Rede zur Zunahme von Spielhallen
- Drs 17/4201 -
In etwa 8 000 Spielstätten sowie in rund 60 000 Gaststätten, Beherbergungsbetrieben und bei konzessionierten Buchmachern sind nahezu 400 000 münzbetätigte Unterhaltungsautomaten mit und ohne Geldgewinnmöglichkeit aufgestellt. Ich glaube, unter uns ist niemand, dem sie nicht schon längst aufgefallen sind, die zunehmende Zahl der Spielhallen, die in Städten, Gemeinden und Dörfern fast wie Pilze aus dem Boden wachsen. Über diese wollen wir heute sprechen.
Manchmal hat man den Eindruck, dass ganze Straßenzeilen in bestimmten Gegenden fast ausschließlich aus solchen Spielhallen und Glückstempeln bestehen, die zwar verdunkelte Fenster haben, sodass man nicht hineinsehen kann, aber die dafür umso bunter mit Leuchtreklame oder überdimensionierten Schriftzügen auf sich aufmerksam machen. Nicht nur mir sind sie ein Dorn im Auge; aber leider werden offenbar immer mehr von ihnen eröffnet und immer häufiger Konzessionen für Mehrfachspielhallen und Spiele-Center vergeben. Man kann das Phänomen ein wenig mit Graffiti vergleichen, das zunächst an einer Hauswand prangt und dann einen Nachfolgeeffekt auslöst. Wenn dann schließlich eine ganze Straßenzeile „zugesprayt“ ist, hat sich längst die Attraktivität der Straße verändert, Mieter und Geschäftsinhaber fühlen sich nicht mehr wohl, und letztendlich sinkt der Wohnwert der ganzen Gegend, was sich, wenn man nichts dagegen macht, sogar auf den Mietspiegel auswirken kann. Ähnlich verhält es sich in Gegenden mit zahlreichen Spielhallen.
Was kann man gegen diese Flut tun? Die Spielhallen sind kein Gewerbe, das man sich als Nachbar oder Mieter eines Hauses unbedingt wünschen würde. Es ist leider richtig, dass Städte und Gemeinden nach der bestehenden Rechtslage immer wieder Spielhallen genehmigen müssen, wenn die bau- und gewerberechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Spielhallen sind nach der Baunutzungsverordnung, BauNVO, sogenannte Vergnügungsstätten. Diese sind in Reinen und Allgemeinen Wohngebieten unzulässig – §§ 3 und 4 BauNVO –, in Besonderen Wohngebieten – § 4 a BauNVO –, Mischgebieten – § 6 BauNVO – und Kerngebieten – § 7 BauNVO – sind sie hingegen uneingeschränkt bzw. mit gewissen Einschränkungen zulässig. Besonders im ungeplanten Innenbereich haben die Gemeinden kaum die Möglichkeit, die Ansiedlung einer Spielhalle zu unterbinden. Dies kann bedauerlicherweise auch dann nicht verhindert werden, wenn zum Beispiel die Nähe zu Schulen und anderen Jugendeinrichtungen vorliegt, was ich für außerordentlich bedenklich halte.
Gerade in diesen Gegenden halten sich viele junge oder suchtgefährdete Personen auf, die dann möglicher-weise der Verlockung nicht widerstehen können, Geld zu gewinnen oder sich im Spiel mit anderen zu messen. Schnell kann man in eine Spirale der Abhängigkeit geraten. Deshalb halte ich es grundsätzlich für richtig, den Kommunen auch baurechtliche Instrumente für die Genehmigung oder Ablehnung von Spielhallen an die Hand zu geben; denn nicht nur der schlechte Ruf eilt diesen Vergnügungsstätten voraus, auch die Tatsachen, dass Spielsucht in Deutschland ein echtes Problem darstellt, spricht gegen sie.
Natürlich sind die Nutzer dieser Automatenspielhallen oft normale Menschen wie du und ich, die einfach gerne einmal den Kick eines Automatenspiels erleben möchten und die nicht gefährdet sind, spielsüchtig zu werden. Dennoch: Das sogenannte pathologische Spielen ist ein eigenständiges psychiatrisches Krankheitsbild, das in den letzten Jahren immer öfter dokumentiert und behandelt wird. Insgesamt geht man von circa 100 000 krankhaften Spielern in Deutschland aus, was unter anderem aus einer Erhebung durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, BZgA, hervorgeht.
Jedoch verhehle ich nicht, dass neben dem Gesetzgeber und Behörden auch die Automatenwirtschaft hier hohe Verantwortung trägt und diese durchaus auch ernst nimmt. Die Branche zeigt den Willen und den Wunsch, Verantwortung zu übernehmen, was sie schon seit einigen Jahren erfolgreich durch Selbstbeschränkung als Qualitätsmerkmal verfolgt. So kämpft zum Beispiel der Verband der Automatenwirtschaft gegen die schwarzen Schafe in der eigenen Branche und verlangt von seinen Mitgliedern einen hohen Standard und Verantwortungsgefühl. Im Sinne des vorbeugenden Jugend-Medienschutzes wurde zum Beispiel von der deutschen Unterhaltungsautomatenwirtschaft die Automaten-Selbst-kontrolle, ASK, eingeführt. Intensive Mitarbeiterschulungen und vielfältige Informationen sollen das Auge der Mitarbeiter schulen und so dazu beitragen, exzessivem Spielverhalten entgegenzuwirken.
Gesetzgeberisches Handeln ist dennoch notwendig. Im Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung liegt die geplante Novelle des BauGB und der BauNVO in den letzten Zügen. Die Beratungen sind fast abgeschlossen, sodass wir im Bundestag diese dann bald in Gänze beraten können. Deshalb plädiere ich heute dafür, nicht Einzelpunkte dieser Novelle herauszugreifen, so richtig sie auch sein mögen. Eine allumfängliche Änderung halte ich für sinnvoll, zumal das Ministerium signalisiert hat, auch Regelungen zu Spielhallen in die Novelle aufgenommen zu haben. Meines Wissens ist eine entsprechenden Regelung vorgesehen. Wir sind also auf einem guten Weg.
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