Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer in der Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag zur Sportpolitik der Bundesregierung, 24.4.2024:

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen!

Es kommt nicht allzu oft vor, dass sich die Aktuelle Stunde in diesem Hohen Haus mit der Sportpolitik beschäftigt. In meinem parlamentarischen Leben hat dies, wenn ich mich richtig erinnere, noch nie stattgefunden. Also, es muss schon etwas Besonderes passiert sein.

Das ist bedauerlicherweise auch der Fall; denn im organisierten Sport sind die Kritik, der Unmut, die Entrüstung, das Entsetzen über die aktuelle Politik der Bundesregierung im Bereich des Sports so groß wie noch nie zuvor. Das wurde letztens bei der Veröffentlichung des Referentenwurfes zum Sportfördergesetz und der damit verbundenen sogenannten unabhängigen Agentur deutlich.

Es hat sich eine Phalanx der Kritik gebildet, angefangen beim Deutschen Olympischen Sportbund über die Landessportbünde und die Spitzenverbände bis zu den Trainern, die sogar mit einem Boykott gedroht haben und nach wie vor drohen. Das zeigt, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die aktuelle Ampelbundesregierung und insbesondere das Bundesinnenministerium haben zum einen vom Sport keine Ahnung und zum anderen für den Sport nichts übrig.

Die Bundessportministerin war seit zwei Jahren nicht mehr im Sportausschuss des Deutschen Bundestages. Der Referentenentwurf, den ich erwähnt habe, zeigt ganz klar, dass man keine Ahnung hat, dass man kein Verständnis, keine Affinität für den Sport hat und, wie die Landesportbünde kritisieren, dass man unverbindlich, unentschlossen und unklar vorgeht. Es wird nicht zu weniger Bürokratie kommen, sondern es wird mehr Bürokratie entstehen: Es soll eine neue Agentur geschaffen werden. Die Flexibilität, nach der sich die Verbände zu Recht sehnen, wird nicht größer, sondern kleiner. Manche sprechen sogar davon, dass wir auf dem Weg in den Staatssport sind.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, diese gescheiterte Reform, was die Agentur, was das Sportfördergesetz anbelangt, ist aber nur das eine. Auf der anderen Seite hat die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag das Vorhaben eines Entwicklungsplans Sport stehen, was vom Grundsatz her richtig ist. Wir haben in Deutschland Defizite, insbesondere im Breitensport. Die Adipositas, die Fettleibigkeit, und die Bewegungsarmut bei Kindern und Jugendlichen nehmen immer mehr zu. Es gibt auch Schwierigkeiten beim Zugang zum Sport insbesondere bei Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen und aus sozial schwierigen Familien kommen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Deswegen ist der Grundansatz, einen Entwicklungsplan Sport zu schaffen, richtig. Nur, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wie die Bundesregierung an das Thema herangegangen ist, war handwerklich miserabel. Es ist ein Bewegungsgipfel erkoren worden, der nichts zutage gefördert hat. Der DOSB hat entsetzt die Verhandlungen über den Entwicklungsplan Sport mit dem Bundesinnenministerium beendet. Und die Länder, die eigentlich den Schwerpunkt des Entwicklungsplans umsetzen sollten, werden sich unter diesen Bedingungen auch nicht weiter beteiligen. Das ist ein Offenbarungseid und ein Armutszeugnis für die aktuelle Bundesregierung und vor allem für das Bundesinnenministerium.

Dann wird angekündigt: „Wenn der Deutsche Olympische Sportbund und die Länder nicht mitmachen wollen, dann machen wir unseren eigenen Entwicklungsplan Sport“, wissend, dass 90 Prozent der Inhalte des Entwicklungsplans Sport nicht vom Bund umgesetzt werden, sondern von den Ländern bzw. Kommunen oder Sportvereinen. Dann kommt noch erschwerend hinzu, dass kein einziger Euro im Bundeshaushalt eingestellt wird, um den Entwicklungsplan Sport auch tatsächlich umzusetzen. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Desaster für die Sportpolitik.

Das Ganze setzt sich im Bereich der Olympiabewerbung fort. Es gibt zum Glück eine breite, geschlossene Mehrheit in Deutschland, die sich für die Bewerbung um Olympische Sommerspiele starkmacht. Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Berlin und Bayern sind mit im Boot. Alle haben das Memorandum of Understanding unterschrieben und sind bereit, wenn sie Bewerbungsort und Austragungsort werden, sich auch finanziell zu beteiligen. Der Einzige, der sich nicht beteiligt, ist der Bund. Obwohl eine Bewerbung doch unzweifelhaft ein nationales Ereignis ist und eine nationale Bedeutung hat, stellt der Bund keinen einzigen Euro in seinem Haushalt zur Verfügung, um diese Bewerbung voranzutreiben. Und die Bundesinnenministerin ist bis dato nicht bereit, dieses Memorandum of Understanding zu unterschreiben. Das ist traurig, das ist desolat, das ist eine fatale Bilanz der bisherigen Sportpolitik.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Einzige, woran es in Deutschland momentan in der Sportpolitik nicht mangelt, sind Gesprächsformate, Arbeitsgruppen, runde Tische und Arbeitskreise.

Aber am Ende kommt nichts dabei heraus. Deswegen brauchen wir einen Neustart in der Sportpolitik. Wir als konstruktive Oppositionsfraktion, als CDU/CSU sind dazu bereit. Wir reichen die Hand.

Aber so wie es bisher läuft, darf und kann es in der Sportpolitik in Deutschland nicht weitergehen.

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