CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer über das Klima in der Koalition und wichtige Projekte der nächsten Zeit

Im Interview mit Thomas Kröter, Frankfurter Rundschau

Frankfurter Rundschau:
Herr Ramsauer, die Koalitionsrunde heute - Routine, Krisengipfel oder Neuanfang?

Peter Ramsauer:
Von allem etwas. Routine, weil es ein lange anberaumter Termin ist; sicher ein Stück Krisengipfel, weil in der großen Koalition in den letzten Wochen sehr viel Porzellan zerschlagen worden ist, wegen der Selbstdemontage der SPD als glaubwürdiger Partner. Deshalb müssen wir für die letzten 15 Monate der Legislaturperiode auch ein Stück weit neu anfangen.

Frankfurter Rundschau:
Ist die SPD für Sie denn überhaupt noch koalitionsfähig?

Peter Ramsauer:
Unabhängig vom Zustand der SPD haben wir noch eine Reihe von wichtigen Projekten für dieses Land zu bewältigen. Und für die gibt es derzeit keine andere Mehrheit im Deutschen Bundestag.

Frankfurter Rundschau:
Die drei wichtigsten?

Peter Ramsauer:
Die Umsetzung der Gesundheitsreform, die Umsetzung der Erbschaftssteuerreform . . .

Frankfurter Rundschau:
Die SPD würde sicher sagen: der Mindestlohn...

Peter Ramsauer:
Ich würde eher den zweiten Teil der Föderalismusreform nennen. Wenn hier ein epochaler Schritt zur Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern gelingt und wir es schaffen, ein Mittel gegen ungebremste Neuverschuldung einzuführen, dann ist das nicht nur für die öffentlichen Haushalte, sondern für alle Bürger ein Riesenschritt in eine sicherere Zukunft.

Frankfurter Rundschau:
Wird die CSU an diesem Mittwoch endlich dem Gesundheitsfonds zustimmen?

Peter Ramsauer:
Nein. Noch können wir die Ampel nicht auf Grün schalten.

Frankfurter Rundschau:
Weil Sie noch nicht sicher sind, dass Bayern nicht mehr belastet wird...

Peter Ramsauer:
Bei der Umschichtung der Mittel müssen die Belastungen für Länder wie Bayern und Baden- Württemberg in engen Grenzen gehalten werden - auch durch frisches Geld, das ins Gesundheitswesen hinein gepumpt wird, zum Beispiel bei den Honoraren für die Ärzte.

Frankfurter Rundschau:
Die müssen steigen?

Peter Ramsauer:
Darauf zielen wir ab. Wir haben uns bei der gemeinsamen Präsidiumssitzung von CDU und CSU darauf verständigt, dass die Honorare von Ärzten auch in Ländern wie Bayern und Baden-Württemberg nicht nur nicht gesenkt werden, sondern in Maßen auch steigen dürfen.

Frankfurter Rundschau:
Und wer soll das bezahlen - der Versicherte durch einen höheren Beitrag?

Peter Ramsauer:
Der Versicherte, der auf Dauer eine medizinische Weltspitzenleistung garantiert bekommt. Solche Spitzenleistungen gibt es nicht zum Nulltarif. Sie haben ihren berechtigten Preis.

Frankfurter Rundschau:
Für die Bürger ist das Gesundheitssystem also nach der Reform teurer als vorher.

Peter Ramsauer:
Auch die Leistungen werden besser. Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir nehmen am anderen Ende des Sozialsystems erhebliche Entlastungen vor und werden das weiter tun.

Frankfurter Rundschau:
Sie wollen den Anteil der Sozialbeiträge auf unter 40 Prozent schaffen?

Peter Ramsauer:
Das haben wir geschafft und wir werden das auch nicht gefährden. Deshalb haben CDU und CSU sich ja darauf verständigt, den Arbeitslosenversicherungsbeitrag noch mal von 3,3 auf 3,0 Prozent zu senken.

Frankfurter Rundschau:
Union und SPD wollen die Familien entlasten. Sehen Sie eine schnelle Einigungsmöglichkeit?

Peter Ramsauer:
Der Druck und die Unnachgiebigkeit der CSU führen dazu, dass wir schon 2009 Kindergeld und Kinderfreibetrag erhöhen werden. Die SPD wird sich einem solchen richtigen Schritt nicht entziehen können.

Frankfurter Rundschau:
Werden Sie sich dem neuen Mindestarbeitsbedingungsgesetz von SPD-Arbeitsminister Scholz entziehen?

Peter Ramsauer:
Durchaus möglich. Wir müssen zunächst den Verhandlungsstand prüfen, der auf Ebene der Fachbeamten erreicht wurde. Ich bin Wirtschaftsminister Michael Glos dankbar, dass er bereits dafür gesorgt hat, dass die Tarifautonomie etwas besser gewahrt wird, als das im ursprünglichen Entwurf von Scholz der Fall war.

Frankfurter Rundschau:
Aber...

Peter Ramsauer:
Es ist noch nicht klar, wie zu verfahren ist, wenn in einer Branche konkurrierende Tarifverträge existieren, die Anspruch auf Allgemeinverbindlichkeit erheben. Ich halte es für ausgeschlossen, dass die Politik dann für einen Partei ergreift. Das wäre eine unzulässige Entmachtung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden.

Frankfurter Rundschau:
Wie geht es bei der Erbschaftsteuer weiter?

Peter Ramsauer:
Im Koalitionsausschuss werden wir nur über das weitere Verfahren reden. Ich bin nur noch bereit, über konkrete Texte zu verhandeln. Wir entdecken leider von Tag zu Tag neue Ungereimtheiten und Ungeheuerlichkeiten, die das Vererben mittelständischer Familienbetriebe doch wieder erschweren. Die Union steht zum Schutz des Eigentums und zum Erhalt von Arbeitsplätzen. Deshalb gilt für uns auch hier der Grundsatz: Qualität vor Zeitdruck.

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