Rede zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität

Wir sprechen heute über den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung eines Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union. Er betrifft die Strafbarkeit der Bildung krimineller und terroristischer Vereinigungen.

Das deutsche Strafrecht stellt die Bildung einer kriminellen Vereinigung bereits unter Strafe. Bei terroristischen Vereinigungen im In- oder Ausland sieht das Gesetz zwingend eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vor. Wenngleich durch eine solche Vereinigung noch kein Individualrechtsgut betroffen ist, werden die öffentliche Sicherheit und die staatliche Ordnung bereits verletzt. Kriminelle Organisationsformen steigern die Gefahr für wichtige Rechtsgüter der Gemeinschaft. Insbesondere den Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus setzt das Strafrecht hier wirksame rechtsstaatliche Maßnahmen entgegen.

Dennoch besteht ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 24. Oktober 2008 beinhaltet eine Definition der kriminellen Vereinigung. Es ist mit Bedauern festzustellen, dass es der Rechtsprechung nicht gelungen ist, eine europarechtskonforme Auslegung des Vereinigungsbegriffs zu finden. Der Wortlaut der Strafvorschrift stand dem nicht entgegen. Eine Neubestimmung des Begriffs der Vereinigung wurde vielmehr dem Gesetzgeber überlassen.

Mit diesem Gesetzentwurf kommen wir dieser Notwendigkeit nach. Die Legaldefinition der kriminellen Vereinigung entspricht den Vorgaben aus dem Rahmenbeschluss des Rates. Das vielfach kritisierte Erfordernis einer Gruppenidentität wird aufgegeben. Bisher mussten die Mitglieder derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen. Für die Strafbarkeit als kriminelle Vereinigung soll es künftig vielmehr auf die Organisationsstruktur, die Vorausplanung und Koordinierung ankommen. Mit der Neuregelung werden hierarchische Zusammenschlüsse unter einem autoritären Anführerwillen als kriminelle Vereinigung erfasst. Von solchen Gruppierungen gehen erhebliche Gefahren für wichtige Rechtsgüter der Gemeinschaft aus. Mit der Legaldefinition der kriminellen Vereinigung wird der Rechtsprechung eine verbindliche Auslegungsregel gegeben. Der Gesetzentwurf leistet einen Beitrag zu mehr Rechtssicherheit. Zugleich bewirkt die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben eine Angleichung der Strafvorschriften. Die Bildung einer kriminellen Vereinigung ist in jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Union strafbar und wird mit vergleichbaren Strafen geahndet.

Der Gesetzentwurf enthält jedoch weitere Änderungen des Straftatbestands der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Diese Änderungen werden vom Rahmenbeschluss des Rates nicht gefordert und erscheinen nicht zweckdienlich. Ich möchte auf zwei Punkte eingehen, die es kritisch zu würdigen gilt.

Der Gesetzentwurf möchte zwischen der Gründung und Beteiligung auf der einen Seite und der Unterstützung und Werbung auf der anderen Seite differenzieren. Für die Unterstützung oder die Werbung um Mitglieder oder Unterstützer einer kriminellen Vereinigung soll künftig ein abgesenkter Strafrahmen gelten. Die erhöhte Strafandrohung bei besonders schweren Bezugstaten soll bei der Unterstützung und Werbung sogar entfallen.

Eine Differenzierung bei den angedrohten Strafen erscheint nicht notwendig. Die Unterstützung und Werbung für eine kriminelle Vereinigung stehen als gleichartige Alternativen auf einer Ebene. Das Rechtsgut der öffentliche Sicherheit und staatlichen Ordnung wird in allen Alternativen verletzt.

Die Absenkung der Strafrahmen setzt zudem ein falsches Signal. Wir möchten die Täter mit diesem Gesetz nicht begünstigen. Ziel dieses Gesetzentwurfs ist eine effektivere Strafverfolgung von kriminellen Vereinigungen.

Diesem Ziel wird auch bei der Einschränkung der Straftaten, auf welche die kriminelle Vereinigung gerichtet ist, widersprochen. Als Bezugstaten sollen nach dem Gesetzentwurf nur noch Straftaten erfasst werden, die im Höchstmaß mindestens mit Freiheitsstrafe von zwei Jahren bedroht sind. Im Umkehrschluss sind Straftaten mit geringerer Strafdrohung wie die Bedrohung nicht erfasst. Kriminelle Vereinigungen, die ein Klima von systematischer Einschüchterung und Bedrohung schaffen, sind von der Strafbarkeit ausgeschlossen. Diese Strafbarkeitslücke sollte in dieser Gestalt nicht hingenommen werden.

Diese aufgeworfenen Punkte bedürfen im Ausschuss und in der Sachverständigenanhörung nochmals einer eingehenden Diskussion. Ich wünsche uns gute Beratungen.

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