Redebeitrag zur Nachhaltigkeit im Bereich Entwicklung und internationale Zusammenarbeit

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Kofi in seinem ghanaischen Dorf weit nördlich von Accra zu reden darüber, wie er sich ein besseres Leben vorstellt, ist so ein bisschen wie das Durchgehen der SDGs, der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen:

Er will keine Armut – Ziel 1 –, keine Hungersnot – Ziel 2 –, gute Gesundheitsversorgung – Ziel 3 –, hochwertige Bildung – Ziel 4 –, sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen – Ziel 6. Er will aber auch nicht abhängig sein von der Hilfe anderer. Er will sich das selber verdienen; er will einen Job – SDG 8.

Und er ist damit in seinem Land auch noch nicht einmal allein. Die Vision des ghanaischen Präsidenten ist: „Ghana Beyond Aid“. Dafür werden Investitionen gebraucht, Jobs werden gebraucht, Infrastruktur wird gebraucht, Innovationen und Investitionen; auch das wird in den SDGs abgebildet. Nachhaltig soll das natürlich sein, sich selbst tragend, also langfristig ausgeglichen; nicht mehr verbrauchen, als verfügbar ist.

Das gilt in mehrerer Hinsicht. Das gilt für die natürlichen Ressourcen; auch das wird durch mehrere dieser UN-Ziele untermauert. Das gilt aber auch für die Finanzen. Gut, dass wir in Deutschland in den letzten Jahren finanziell nachhaltig gearbeitet haben! Das gibt uns jetzt die Möglichkeit, sowohl in unserem eigenen Land die richtigen Antworten auf die Coronakrise zu finden wie auch richtig viel Solidarität mit vielen, vielen anderen Ländern in der Welt üben zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

All das ist für Samira nur wenige 100 Kilometer nördlich von Kofi im Osten von Burkina Faso völlig unerreichbar. Ihre Schule, vielleicht früher mal von Deutschland finanziert, ist geschlossen, wie viele Hundert andere Schulen auch, weil IS-Terroristen nicht wollen, dass Mädchen in die Schule gehen, weil sie nicht wollen, dass SDG 5 gilt.

„Frieden und Gerechtigkeit“, also das UN-Ziel 16, wird am Beispiel von Samira auch noch einmal ganz besonders krass deutlich. Vernetzte Sicherheit muss im Sinne von Nachhaltigkeit auch unser Anliegen sein. Entwicklung und Sicherheit sind gerade in der Sahelzone zwei Seiten einer Medaille.

Wenn wir jetzt darüber nachdenken und dabei mithelfen, Perspektiven für Kofi und für Samira zu schaffen, dann ist das zweierlei: Dann ist das einerseits für uns ein ethisches Gebot, auch ein Stück weit christliche Verpflichtung. Dann ist es andererseits aber auch gleichzeitig in unserem praktischen Interesse; denn wenn es nicht gelingt, dort erfolgreich zu sein, dann wird unsere Welt immer instabiler, dann werden am Ende auch wir unseren Wohlstand, unsere Freiheit und unsere Sicherheit verlieren. Das können wir nicht wollen. Sowohl ethisch als auch aus unserem praktischen Interesse ist es richtig, dass wir etwas tun.

Das klingt erst mal nach großen Worten. Üblicherweise wird hier auch das, was man für Prioritäten hält, finanziell untermauert. Die Kollegin Claudia Roth hat da – wahrscheinlich aus Zeitmangel – eben vergessen, der Regierung und der jetzigen Mehrheit zu danken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Gerd Müller zu danken! Das ist ein Unterschied!)

Das ergibt sich, wenn man sich anguckt, wie sich die Zahlen entwickelt haben: 2004, zum Ende der Zeit, zu der die Grünen selber noch in der Regierung waren, umfasste der Haushalt des BMZ 3,7 Milliarden Euro; die ODA-Quote lag bei 0,28 Prozent. Das war so zum Ende der grünen Regierungsbeteiligung. Heute umfasst der Haushalt 12,4 Milliarden Euro; die ODA-Quote liegt bei rund 0,7 Prozent. Ich sage ja: Es lag sicherlich ausschließlich am Zeitmangel, weshalb Claudia Roth nicht auf diesen Sachverhalt hingewiesen und nicht auch ein bisschen der heutigen Regierung gedankt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie geben mir nächstes Mal was von der Zeit ab! – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben als Opposition immer gegen eine Erhöhung gestimmt! Vergessen Sie das nicht!)

Wir machen damit deutlich, wo unsere Prioritäten sind, und zwar nicht nur verbal, sondern einfach mit Fakten. Ich finde, faktenorientiert zu argumentieren, ist besser, als nur mit Worten.

Dieses Geld wird einerseits für Nothilfe ausgegeben; auch das sichert Stabilität. Wir haben gestern im AwZ David Beasley zu Gast gehabt. Er hat uns darüber berichtet, wie denn die 1 Milliarde Euro, die Deutschland beiträgt, sinnvollerweise ausgegeben wird. Auf der anderen Seite geht es darum, Investitionen in Compact-with-Africa-Ländern zu erhöhen, zu helfen, die richtigen Anreize für mehr Investitionen zu schaffen, also wirklich um Nachhaltigkeit im kompletten Sinne.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Zum Beispiel mit dem Lieferkettengesetz!)

Genau das wird gebraucht. Denn – das ist mein Traum – die Vision des ghanaischen Präsidenten sollte sich nicht auf Ghana beschränken. Wir brauchen die Vision „Africa Beyond Aid“.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Druckversion