Rede zur Schulsozialarbeit

Die Schule ist nicht nur ein „Lernort“, sondern auch ein „Lebensort“. Sie begleitet und befördert Entwicklungen und die Übernahme neuer Aufgaben. Neben dem Unterricht selbst spielen auch soziale Aufgaben eine Rolle. Dazu gehört auch unser soziales Zusammenleben – und das birgt Konflikte. Mobbing und Schulverweigerung sind heute an vielen Schulen leider keine Seltenheit mehr. Aber wer ist dafür zuständig? Lehrer können sich neben der Vermittlung von Sachkompetenzen nicht zusätzlich um die sozialen und individuellen Probleme der Schüler kümmern. Dieses Problem wurde erkannt, und die Schulsozialarbeit schließt diese Lücke.

Alle im Bund, in den Ländern und in den Kommunen, alle sind sich einig, dass Schulsozialarbeit deshalb unentbehrlich ist. Gerade in einer Zeit, in der Eltern leider immer mehr Verantwortung an die Schulen abgeben, übernehmen Schulsozialarbeiter eine immer wichtigere Funktion. Sie arbeiten präventiv, um Kinder in ihrer Persönlichkeit zu stärken, Mobbing und Gewalt zu verhindern und Schulverweigerung entgegenzutreten. Zudem fördern sie soziale Kompetenzen und entlasten unsere Lehrkräfte.

Die Schulsozialarbeit ist ein Bindeglied zwischen Schule, Gesellschaft und Familie – und diese Schnittstelle lohnt sich in mehrfacher Hinsicht. Ohne Schulsozialarbeit würde manches Kind gleich ganz aus dem Bildungssystem herausfallen. Durch konsequente Schulsozialarbeit können jedoch bestehende Defizite gezielt aufgearbeitet und ausgeglichen werden. Sicherlich möchte ich hier keine Lanze für ihren Antrag brechen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen der Linken. Aber trotzdem ist es mir wichtig, noch einmal zu betonen, dass Schulsozialarbeit heute unverzichtbar ist.

Nun aber zu Dingen, auf die wir verzichten könnten – den heutigen Antrag der Linken. Aber betrachten wir diesen mal ganz sachlich: Schulsozialarbeit bietet allen Schülerinnen und Schülern im Schulalltag umfassende Begleitung und Unterstützung. Deshalb fordern Sie eine Verankerung der Schulsozialarbeit im SGB VIII. Die Regelungen zur Schulsozialarbeit befinden sich in den Schulgesetzen der Länder. Und bei den Ländern sind wir auch bei dem richtigen Ansprechpartner für dieses Thema. Klar ist, dass Sie für eine Verankerung im SGB VIII die Zustimmung der Länder benötigen. Und diese werden sicherlich fragen: Wenn wir Kompetenzen an euch übertragen, werden wir dann auch mit Bundesmitteln ausgestattet? Das haben wir bereits in vielen Bereichen erlebt. Das heißt, ohne Mittel vom Bund werden Länder einer Verankerung der Schulsozialarbeit in SGB VIII nicht zustimmen. Das sollten wir uns vorab bewusst machen. Hier geht es nicht nur um eine verfassungsrechtliche, sondern auch um eine finanzielle Frage. Und Fakt ist, dass die Finanzierung durch den Bund dem Anspruch der Länder auf Bildungshoheit widerspricht. Deshalb sind wir gegen eine einseitige Machtkonzentration und für den Wettbewerb der Ideen zwischen unseren Ländern.

Liebe Fraktion Die Linke, dass das bestehende System funktioniert und durch die Länder zielführend vorangetrieben wird, zeigt uns ein Blick nach Bayern. Sicherlich fehlt auch hier Personal, und angehende pädagogische Fachkräfte für die Schulsozialarbeit können sich auch nicht schneller als in anderen Bundesländern qualifizieren. Aber Bayern packt die Herausforderung an. Schon Anfang der 2000er-Jahre wurde ein Landesprogramm zwar nicht zur Förderung der Schulsozialarbeit, aber der Jugendsozialarbeit an Schulen initiiert. Seitdem wird dieses Programm kontinuierlich ausgebaut. Waren es im Jahr 2008 noch 125 Stellen, so konnte man 2010 schon 450 Stellen vorweisen. Aktuell sind es sogar fast 1 000 Stellen an rund 1 300 Einsatzorten. Im letzten Jahr wurden dafür extra 18,2 Millionen Euro bereitgestellt, um dem erhöhten Bedarf und der steigenden Schülerzahl gerecht zu werden. Zusätzlich wurden weitere 100 Stellen mit dem Programm „Schule öffnet sich“ geschaffen. Multidisziplinäre Teams aus Schulsozialpädagogen und ‑psychologen erarbeiten dabei gemeinsam Programme für alle Schüler.

Wieder mal zeigt sich: Wenn auf Länderebene ordentliche Politik gemacht wird, kann man viele Herausforderungen meistern. Und für alle diese Aufgaben sind verfassungsrechtlich die Länder zuständig, und so soll es auch weiterhin bleiben. Denn für die vor Ort bestehenden Herausforderungen sind die Kommunen – mein Dank gilt hierbei allen kommunalen Verantwortungsträgern – eindeutig die richtigen Ansprechpartner, um den Bedarf an Unterstützung auszumachen.

Und noch kurz am Rande erwähnt: Der Antrag der Linken ist nur ein erneuter Versuch, die Finanzierung der Schulsozialarbeit durch den Bund zu ermöglichen – wie auch schon in der vergangenen Legislaturperiode. Man merkt, dass Sie, liebe Linke, Ihre bisher gestellten Anträge inhaltlich nur bedingt aufarbeiten und eine Lehre daraus ziehen. Eines ist sicher: Unsere Auffassung dazu hat sich nicht geändert. Der Antrag der Linken zeigt, dass er weder unsere föderalen Strukturen achtet noch unsere Finanzen im Blick hat. „Politik für die Menschen“ sieht anders aus.

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