Dr. Peter Ramsauer im Interview mit Elke Durak, Deutschlandfunk

Der CSU-Politiker Peter Ramsauer hält wenig von einer schwarz-grünen Koalition in Hamburg. Das wäre ein "politischer Laborversuch mit ungewissem Ausgang, ich würde sagen eine hanseatische Absonderlichkeit, aber ohne jegliche Signalwirkung für die Bundespolitik", sagte der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag.

Elke Durak:
Die Hamburger Bürgerschaftswahlen haben Gewinner und Verlierer: zum Beispiel die CDU, die zwar stärkste Kraft geworden ist, aber Stimmen verloren und keine absolute Mehrheit mehr hat, die Sozialdemokraten, die ihr Wahlziel längst nicht erreicht haben, aber zugelegt haben, die GAL, die drittstärkste Kraft geworden ist, die hat nun die Qual der Wahl, schwarz-grün ja oder nein, regieren oder Opposition. Einzig die Linke kann frohlocken, ein bisschen wenigstens. Sie ist eingezogen in das vierte westdeutsche Landesparlament. Welche Folgen hat diese Wahl für die Arbeit der Großen Koalition, die ja in den letzten drei Monaten etwas auf Sparflamme gekocht hat? Darüber spreche ich jetzt mit dem Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Bundestag Peter Ramsauer. Guten Morgen!

Peter Ramsauer:
Guten Morgen vom Chiemsee!

Durak:
Ein schönes Wetter hatten sie am vergangenen Wochenende dort.

Ramsauer:
In der Tat Traumwetter und Traumlandschaft, wie es auf den Postkarten dies aus dem Berchtesgadener Land und dem Chiemgau immer gibt.

Durak:
Werbung für Bayern! Aber kein Traumergebnis hat es für die CDU, für die Schwesterpartei in Hamburg gegeben. Sollte die CDU dort eine schwarz-grüne Koalition wagen?

Ramsauer:
Wir wollen als die CSU nicht unbedingt den hanseatischen Freunden Ratschläge geben, aber wenn das in dieser Richtung laufen sollte, dann wäre das ein politischer Laborversuch mit ungewissem Ausgang, ich würde sagen eine hanseatische Absonderlichkeit, aber ohne jegliche Signalwirkung für die Bundespolitik.

Durak:
Da spricht ja ganz, ganz viel Skepsis aus Ihren Worten, Herr Ramsauer. Ein jüngerer Mitstreiter, der Junge-Union-Vorsitzende Philipp Mißfelder, hält schwarz-grüne Bündnisse auch im Bund für möglich und sogar für 2009, sagt heute, wenn es mit der FDP alleine nicht reicht, bin ich für schwarz-grün. Was sagen Sie denn dazu?

Ramsauer:
Der junge Kollege hat sich selbst in seinen Ansichten auch schon sehr oft korrigiert. Für mich zählt auf Bundesebene, dass die Grünen - ich verweise hier auf das Wahlprogramm, das vor wenigen Monaten verabschiedet worden ist - als eine beinahe sozialistische Umverteilungspartei dastehen. Der Vorschlag, 60 Milliarden zusätzlich im sozialen Bereich umzuverteilen, ist vollkommene Illusion ohne jede Finanzierungsvorschläge. Das mag man auf örtlicher Ebene, insofern war das eine eher kommunalere als eine landes- oder bundespolitische Wahl in Hamburg, auf lokaler Ebene versuchen. Für den Bund taugt es in keiner Weise als Signal.

Durak:
Hat dieser Wahlkampf in Hamburg - ein ganz anderer als der, den Roland Koch gefahren hat - für Sie schon eine Richtung erkennen lassen, welche Art von Wahlkampfstil die Union 2009 im Bundestag wählen sollte - eher polarisierend oder eher präsidial?

Ramsauer:
Ich glaube, dass man für unseren, in Anführungszeichen, "Wahlkampfstil" für das Jahr 2009 keine Ableitungen machen kann vom niedersächsischen, hessischen oder jetzt Hamburger Wahlkampf, denn jedes Bundesland hat seine speziellen Besonderheiten. Wir werden in der Landtagswahl in Bayern Ende September diesen Jahres auch unseren landestypischen und CSU-typischen Wahlkampf führen. Wichtig für die Bundestagswahl im nächsten Jahr ist, dass sich CDU und CSU als die Stimme des bürgerlichen Lagers in Deutschland präsentieren, als klare Alternative zu linken und ultralinken Umverteilungsideen.

Durak:
Damit hat aber die CDU, Ihre Schwesterpartei, in den letzten Jahren bei den letzten Landtagswahlen nicht gerade positive Zahlen eingefahren, sondern nur Verluste: 12 Prozentpunkte in Hessen, minus 5,8 in Niedersachsen, über 4 in Hamburg, in Bremen die Regierungsbeteiligung verloren. Was macht die Schwesterpartei falsch?

Ramsauer:
Hier verbieten sich auch öffentliche Ratschläge, aber wenn Sie es genau betrachten und langfristig, dann ist es so etwas wie ein Auspendeln. Die Landtagswahlen, die Sie gerade genannt haben, waren ja die ersten in großkoalitionärer Regierungszeit und die jeweils davor gelegenen waren Wahlen quasi auch für die CDU als Opposition gegen das rot-grüne Regierungsbündnis. Insofern kann man zwar mit den Ergebnissen seitens der CDU nicht ganz zufrieden sein, aber die Abschmelzungen, die hier erfolgt sind, muss man immer im Lichte dessen sehen, was die CDU in diesen Ländern sehr, sehr langfristig eingefahren hat.

Durak:
Das sind Verluste, Herr Ramsauer.

Ramsauer:
Insofern kann Ole von Beust - Abschmelzungen oder Verluste; Abschmelzungen sind auch Verluste - auf sein Ergebnis eigentlich doch recht stolz sein.

Durak:
Herr Ramsauer, wird Hessen zur Nagelprobe für die Große Koalition? Will sagen: Soll sie beendet werden, wenn die SPD sich von Linken als Ministerpräsidentin wählen lässt, also Frau Ypsilanti?

Ramsauer:
Wenn hier jemand von Neuwahlen im Bund spricht, dann schätzt er die Lage in der Großen Koalition in Berlin falsch ein. Wir beobachten das natürlich mit Sorge, und Beck müsste jetzt in der Tat ein echtes Machtwort sprechen. Auch die Nominierung des Spitzenkandidaten der SPD in Thüringen hat einen sehr, sehr bitteren Beigeschmack, denn er sowie sein Konkurrent, beide haben sich für Kooperationen mit den Linken offen gezeigt. Also jetzt muss von Beck ein klares Signal kommen. Wenn er sich nicht durchsetzt, ein klares Signal gegen Kooperation mit den Linken zu setzen, dann ist er nicht mehr Herr im Haus, und wenn er es nicht tut, dann liegt der Verdacht nahe, dass er selbst sympathisiert.

Durak:
Bisher hat sich aber Kurt Beck ja gerade für nicht aktive Kooperation ausgesprochen. Er will doch gerade die Kooperation mit den Linken. Was erwarten Sie denn dann von ihm?

Ramsauer:
Das macht den Schlingerkurs umso verdächtiger, denn bisher hat er immer das Gegenteil gesagt.

Durak:
Wäre das nicht eine gute Gelegenheit, wenn die SPD herumschlingert und auch verliert, einfach die Große Koalition zu beenden und eine ehrliche Politik zu machen?

Ramsauer:
Und dann muss ich nach der Alternative fragen: Weder CDU noch CSU noch SPD haben eine verantwortbare Alternative in diesem Augenblick.

Durak:
Der Wähler kann das entscheiden.

Ramsauer:
Der Wähler kann dies entscheiden, aber ich sehe keinen vernünftigen Weg, jetzt Neuwahlen herbeizuführen. Zwei Legislaturperioden hintereinander vorzeitig abzubrechen, halte ich auch staatspolitisch für katastrophal.

Durak:
Können Sie denn, wenn die SPD so schwächelt, schlingert, wie Sie sagen, in der Großen Koalition nicht energischer Unionspositionen vertreten?

Ramsauer:
Ich glaube, das tun wir ohnehin.

Durak:
Noch stärker als bisher.

Ramsauer:
Die Große Koalition ist natürlich ein Geben und Nehmen, und wenn man sich wie am Anfang dieser Legislaturperiode mangels verantwortbarer Alternativen für den Kurs einer Großen Koalition entschieden hat, dann muss man auch politikfähig sein, und politikfähig ist man nur, wenn man auch kompromissfähig ist. Ich gebe zu, dass die CSU hierunter in besonderer Weise leidet.

Durak:
Inwiefern?

Ramsauer:
Weil wir, ich glaube, die stärkste Stimme des bürgerlichen Lagers sind, weit über Bayern hinaus, und weil es uns natürlich ganz, ganz besonders schwer fällt, so manches an Kompromiss zu begründen. Wir laufen gerade ganz aktuell auf eine harte Auseinandersetzung zu im Bereich der Erbschaftssteuer, wo es ums Bekenntnis und das Verhältnis zum Eigentum geht, das bei der SPD sehr gestört ist.

Durak:
Peter Ramsauer, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag. Danke für das Gespräch, Herr Ramsauer.

Ramsauer:
Sehr gerne.

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