Sicherung der Oppositionsrechte

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Beitrag des Kollegen von Notz zeigt sehr deutlich, dass sich die Oppositionsarbeit auch der Größe der jeweiligen Fraktion angepasst hat: Man ergeht sich fast in Larmoyanz. Das ist nichts, was wir hier zu berücksichtigen haben.

Die Wahl hat ein ganz klares Ergebnis erbracht: Der Wähler hat der Union fast die absolute Mehrheit zugesprochen, aber nicht ganz – leider –, und deshalb sind wir auf eine Koalition angewiesen.

(Thomas Oppermann [SPD]: Zum Glück für euch!)

Das ist ein gutes Ergebnis. Diese Koalition wird auch hervorragend für die Bürgerinnen und Bürger arbeiten. Ich bin überzeugt, dass sie ihrem eigenen Anspruch gerecht werden wird, nämlich dass es in vier Jahren den Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland besser gehen wird, als es ihnen jetzt geht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Verehrte Damen und Herren, es ist wirklich müßig – ich möchte hier an den Kollegen Grosse-Brömer anschließen –, uns hier ständig über neue Verfahrensregelungen, darüber, wie wir uns zu organisieren haben, und Sonstiges zu unterhalten. Wir sollten zu geordneter Sacharbeit zurückkehren können, die nicht immer mit Fragen der Geschäftsordnung und Sonstigem überfrachtet ist.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie uns zu!)

Mir geht es darum, in einem ganz normalen, schönen und sachlichen Austausch eine Grundlage zu finden, Oppositionsrechte nicht nur zu achten, sondern zusätzlich mit auszubauen. Dazu sind wir als Fraktionen, die die Regierung stützen, bereit, unabhängig davon, dass es uns schon auch wichtig ist, dass die Abgeordnetenrechte für alle in diesem Hause gleich sind.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Genau!)

Verehrte Kollegin Haßelmann, ich kann Ihrem Vorschlag, dass jede Fraktion das gleiche Rederecht hat, was die Zeitdauer angeht, nicht folgen. Ich glaube nicht, dass die Qualität der Argumente an eine bestimmte Zeitdauer gebunden ist;

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann verzichten Sie doch auf Ihren Redebeitrag! – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Dann müssten wir Ihren Redebeitrag aber gewaltig kürzen!)

die Qualität der Argumente bringt sich dadurch zum Ausdruck, dass hier vernünftige und gute Vorschläge eingebracht werden. Ich glaube, wir werden – das ist Auftrag aller, der Kolleginnen und Kollegen in den Regierungsfraktionen genauso wie der in den Oppositionsfraktionen – gute Vorschläge ins Haus einbringen, wir von den Regierungsfraktionen natürlich mit Unterstützung der Bundesregierung.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht nur Aufgabe der Opposition, die Bundesregierung zu kontrollieren, sondern in verstärktem Maße auch derer, die die Regierung stützen und mit stellen. Bezeichnenderweise heißt es ja in Bayern, dass die CSU die Oppositionsarbeit selbst übernehmen muss und das erkennbar auch tut.

(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Mit großem Erfolg! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Herrn Seehofer ist das leicht!)

Von daher, glaube ich, sollten wir dies nicht immer nur an der Minutenzahl messen, sondern an dem, was wir tun.

Herr Kollege von Notz, Sie haben davon gesprochen, dass wir sozusagen in Selbstgespräche verfallen würden.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben vor fünf Minuten begonnen!)

Sie nutzen doch die Gelegenheiten, diese Selbstgespräche aufzuspießen. Nachfolgend haben wir eine Aktuelle Stunde. Da wird von der Opposition versucht werden, darzustellen, dass es in irgendeiner Sachfrage irgendwelche Differenzen unter den Regierungsparteien gibt, in dem Fall insbesondere innerhalb der Union.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völlig abwegig! – Gegenruf des Abg. Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Genau!)

Von daher können Sie nicht von Selbstgesprächen reden. Es ist eine fundierte Diskussion, die auch bei uns stattfindet und die zum Ausdruck bringt, dass wir bereit sind, entsprechende Kontrolle gegenüber der Bundesregierung, aber auch gegenüber den Landesregierungen mit auszuüben. Dies ist damit sichtbar geworden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit dem gemeinsamen Antrag von Linksfraktion und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird eigentlich nur versucht, darzustellen, Sie von der Opposition hätten keine Rechte. Das ist nicht der Fall. Die Rechte sind geregelt, einmal im Grundgesetz – das können die Juristen wesentlich besser ausführen als ich –, zum anderen in unserer Geschäftsordnung, und zwar für jeden Abgeordneten. Unabhängig davon, ob ein Abgeordneter einer Regierungsfraktion oder einer Oppositionsfraktion angehört – es hat jeder das gleiche Fragerecht, es hat jeder im Prinzip auch das gleiche Rederecht, wobei dies in einem Parlament mit 631 Mitgliedern natürlich anders gestaltet werden muss als in einer Bürgerschaft oder in einem kleinen Landesparlament mit vielleicht 50 oder 60 Mitgliedern. Kollege Kauder, unser Fraktionsvorsitzender, verdeutlicht immer: Wenn jeder Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch nur drei Minuten Redezeit in Anspruch nehmen würde, wären dafür 933 Minuten zu veranschlagen.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Um Gottes willen!)

Ich glaube, dass dies grundsätzlich nicht im Sinne aller sein kann – bei aller Wertigkeit und bei aller Fundiertheit, die die Beiträge garantiert haben würden. Es geht auch um Funktionsfähigkeit.

Deshalb sind wir bereit, Rechte zuzugestehen und auch den kleineren Fraktionen mehr Rederecht zuzubilligen. Ich glaube, das ist ein gutes Angebot, das auch zur Lebendigkeit mancher Parlamentsdebatte beiträgt. Allerdings: Die Lebendigkeit einer Debatte war auch in der Vergangenheit, als die Mehrheitsverhältnisse nicht so eindeutig waren, wie sie jetzt sind, in der Regel von der Lebendigkeit der Rednerinnen und Redner geprägt und weniger von der Zahl der Redner. Das möchte ich durchaus betonen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, der Bundestagspräsident und das Präsidium haben, wie der Kollege Grosse-Brömer schon dargelegt hat, hierzu gute Vorschläge unterbreitet. Diese wollen wir gerne mit Ihnen gemeinsam umsetzen in dem Sinne, dass Sie vermehrte Rechte in Anspruch nehmen können, dass auch ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden kann, was Sie aufgrund der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse und der zugrunde zu legenden Zahlenarithmetik nicht können. Deshalb bitte ich Sie: Schauen Sie sich unseren Vorschlag an und studieren Sie ihn genau. Ich bin überzeugt: Damit wird eine fundierte Oppositionsarbeit möglich, die sich nicht nur zahlenmäßig ausdrückt, sondern auch in einer qualitativen Auseinandersetzung der Redner, aber ebenso in den schriftlichen Anträgen. Die Oppositionsarbeit lebt ja nicht nur von dem, was hier mündlich vorgetragen wird, sondern auch von dem, was an Anträgen mit fundierten, sachlichen Vorschlägen vorgelegt wird. Deshalb können wir hier gute Vereinbarungen treffen.

In diesem Sinne herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

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