Peter Uhl in der Braunschweiger Zeitung

Kennt der Staat im Computerzeitalter nicht die genaue Zahl seiner Bürger? Nein!

Seit der Volkszählung im Jahr 1987 (bzw. im Jahr 1981 in der damaligen DDR) behilft sich die Statistik mit Hochrechnungen und Schätzungen.

Doch da man an Meldeämtern zwar seinen Wohnsitz anmelden, nicht aber abmelden muss, kommt es zu Doppelzählungen. Die großen Wanderungen infolge der Wiedervereinigungundder Freizügigkeit in der Europäischen Union sind nur ungefähr nachzuvollziehen. Fachleute gehen von bis zu 1,6 Millionen Karteileichen aus.

Solides Datenmaterial ist jedoch als Planungsgrundlage dringend erforderlich. Es geht zum Beispiel um den Bedarf an Schulen, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und Verkehrswegen. Um politische Steuerungsinstrumente richtig einzuschätzen, sind exakte Einwohnerzahlen aber noch nicht ausreichend: Ein Sozialstaat muss auch den sozialen Status der Menschen einigermaßen kennen, also Haushaltsgrößen, Wohnverhältnisse, Versorgungssysteme, Altersstruktur usw.

Dafür brauchen wir eine gründliche Zählung. Wegen der Verflechtung in der EU haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, beginnend mit 2010/2011 alle zehn Jahre einen solchen „Zensus" durchzuführen.

In Deutschland plant die Bundesregierung, einen „registergestützten Zensus" durchzuführen: Statt alle Einwohner zu befragen, werden zunächst die Melde- und anderen Verwaltungsregister systematisch abgeglichen. Hinzu kommen eine postalische Befragung aller Gebäude-und Wohnungseigentümer sowie eine Stichprobenerhebung in zehn Prozent der Haushalte.

Die neue Zählungsmethode spart Kosten, vermeidet Belastungen für die Bürger und soll wichtige Erkenntnisse - etwa für die Integrationspolitik - liefern. Das Vorhaben ist vernünftig und überfällig.

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