Rede zur Entbürokratisierung des Wohnungsbaus

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stellen wir uns einmal vor, dass alle an einem Bau Beteiligten mit einem einzigen kleinen Werkzeugkasten auskommen sollten. Das wird für Dachdecker, Maurer und Elektriker verdammt schwierig. Doch genauso wie bei dem kleinen Werkzeugkasten verhält es sich mit dem Antrag der FDP: Die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt, vor denen wir stehen – wir haben sie von meinen Vorrednern gehört –, sind nicht mit einem einzigen Lösungsansatz zu bewältigen. Das hat auch Herr Föst zugegeben. Da, denke ich, haben wir einen guten Mitstreiter für unseren Koalitionsvertrag.

Klar ist aber auch: In den vergangenen Jahren gab es viel Bürokratie und viele Anforderungen, die das Bauen erschwert haben. Vielleicht waren es zu viele; die energetischen Anforderungen sind genannt worden. Allein die zusätzlichen Vorgaben von Bund, Ländern und Kommunen machen ein Drittel der Kostensteigerungen seit dem Jahr 2000 aus. Ich nenne nur die Mantelverordnung und das Stichwort „Entsorgung von Oberboden“. Das ist nicht optimal; da muss ich der FDP recht geben.

(Beifall des Abg. Daniel Föst [FDP])

Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir nicht noch mehr bürokratische Bauhindernisse schaffen und die Planung sowie den Bau durch ein Gesetzespaket sogar beschleunigen möchten; damit erfüllen wir bereits eine Forderung aus dem Antrag der FDP. Wir prüfen weiterhin, inwieweit durch die Abschaffung und die Optimierung von Gesetzen, Vorschriften, Verordnungen und Normen Kosten gesenkt werden können. Das kommt jedem zugute: sowohl demjenigen, der Wohneigentum erwerben will, als auch demjenigen, der Mietwohnungen bauen will, und natürlich auch den Genossenschaften.

Was aber würde uns die Entbürokratisierung bringen? Sie macht das Bauen billiger und einfacher. Sie erhöht damit die Wahrscheinlichkeit, dass mehr und schneller gebaut wird und der Druck auf dem Wohnungsmarkt sinkt. Bei der jetzigen Baukonjunktur – Handwerker, Bauunternehmer und Planer sind voll ausgebucht – hilft uns das allerdings nur bedingt, die Kosten zu senken. Auch das gehört mit zur Wahrheit.

Die Bauwirtschaft arbeitet bereits auf Hochtouren. Das merkt momentan jeder, der ein Haus bauen will oder einen Handwerker braucht. Auch den sozialen Wohnungsbau und den Bau bezahlbarer Mietwohnungen wird man mit den Vorschlägen der FDP nicht entscheidend befördern können. Aber genau in diesem Segment ist der Bedarf am höchsten. In Deutschland braucht es nicht einfach nur mehr Wohnungen. Wir brauchen die Wohnungen dort, wo der Bedarf am größten ist, und wir brauchen Wohnungen, die sich die Menschen leisten können. Umso wichtiger sind die geplanten Maßnahmen zur Eigentumsförderung wie das Baukindergeld oder das Bürgschaftsprogramm. Herr Kühn, ich kann Sie beruhigen: Es gibt beim Baukindergeld eine Obergrenze, was das Einkommen betrifft. Somit erreichen wir sehr viele Familien in diesem Bereich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Wohnungsmangel in den 90er-Jahren wurde größtenteils dadurch bekämpft, dass neues Bauland geschaffen wurde, und zwar in Regionen, in denen Bauland verfügbar war. Das ist heute anders. Denn der Bedarf ist heute dort am größten, wo Bauland am knappsten ist: in den Ballungsräumen und in den Speckgürteln. Es braucht also neue Ideen. Dazu gehören neben den genannten Punkten und der Baulandaktivierung eine Städtebauförderung für Kommunen für eine nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum, Aufstockungen, Wohnraum­aktivierungen und andere Arten der Nachverdichtung, intelligente Lösungen beim ÖPNV, beim öffentlichen Personennahverkehr, sind innovative Methoden in der Planung – ich nenne BIM –, um die Bauprozesse zu verbessern und kostengünstig und effektiver zu gestalten, eine Überprüfung von Normen auf ihren Nutzen und deren Reduzierung auf den erforderlichen Umfang – ich denke, es gibt mehrere Baunormen, die man sich anschauen kann – sowie eine anwenderorientierte Weiterentwicklung der VOB.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nötig ist jedenfalls ein differenzierterer Blick auf den Wohnungsmarkt, wodurch die lokalen Unterschiede erkannt und in die Lösungen eingebunden werden. Entbürokratisierung und Kostensenkung hören sich gut an; sie sind aber keine ausreichende Grundlage für erschwinglichen Wohnraum.

Elektriker, Dachdecker und Maurer, jeder braucht sein ganz eigenes Werkzeug. So braucht es auch für die Lösung wohnungspolitischer Probleme ein Bündel an Maßnahmen. Wir brauchen also mindestens eine Werkstatt an Maßnahmen, um unser Versprechen einzulösen, in dieser Wahlperiode 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen.

Wir werden dazu in diesem Jahr – das haben wir schon genannt – einen Wohnungsgipfel veranstalten, auf dem Bund, Länder, Gemeinden, Bau- und Immobilienwirtschaft verbindliche Eckpunkte eines Gesetzespaketes zur Wohnraumoffensive vereinbaren. Genauso wie die Gewerke beim Hausbau koordiniert werden müssen, müssen auch die einzelnen politischen Maßnahmen koordiniert werden; denn, liebe FDP, wenn die Wände nicht stehen, kann man auch noch nicht verputzen.

Lassen Sie uns im Ausschuss gemeinsam darüber beraten, wie wir bauen und Wohnraum schaffen können.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Druckversion