Interview mit der Süddeutschen Zeitung (sueddeutsche.de)

Hans-Peter Uhl hält die Entscheidung des Bundespräsidenten über die Ablehnung des Gandengesuchs Christian Klars für richtig. Der Bundespräsident hat entsprechend unseren Rechtgrundsätzen beide Seiten gehört, und zwar zuerst die Opferangehörigen und dann den Täter. Es sei nicht nur Recht und billig, sondern sogar seine Pflicht, beide Seiten zu hören.

Frage: Herr Uhl, Bundespräsident Horst Köhler wird Christian Klar nicht begnadigen. Eine Überraschung?
 
Uhl: Die Sache war ja bis zum Schluss offen. Insofern, ja, für mich ist es eine Überraschung.
 
Frage: Ist die Entscheidung auch richtig?
 
Uhl: Ich unterstütze sie vollkommen. Herr Klar hat offenbar auch in seinem Gespräch mit dem Bundespräsidenten nichts zur Wahrheitsfindung beigetragen und keine Reue gezeigt. Möglicherweise fühlt er sich immer noch an das Schweige-Gelübde mit seinen alten Mord-Kumpanen gebunden. Eine Begnadigung kann er da nicht erwarten und hätte ich auch nicht verstanden.
 
Frage: Aus den Reihen der CSU ist es dem Bundespräsidenten zuvor gerade kräftig entgegengeschlagen. Einige haben offen gewarnt, ihn nicht wieder wählen zu wollen, sollte er Christian Klar begnadigen. Darf man einem Bundespräsidenten so die Pistole auf die Brust setzen?
 
Uhl: Die Begnadigung mit der Wahl des Bundespräsidenten zu verknüpfen war völlig unpassend und nicht angemessen. Der Bundespräsident hat das Gnadenrecht in diesem Fall. Man kann anderer Meinung sein, aber man muss seine Entscheidung ebenso respektieren, wie den Weg, den er gewählt hat, um zu dieser Entscheidung zu kommen.
 
Frage: Das schien einige aus Ihrer Landesgruppe nicht interessiert zu haben.
 
Uhl: Es ist eben auch eine Stilfrage, wie man mit dem Staatsoberhaupt umgeht. Wenn da jemand den falschen Ton trifft, hat er dies selbst zu verantworten.
 
Frage: Wird Köhler jetzt nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe die Begnadigung nur abgelehnt, weil der Druck von Seiten der Konservativen zu groß war?
 
Uhl: Ich bin gespannt, wer ihm jetzt mit solcher Häme entgegentritt. Köhler musste in dieser Sache seinen Weg gehen, unabhängig von möglichen Konsequenzen.
 
Frage: Auf große Kritik ist gestoßen, dass sich Köhler mit Klar zu einem Gespräch getroffen hat.
 
Uhl: Der Bundespräsident hat entsprechend unseren Rechtgrundsätzen beide Seiten gehört, und zwar zuerst die Opferangehörigen und dann den Täter. Es ist nicht nur Recht und billig, sondern sogar seine Pflicht, beide Seiten zu hören. Bereits vor 2000 Jahren sagten die Römer: “audiatur et altara pars“
 
Frage: Die Bild-Zeitung legt Köhler heute nahe, doch auch andere Mörder und Schwerverbrecher zu besuchen.
 
Uhl: Das sind absurde Vergleiche. Da geht es um völlig andere Tätertypen und Tatvorgänge.
 
Frage: Ein Mörder ist nicht gleich Mörder?
 
Uhl: Richtig. Es soll natürlich keine Mörder erster und zweiter Klasse geben. Aber es steht einem Rechtsstaat gut an, auch Gnade walten zu lassen. Dafür muss der Bundespräsident in der Lage sein, seine Entscheidung in Ruhe vorbereiten zu können. Es war deshalb ein unglücklicher Umstand, dass jeder Schritt von Köhler in dieser Sache bereits im Vorfeld öffentlich diskutiert wurde.
 
Interview: Thorsten Denkler, Berlin
(sueddeutsche.de)
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