Redeauszug der Bundestagsabgeordneten Martina Englhardt-Kopf in der Bundestagsdebatte zur Güterverkehrs- und Logistikbranche am 5.7.2023:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Auch für uns als Union steht fest: Die Güter- und Transportbranche ist systemrelevant. Wir haben in den vergangenen Monaten viel diskutiert. Ich freue mich besonders, dass unser Antrag vom Oktober 2022 heute endlich auf die Tagesordnung gesetzt wurde; wir hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben. Es gibt viele drängende Probleme, die mein Vorredner, Herr Sauter, auch treffend beschrieben hat. Wenn ein Antrag so lange liegt, ist klar, dass einige Punkte daraus nicht mehr aktuell sind. Aber es gibt aktuell viele brennende, neue Themen, die die Branche belasten werden. Ich spreche von der geplanten Novelle zur Lkw-Maut.
Mit dem Kabinettsbeschluss zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften haben Sie endlich Ihr Konzept für die große Reform der Lkw-Maut vorgelegt. Es war von Anfang an klar, dass die Maut mit der Einführung einer neuen CO2-Komponente steigen wird. Aber Sie packen jetzt für die schon durchaus belastete Branche den Vorschlaghammer aus und wollen die Maut mit dem europarechtlich maximal möglichen CO2-Aufschlag verdoppeln – verdoppeln, meine sehr geehrten Damen und Herren! –, und dass in dieser Zeit, und es ist völlig unklar, wer die Mehrkosten tragen wird.
Es werden die Verbraucherinnen und Verbraucher am Supermarktregal sein; teilweise werden sie aber auch bei den Unternehmerinnen und Unternehmern, insbesondere den kleineren und Mittelständlern, hängen bleiben. Das ist einfach ein Fakt an dieser Stelle, den wir so nicht mittragen werden, und das prangern wir heute auch deutlich an.
Infrastruktur für E-LKW fehlt
Auch klimapolitisch können Sie diesen Schritt nicht rechtfertigen; denn die Transportunternehmen haben keine ökonomische Alternative, um den höheren Kosten durch die CO2-Komponente zu entgehen. Die CO2-Maut wird also erst mal nicht zu weniger CO2-Ausstoß im Güterkraftverkehr führen. Sie wollen ausschließlich elektrisch angetriebene Lkw von der Maut befreien. Wir reden hier von Fahrzeugen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die etwa dreimal so viel kosten wie vergleichbare Diesel-Lkw, für die es aber keine Ladesäulen und kein flächendeckendes Ladenetz in Deutschland gibt.
Auch das ist Fakt. Laut Herstellern und Verbänden wird es noch einige Jahre dauern, um diese Infrastruktur aufzubauen. Aufgrund dessen wird die Lenkungswirkung, mit der Sie diese Mauterhöhung begründen, völlig verfehlt.
Zudem gäbe es aus unserer Sicht natürlich auch noch Biokraftstoffe wie HVO und Bio-LNG; das ist alles bereits vorhanden. Damit könnte die Branche übergangsweise deutlich weniger CO2 emittieren. Auch diese Technologien sind nicht vorgesehen. Das ist völlig unklar. Wir fordern an dieser Stelle eine echte Technologieoffenheit, damit wir hier entsprechend den Unternehmerinnen und Unternehmern unter die Arme greifen.
Ich weiß, dass das europarechtlich schwer umzusetzen ist. Aber wir hätten letztendlich auch Möglichkeiten im Bereich der Energiebesteuerung, um hier wirklich einen klimaneutralen und offenen Ansatz zu fahren. Das wäre ein praktischer und umsetzbarer Lösungsvorschlag, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Insgesamt bedeutet diese Novelle zur Lkw-Maut, so wie sie aktuell vorliegt, in erster Linie eine Mehrbelastung für die Bürgerinnen und Bürger und für die Unternehmerinnen und Unternehmer – Wirkung gänzlich verfehlt, das Ganze geplant ab März 2024. Das ist wirklich ernüchternd für die Branche, aber auch für die Verbraucher.
Bezogen auf die Mehreinnahmen, die Sie mit der Lkw- Maut generieren möchten, komme ich zu den vielen notwendigen Zielen, die auch mein Vorredner genannt hat, bei denen wir größtenteils übereinstimmen und die sich im Antrag heute hier auch wiederfinden. Die Auflösung des Finanzierungskreislaufs der Nutzerfinanzierung betrifft das nicht. Sie haben ja eben darüber gesprochen, was alles notwendig ist, nämlich Aus- und Neubau von Lkw-Parkplätzen sowie Ausbau der Infrastruktur und der sanitären Einrichtungen, um bessere Rahmenbedingungen für diese so bedeutende, systemrelevante Branche zu schaffen. Aber die Frage an dieser Stelle ist: Wie wollen Sie denn die Vorschläge aus Ihrem Antrag umsetzen, wenn Sie die Einnahmen aus der Lkw-Maut größtenteils aus dem Bereich Straße rausziehen und auf die Schiene umleiten oder gegebenenfalls noch ganz andere Bereiche damit finanzieren möchten, was in der Presse gegenwärtig immer wieder kursiert? Also, die Umsetzung in der Praxis ist äußerst fragwürdig, die Theorie begrüßenswert. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann nicht sein. Sie machen sich damit unglaubwürdig.
Konzept der Lkw-Maut überdenken
Wenn Sie der Branche ernsthaft helfen wollen, dann stimmen Sie heute für unseren Antrag. Überdenken Sie das Konzept der Lkw-Maut! Sorgen Sie für eine nachhaltige Finanzierung all der in Ihrem Antrag genannten Ziele, um die Infrastruktur für die Transport- und Logistikbranche zu verbessern! Und spielen Sie nicht ständig einzelne Verkehrsträger gegeneinander aus! Wir brauchen alle an dieser Stelle; das zeigen die Verkehrsprognosen, die vom BMDV vorgelegt wurden.
Herzlichen Dank.