Redeauszug des Bundestagsabgeordneten Stephan Pilsinger in der Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag zum zunehmenden Medikamentenmangel am 15.6.202:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 

„Wir sind viele, wir sind laut, weil er uns die Kohle klaut ...“ Das haben gestern Tausende von Apothekern bei ihrer großen Demonstration vor dem Bundesgesundheitsministerium skandiert, um auf ihre prekäre Lage aufmerksam zu machen.

Der Minister war ja sogar anwesend. Aber anstatt herunterzukommen, mit den Apothekern zu reden oder ihnen zuzuhören, hat er sich lieber mal wieder in seinem Ministerium verschanzt, hat sich aufs Dach gestellt oder vom obersten Stockwerk heruntergeschaut, ein Foto geschossen und hämisch kommentiert, dass die Apotheker zu Demonstrationen kommen. Ich sage Ihnen: Schöner kann man seinen eigenen Politikstil nicht selbst demaskieren. 

Man hat bei Gesundheitsminister Karl Lauterbach manchmal das Gefühl: Ein Karl Lauterbach hört nur auf seinen eigenen Rat. Dabei haben Sie das Apothekenproblem immer weiter verschärft. Die Problematiken sind ja schon seit Längerem bekannt. Wir haben ein massives Apothekensterben; es sind so wenige Apotheken wie seit 40 Jahren nicht mehr. In den letzten zehn Jahren sind über 3 000 Apotheken geschlossen worden, die der Versorgung unwiederbringlich verloren gehen. Durch Ihr GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vom letzten Jahr haben Sie den Apothekenabschlag noch einmal erhöht. Das betrifft jede Apotheke mit ungefähr 600 Euro im Monat. Also, Sie entziehen den Apotheken noch zusätzlich Geld, was sie brauchen würden, um die Apotheken am Laufen zu halten. 
Ich denke, wir müssen endlich wieder in die Vorhand kommen. Jetzt hat Frau Stamm-Fibich gesagt und auch andere Ampelkollegen haben durchklingen lassen: Die Union nörgelt nur herum und macht selbst keine guten Vorschläge. 

Deswegen haben wir als konstruktive Serviceopposition hier ein paar gute Vorschläge für Sie, wie Sie den Apotheken helfen können: 

Erstens. Sorgen Sie dafür, dass die Nullretaxation endlich abgeschafft wird. – Bisher steht davon nichts im Gesetz. Sorgen Sie dafür! Es kann doch nicht sein, dass die Apotheken das Risiko für einzelne Fehler auf dem Rezept tragen und voll dafür haften. 

Zweitens. Sorgen Sie für eine angemessene Honorierung der enormen Leistung, die die Apotheken bei Lieferengpässen erbringen. Teilweise telefonieren sie alle benachbarten Apotheken ab, um dafür zu sorgen, dass die Patienten die Medikamente, die bei ihnen nicht vorrätig sind, bekommen. Dafür bekommen sie pro Fall nur 50 Cent. Das ist viel zu wenig für diese wichtige Aufgabe. Tun Sie bitte endlich was dagegen! Und sorgen Sie bitte für eine Erhöhung des Fixums. Die Apotheken bekommen pro Rezept 8,35 Euro, obwohl Inflation und Kostensteigerungen ihnen massive Probleme bereiten. Das Fixum muss man endlich auf mindestens 10 Euro erhöhen, und man muss es dauerhaft an die Realkosten anpassen. Es kann doch nicht sein, dass die Apotheken angesichts der steigenden Kosten nicht entlastet werden. Da muss endlich was getan werden, genauso wie endlich die Bürokratie reduziert werden sollte. 

Hier ist angeklungen – ich glaube, der Herr Dahmen hat es gesagt –, dass wir zu wenig Geld dafür hätten. Und die FDP sagt dazu: Zusätzliches Geld gibt es nicht vom Lindner. – Wir haben einen Finanzierungsvorschlag, um das Problem zu lösen: Wie wäre es, wenn Sie auf die sinnlosen Kioske, die Sie geplant haben, verzichten würden? Wie wäre es, wenn der Herr Minister die 1 Milliarde Euro, die Sie dafür eingeplant haben, nutzen würde, um den Apothekern, die in ihrer Existenz bedroht sind, gerade in den unterversorgten Gebieten, zu helfen und sie vor dem Bankrott zu retten?

Viele Menschen sagen: Der Lauterbach beschäftigt sich nur mit irgendwelchen Nebensächlichkeiten; die wirklich wichtigen Dinge lässt er liegen. – Deswegen: Kämpfen Sie dafür, dass die Apotheken nicht weiter kaputtgespart werden. Das wäre jetzt wichtig. 

Vielen Dank.
 

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