Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Sebastian Brehm in der Bundestagsdebatte zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes, 21.9.2023:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Wenn ab Januar wieder der volle Mehrwertsteuersatz auf Besuche in der Gaststätte erhoben würde, wäre das eine weitere Verstärkung der Inflation.“

Das ist kein Spruch von mir, sondern vom Bundesfinanzminister Christian Lindner.

Auch Olaf Scholz versprach 2021, sich für die dauerhafte Senkung des Mehrwertsteuersatzes einzusetzen. Er wiederholte das übrigens im gesamten Jahr 2022 auf verschiedenen Veranstaltungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute haben Sie die Gelegenheit, zu zeigen, dass Sie Ihre Wahlversprechen auch einlösen. Deshalb wollen wir, dass heute über diesen Gesetzentwurf auch namentlich abgestimmt wird, und wir wollen Sie einladen, hier unserem Gesetzentwurf zuzustimmen, allerdings wirklich ohne Schaum vorm Mund, sondern ganz in Ruhe und ohne hier so laut zu schreien. Dafür ist das Thema Gastronomie in Deutschland viel zu wichtig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit einer Anhebung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf 19 Prozent ab Januar 2024 legen Sie die Axt an die Wirtshauskultur in Deutschland. Die Betriebe haben es doch eh schon schwer.

Mit einer Erhöhung der Umsatzsteuer auf 19 Prozent werden zahlreiche Betriebe in 2024 schließen. Das führt zu weniger Steuern und zu einer Vernichtung der mittelständischen Strukturen.

Die Argumente für die dauerhafte Beibehaltung von 7 Prozent sind doch völlig klar:

Erstens. Der Umsatzindex des Statistischen Bundesamts für die Branche besagt, dass der Jahresdurchschnitt für 2020 bis 2023 aktuell immer noch unter dem Niveau von 2015 bis 2019 ist.

Und die Verluste aus der Coronazeit – Sie haben es ja selber gesagt – sind noch nicht aufgeholt.

Zweitens. Die Lebensmittelpreise sind gestiegen, die Personalkosten sind gestiegen, die Energiekosten sind gestiegen.

Übrigens haben sich in den letzten zwei Jahren auch die Bürokratiekosten unglaublich erhöht. Deswegen reichen die Vergünstigungen nicht einmal aus, um diese Preissteigerungen auszugleichen.

Drittens. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die geringeren Umsatzsteuersätze führen durch mehr Nutzung der Gastronomie automatisch auch zu mehr Einnahmen und damit auch zu mehr Steuereinnahmen, womit sich heute mit der bewussten Entscheidung für die Entfristung auch eine gewisse Selbstfinanzierung aus dem Haushalt ergibt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Gastronomie-branche braucht weiterhin diese Entlastung durch Beibehaltung der 7 Prozent, und sie braucht unsere parlamentarische Unterstützung. Dazu gehört natürlich auch eine Anpassung der Arbeitszeitrealitäten. Ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal bei einer Geburtstags- oder Hochzeitsfeier waren – wahrscheinlich werden Sie nicht eingeladen –: Die Vorbereitung dafür dauert oft mehr als zehn Stunden.

Deswegen brauchen wir eine Wochenarbeitszeit und keine tägliche Höchstarbeitszeit, weil das der Realität entspricht. Deswegen haben wir das in unserem Antrag heute mitbeantragt.

Ich komme zum Schluss. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie wirklich, heute vernünftig zu sein und zuzustimmen; denn die Unternehmen brauchen Rechtssicherheit.

Wenn Sie erst im Dezember entscheiden, ist es schon zu spät, weil dann die Schließungsabsichten schon getroffen sind.

Deswegen: Stimmen Sie heute zu! Machen Sie einen Pakt für die Gastronomie, einen Pakt für die Gastlichkeit in Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen.

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