Rede zum Ausbau der Ehrenamtskarte

Ingrid Pahlmann (CDU/CSU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein starkes Ehrenamt und ein ausgeprägtes bürgerschaftliches Engagement sind Markenzeichen unseres Landes. Gerade auch in schwierigen Zeiten hat sich das immer wieder gezeigt.

Die Menschen in unserem Land werden, wo Bedarf ist, sehr schnell unaufgefordert, freiwillig und sehr kreativ tätig. Ich finde, das ist ein sehr gutes Zeichen für eine funktionierende Gesellschaft. Die CDU/CSU-Fraktion dankt allen Ehrenamtlichen für ihren vielfältigen Einsatz und für die positive Ausgestaltung unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Bahr [SPD])

Waren in Deutschland Ende der 90er-Jahre 35 Prozent der Bevölkerung ehrenamtlich engagiert, so sind es heute rund 44 Prozent. Die Menschen engagieren sich in den verschiedensten Bereichen des öffentlichen Lebens. Und – das ist die gute Nachricht – die Tendenz ist steigend. In konkreten Zahlen ausgedrückt: Rund 30 Millionen Menschen engagieren sich heute in Deutschland ehrenamtlich. Auf dem Land liegt diese Zahl sogar noch um 7 Prozentpunkte höher als in den Städten. Ich finde, das sind Zahlen, auf die wir stolz sein können.

Wenn wir uns diese Zahlen jetzt näher anschauen, sehen wir, dass das Engagement in unserem Land durchaus unterschiedlich stark gelebt wird und sich in den vergangenen Jahren auch zunehmend gewandelt hat. Die Tendenz geht insgesamt weg von langjährigem hin zu kurzfristigem Engagement. Aber eines ist sicher: Wer sich einmal mit dem Virus „ehrenamtliches Engagement/bürgerschaftliches Engagement“ infiziert hat, der bleibt dem Ehrenamt in irgendeiner Form immer erhalten.

(Beifall der Abg. Katharina Landgraf [CDU/CSU] und Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Fragt man nun die Menschen, warum sie sich ehrenamtlich engagieren, antworten nahezu alle – um genau zu sein: 94 Prozent –: Weil es mir Spaß macht! 82 Prozent antworten, dass man gern mit Menschen über alle Generationen hinweg zusammenarbeitet. 81 Prozent haben den Wunsch, die Gesellschaft mitzugestalten. Weit abgeschlagen auf dem letzten Platz mit nur 7 Prozent steht der Wunsch nach einem finanziellen Vorteil. Das zeigt den Grundgedanken ehrenamtlicher Tätigkeit: Sie ist unbezahlbar, und sie soll auch nicht bezahlt werden, sie darf nicht bezahlt werden!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Mit ihrem Antrag will die AfD-Fraktion nun, wie es in ihrem Antrag heißt, „herausragendes Engagement“ belohnen. Doch was genau heißt denn „herausragendes Engagement“? Wer entscheidet, welche ehrenamtliche Tätigkeit herausragend oder wichtiger ist? Die Arbeit vor Ort in einem kleinen Verein, bei der Feuerwehr, dem Sportverein, in der Kleiderkammer im Rahmen der Flüchtlingshilfe oder bei einer Organisation mit Einsätzen im Ausland? Wollen Sie allen Ernstes ein Engagement erster und zweiter Klasse in unserem Land schaffen?

(Martin Reichardt [AfD]: Quatsch!)

Das kann ja wohl nicht wahr sein. Ich frage Sie: Wer soll denn das werten? Gehen wir nach Einsatzzeit oder nach der Art der Tätigkeit? Wo wollen wir denn die Messlatte anlegen? Ich finde, das sind schwierige Fragen. Ich finde sogar, es sind unnötige Fragen.

Für mich steht fest: Jedes Ehrenamt, ganz egal in welchem Bereich, egal in welchem zeitlichen Umfang, ist wichtig und muss wertgeschätzt werden. Genauso vielfältig wie das Engagement insgesamt ist, so unterschiedlich und bunt sind auch die Bedarfe vor Ort. Die Menschen wissen eben ganz genau, was vor Ort nötig ist, was ihre Region lebenswerter macht. Und: Nur vor Ort gibt es dann eben auch das Wissen um mögliche Partner, die bereit sind, Anerkennung für das Engagement zu gewähren.

Hier kommt die Ehrenamtskarte ins Spiel. Die Kommunen haben den Draht zu den Firmen, den Organisationen vor Ort. Sie sind es auch, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Engagierten Zugang zu Ermäßigungen in Freibädern, kulturellen Einrichtungen, im ÖPNV usw. ermöglichen können und so ihren Ehrenamtlichen Anerkennung und Wertschätzung entgegenbringen.

Umgekehrt hat eine Ehrenamtskarte mit lokalen Schwerpunkten auch für die Freiwilligen selbst einen viel, viel höheren Nutzen. Dafür gibt es seit vielen Jahren die Ehrenamtskarten, die in den Kommunen und Ländern in der Regel in einem sehr festlichen Akt vor Ort verliehen werden. Daher sollte es auch den einzelnen Kommunen überlassen bleiben, ob, wie und mit welcher Ausgestaltung sie eine Ehrenamtskarte einführen wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie wir fast alle wissen: Deutschland ist ein föderales und subsidiär aufgebautes Land. Sprich: Was lokal entschieden werden kann, sollte auch dort entschieden werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Ulrike Bahr [SPD])

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