In seiner aktuellen Rede im Deutschen Bundestag betont Staatsminister Florian Hahn die anhaltende Bedeutung des deutschen Engagements im Kosovo. Trotz mehr als 25 Jahren Bundeswehreinsatz bleibe die Lage vor Ort fragil – und gerade deshalb sei eine kontinuierliche sicherheitspolitische Unterstützung notwendig. Der KFOR-Einsatz sei nicht nur Ausdruck europäischer Verantwortung, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Stabilität in einer Region, die für die Sicherheit Europas von zentraler Bedeutung ist.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im letzten Herbst explodierte im Norden Kosovos ein Sprengsatz – ein Anschlag auf einen Wasserkanal, der zwei wichtige Kohlekraftwerke versorgt. Der Anschlag drohte die Energieversorgung von Tausenden Menschen zu gefährden.

Der Vorfall reiht sich in gewaltsame Eskalationen aus dem Jahr 2023 ein. Vorfälle wie diese wecken Erinnerungen an die Zeit vor mehr als 25 Jahren, als Gewalt und Zerstörung auf dem Westbalkan vorherrschten. Und er zeigt uns etwas, das in Deutschland oft unterschätzt wird: Die Lage im Kosovo ist nach wie vor fragil und gefährlich – mitten in einer Region, die noch immer in vielen gesellschaftlichen Bereichen von Spaltung und den Konflikten der Vergangenheit geprägt ist, einer Region, in der Russland gezielt versucht – insbesondere in den letzten drei Jahren –, seinen Einfluss auszubauen und Europa zu spalten. Dem stellen wir uns mit unserem sicherheitspolitischen Engagement im Rahmen von NATO und Europäischer Union mit unseren Alliierten, mit unseren Partnern entgegen.

Dieses Engagement ist grundlegend für die Stabilität der gesamten Region.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten daher heute über den am längsten andauernden Auslandseinsatz der Bundeswehr. Seit über 25 Jahren sind deutsche Soldatinnen und Soldaten in Kosovo präsent, um den dortigen Friedensprozess zu unterstützen. Und es ist klar, dieser Fakt wirft bei manchen Fragen auf: Wenn die Lage nach über 25 Jahren immer noch so schwierig ist, sind wir dann nicht gescheitert? Und warum lassen wir es dann nicht einfach? – Diese Fragen sind berechtigt, und auch innerhalb der Truppe werden sie gestellt. Es ist auch die Aufgabe des Parlaments, die Notwendigkeit und die Ziele eines solchen Einsatzes immer wieder zu hinterfragen. Deshalb möchte ich klar sagen: Gerade weil die Lage in Kosovo weiter so volatil ist, bleibt unser Engagement notwendig.

Mehrere Zehntausend deutsche Soldatinnen und Soldaten haben in Kosovo in über 25 Jahren einen wichtigen und erfolgreichen Dienst getan. Sie haben dazu beigetragen, einen erneuten Ausbruch kriegerischer Gewalt zu verhindern und das Umfeld sicherer zu machen. Diesen notwendigen militärischen Auftrag erfüllt der KFOR- Einsatz und erfüllen unsere Soldatinnen und Soldaten weiterhin. Sie haben es in diesen Jahren durch ihren Einsatz erreicht, dass der KFOR-Einsatz von allen Seiten hohe Akzeptanz erfährt und befürwortet wird. Für diesen großen und erfolgreichen Einsatz möchte ich ihnen an dieser Stelle einmal ein ganz herzliches Vergelts Gott sagen.

Meine Damen und Herren, was wäre es für ein Signal, wenn wir uns als größtes Land der Europäischen Union davon zurückziehen würden? Es liegt in unserem nationalen Kerninteresse, dass in unserer Nachbarschaft Frieden und Stabilität herrschen; denn europäische Sicherheit ist nur denkbar mit Stabilität auf dem Westbalkan. Deshalb übernehmen wir Verantwortung – gemeinsam mit unseren Alliierten und mit unseren Partnern. Dabei ist mir wichtig, dass sich dieser Einsatz in eine europäische Gesamtstrategie einordnet, eine Gesamtstrategie für Stabilität auf dem Westbalkan, die auch unsere Sicherheit schützt und unseren geopolitischen Interessen dient. Zu dieser Strategie gehören Missionen wie die Rechtsstaatsmission EULEX der EU, bei der Polizisten, Richter und Zollbeamte den Kosovo beim Aufbau von Justiz, Polizei und Verwaltung unterstützen. Dazu gehört vor allem aber auch unsere politische Unterstützung für den EU-geführten Dialog zwischen Kosovo und Serbien und hier für den neuen EU-Sonderbeauftragten Peter Sørensen.

Das Ohrid-Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen, das die EU 2023 auch maßgeblich mit deutsch- französischer Unterstützung vermittelt hat, sieht klare Pflichten und Zusagen beider Seiten vor. Die Menschen auf beiden Seiten der Grenze erwarten zu Recht, dass die Vereinbarungen jetzt umgesetzt werden. Dies hat sich Peter Sørensen zum Ziel gesetzt, und das unterstützen wir mit voller Kraft. Denn nur mit Dialog können wir die Voraussetzung dafür schaffen, dass Kosovo und Serbien auf dem Weg in die Europäische Union vorankommen.

Lassen Sie mich klar sagen: Auf diesem Weg unterstützen wir alle sechs Staaten des westlichen Balkans – neben Kosovo und Serbien auch Nordmazedonien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Albanien. Die Länder des Westbalkans gehören in die EU. Aber der Wille zur notwendigen Veränderung muss von den Ländern, seinen Bürgern und den politischen Verantwortlichen selbst kommen. Wenn dieser Wille da ist, dann können die Staaten darauf zählen, dass wir an ihrer Seite stehen; denn für uns als Bundesregierung ist klar: Der Westbalkan ist eine Schlüsselregion für Stabilität und Sicherheit in Europa.

Und ein Baustein aus unserer Gesamtstrategie für den Westbalkan ist der Einsatz deutscher Soldatinnen und Soldaten in Kosovo. Ich bitte Sie deshalb schon heute um Ihre Zustimmung zur Verlängerung des Mandats für den KFOR-Einsatz.

Herzlichen Dank.

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