Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Thomas Erndl in der Bundestagsdebatte zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik, 22.2.2024:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ja, wir müssen ernsthaft debattieren über unsere Sicherheit. Deswegen sind minus 0,3 Prozent Wirtschaftswachstum bei dieser Bundesregierung, über die wir in der vorigen Debatte gesprochen haben, nicht nur ein Debakel für den Wirtschaftsstandort Deutschland, sondern vor allem ein Debakel für unsere Sicherheit; denn ohne wirtschaftliche Stärke ist weder eine kräftige Unterstützung der Ukraine noch die Anschaffung entsprechender Ausrüstung, wie wir sie in Deutschland und in Europa brauchen, möglich.

„Ohne Sicherheit ist alles … nichts“, hat der Kanzler auf der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt. Aber Sicherheit gibt es eben nur, wenn wir sie umfassend denken, und das ist bei dieser Bundesregierung zwei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nicht umfassend sichtbar.

In der Rede vor zwei Jahren zur Zeitenwende hatte der Kanzler es richtig beschrieben: Putin will ein russisches Imperium errichten. Er will die Verhältnisse in Europa nach seinen Vorstellungen grundlegend neu ordnen. Wir hingegen, meine Damen und Herren, haben andere Vorstellungen. Das Recht des Stärkeren darf sich nicht durchsetzen; da sind wir uns einig. Wir müssen aber verstehen: Unsere Feinde verstehen nur die Sprache der Stärke. Wenn wir Sicherheit wollen, müssen wir Stärke ausstrahlen, und zwar auf allen Ebenen: militärisch, gesellschaftlich, aber auch wirtschaftlich. Nur die Sprache der Stärke wird respektiert. Das bedeutet, Sicherheit muss in allen Bereichen immer mitgedacht werden. Es muss in allen Bereichen immer mitgedacht werden: Was macht uns stärker? Was macht uns schwächer? Nach der Rede zur Zeitenwende wurde das in dieser Bundesregierung leider viel zu schnell vergessen.

Es fängt schon bei der Kommunikation an. Wenn wir gesellschaftlichen Zusammenhalt, gesellschaftliche Stärke wollen, dann brauchen wir eine Regierung, die auch erklärt. Ein wortkarger Kanzler wird dieser Herausforderung schon mal nicht gerecht.

Wenn wir es umfassend betrachten, dann müssen wir uns auch ehrlich machen. Wir können nicht gleichzeitig das maximal teuerste Sozialsystem haben, den maximal teuersten Pfad beim Klimaschutz beschreiten, eine schrumpfende Wirtschaft in Kauf nehmen, aber glauben, wir könnten zugleich ausreichend in unsere Sicherheit investieren. Das wird nicht funktionieren, meine Damen und Herren.

Dabei geht es nicht um das Ausspielen unterschiedlicher Gruppen – wir wollen ja keinen Kahlschlag; selbstverständlich wollen auch wir Entwicklungszusammenarbeit –, es geht um Abwägung, um Prioritätensetzung.

Wir nennen das politische Führung. Hier versagen diese Regierung und die Koalition in diesem Haus völlig.

Aus der SPD hören wir: Rente gegen Rüstung. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Ihre Fraktion hat hier völlig den Kompass verloren.

Stärke ausstrahlen auf allen Ebenen heißt auch, überlegene Technologien im Köcher zu haben. Wir brauchen Ideen und Innovationen. Start-ups im Verteidigungsbereich haben aber immer noch Schwierigkeiten, an Finanzierungen zu kommen. Wir brauchen endlich einen Schnitt bei den Taxonomie-Regeln. Und auch die Zivilklauseln an den Universitäten müssen endlich weg.

Wir haben keine Zeit mehr. Die Zeitenwende ist zur Zeitlupenwende verkümmert.

Und ja, ich wünsche mir bei den großen Fragen mehr Einigkeit in diesem Haus. Sicherheit ist eine umfassende Anforderung an die Politik. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass erst einmal Einigkeit in der Regierung, in der Regierungskoalition sichtbar wird. Dann können wir uns auf die wichtigen, auf die großen Fragen konzentrieren, wie wir sie hier in unserem Antrag beschrieben haben.

Unterstützen Sie unseren Antrag, damit wir umfassend an unserer Sicherheit arbeiten können.

Diese Regierung, diese Koalition macht Deutschland jeden Tag ein Stück unsicherer.

Herzlichen Dank.

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