Rede zur Erleichterung von Einbürgerungen

15.) Beratung Antrag DIE LINKE.

Ausgrenzung beenden - Einbürgerungen umfassend erleichtern
- Drs 17/2351 -

Sehr verehrte Frau Präsidentin!
Sehr verehrte Kolleginnen!
Sehr geehrte Kollegen!
 
Zunächst möchte ich die Gelegenheit nutzen – ich glaube, heute darf man das noch –, Ihnen, sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr herzlich zu Ihrem gestrigen Geburtstag zu gratulieren und Ihnen für die Zukunft alles Gute zu wünschen.
 
(Beifall)
 
Der Antrag der Linkspartei, den wir heute debattieren, ist sowohl integrationspolitisches als auch gesellschaftspolitisches Harakiri.
 
(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber Japanisch!)
 
Die Forderungen, die Sie stellen, sind völlig realitätsfern und weltfremd. Zu Ihrem Antrag fällt mir nur eines ein: alter Wein in neuen Schläuchen. Vor vier Jahren haben Sie exakt die gleichen Forderungen in einem ähnlichen Antrag gestellt; Sie haben lediglich die Begründung ausgewechselt. Am Forderungskatalog haben Sie nichts geändert. Ich muss ganz ehrlich sagen: Mir kommt der Antrag der Fraktion Die Linke vor wie das Ungeheuer von Loch Ness – in unregelmäßigen Abständen taucht er immer wieder auf. Aber ich bin zuversichtlich, dass Ihr Antrag das gleiche Schicksal wie das Ungeheuer von Loch Ness erfahren wird: Es ist nie Realität geworden.
 
Weil Sie immer behaupten, die Einbürgerungszahlen seien im Vergleich zu den 90er-Jahren dramatisch zurückgegangen, muss ich sagen: Sie verwechseln hier Äpfel mit Birnen. In den 90er-Jahren hat das Statistische Bundesamt sämtliche Spätaussiedler, die aus Kasachstan oder Russland zu uns gekommen sind, hinzugezählt. Deswegen kann man die Einbürgerungszahlen der 90er-Jahre nicht mit den Einbürgerungszahlen dieses Jahrzehnts vergleichen. Da besteht ein diametraler Unterschied.
 
Die Zahl der Einbürgerungen ist zurückgegangen; das ist ein Faktum.
 
(Sevim Daðdelen [DIE LINKE]: Was denn nun? Fakt oder nicht Fakt?)
 
Man kann sich natürlich darüber Gedanken machen, worauf dies zurückzuführen ist. Das mag vielleicht ganz profan daran liegen, dass viele derjenigen, die Anspruch auf eine Einbürgerung haben, schon längst eingebürgert sind. Es kann auch daran liegen – auch das gilt es zu bedenken –, dass viele derjenigen, die an sich anspruchsberechtigt sind, überhaupt kein Interesse daran haben, die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen.
 
(Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Das ist doch aber schlimm, oder?)
 
– Sehr verehrte Frau Kollegin Kolbe, Sie haben erwähnt, dass über 5 Millionen Ausländer seit mehr als acht Jahren in Deutschland leben. Schon nach dem heute geltenden Staatsangehörigkeitsrecht könnten diese sofort einen Antrag auf Einbürgerung stellen.
 
(Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Lesen Sie das Gesetz! – Frank Hofmann [Volkach] [SPD]: Reden Sie mal mit denen!)
 
Ich denke, man sollte sich eher die Frage stellen, weshalb diese über 5 Millionen Ausländerinnen und Ausländer kein Interesse daran haben, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen.
 
(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist interessant! – Sevim Daðdelen [DIE LINKE]: Sagen Sie mal, warum!)
 
Dem Antrag der Linksfraktion wohnt aus meiner Sicht – das ist ganz deutlich – der folgende Grundgedanke inne: Deutsche Staatsbürgerschaft! Wer hat noch nicht? Wer will noch mal? – Sie wollen die deutsche Staatsbürgerschaft auf dem Jahrmarkt feilbieten. Dies wird in keiner Weise dem Wert der deutschen Staatsangehörigkeit gerecht; denn sie ist ein hohes Gut.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
 
Ich bin sehr froh, dass wir es in der Großen Koalition geschafft haben, den Akt der Ausreichung der deutschen Staatsbürgerschaft zu heben. Viele Landratsämter und viele kreisfreie Städte veranstalten wunderschöne, sehr angemessene und sehr würdige Feierlichkeiten, in deren Rahmen die deutsche Staatsbürgerschaft erworben wird.
 
 (Rüdiger Veit [SPD]: Das ging doch vorher schon!)
 
Ich glaube, das ist ein schönes Zeichen, ein schönes Symbol für gelungene Integration.
 
(Sevim Daðdelen [DIE LINKE]: Symbolpolitik ist das!)
 
Eine weitere Fehlauffassung von Ihnen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Die Linke: Sie sind der Auffassung, dass das Ausreichen der deutschen Staatsbürgerschaft die Integration in die deutsche Gesellschaft erleichtert.
 
(Zuruf von der LINKEN: Natürlich! Was denn sonst?)
 
Das Gegenteil ist der Fall: Das Ausreichen der deutschen Staatsbürgerschaft kann nur am Ende eines erfolgreichen Integrationsprozesses stehen.
 
(Sevim Daðdelen [DIE LINKE]: Der Lagebericht von gestern widerspricht dem doch!)
 
Das ist der grundlegende Fehler, den Sie machen.
 
Die deutsche Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut, und es gilt, dies immer wieder klarzumachen. Die deutsche Staatsbürgerschaft ist mit Rechten verbunden, aber genauso auch mit Pflichten. Deswegen halten wir es für fatal, dass Sie den diametralen Wechsel vom Jus Sanguinis zum Jus Soli fordern. Sie fordern, dass jeder, der in Deutschland geboren wird und von dem nur ein Elternteil ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland hat, automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhält, unabhängig davon, wie gut und erfolgreich die Eltern in Deutschland integriert sind. Das ist ein großer Fehler.
 
(Sevim Daðdelen [DIE LINKE]: Das ist doch Sippenhaft!)
 
Ich kann daraus nur den Schluss ziehen, dass es Ihr einziges Bestreben ist, sich ein anderes Staatsvolk zu schaffen.
 
(Sevim Daðdelen [DIE LINKE]: Was für ein Rechtsverständnis haben Sie eigentlich, Herr Kollege?)
 
Sie wollen sich ganz bewusst ein neues, ein anderes Staatsvolk schaffen. Dazu sage ich ganz deutlich: Da machen wir nicht mit.
 
Die Sprach- und Orientierungskurse, die wir in der Zeit der Großen Koalition geschaffen haben, sind ein Erfolg. Insgesamt stehen in diesem Jahr 233 Millionen Euro dafür zur Verfügung. Fast eine viertel Milliarde Euro steht in diesem Jahr für Sprachkurse und Integrationskurse zur Verfügung.
 
(Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Das ist immer noch zu wenig!)
 
In den letzten fünf Jahren haben insgesamt ungefähr 500 000 Menschen mit Migrationshintergrund erfolgreich an diesen Sprach- und Orientierungskursen teilgenommen. Ich glaube, darauf können wir alle in Deutschland stolz sein. Das ist ein schönes Zeichen.
 
(Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: 15 Millionen fehlen in diesem Jahr!)
 
Ich sage auch ganz offen: Trotz aller Konsolidierungsbestrebungen und Sparnotwendigkeiten macht die christlich-liberale Koalition vollkommen klar, dass an diesem Punkt nicht gespart wird.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Daniela Kolbe [Leipzig] [SPD]: Das stimmt nicht!)
 
Wenn Sie in den Entwurf des Haushaltes für das Jahr 2011 blicken, der gestern vom Kabinett verabschiedet wurde, sehen Sie, dass dort wiederum 233 Millionen Euro für Sprach- und Orientierungskurse eingestellt sind.
 
(Sevim Daðdelen [DIE LINKE]: Linke Tasche, rechte Tasche!)
 
Das ist ein sehr ehrgeiziges und sehr mutiges Zeichen. Es wird an vielen Stellen – teilweise sehr leidvoll und mit unbequemen Einschnitten – gespart. Aber bei diesem wichtigen Punkt „Sprach- und Orientierungskurse“ wird nicht gespart. Ich glaube, das ist ein schönes Zeichen. Darauf kann die christlich-liberale Koalition stolz sein.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
 
Ein weiterer Erfolgsschlager sind meines Erachtens die Einbürgerungstests. Es ist schon erwähnt worden: Die Erfolgsquote liegt bei fast 99 Prozent. Ich halte es für außerordentlich subtil, wenn jetzt behauptet wird: Wenn 99 Prozent den Einbürgerungstest bestehen, dann brauchen wir ihn doch gar nicht. – Auch das ist eine Fehlauffassung, sehr geehrter Herr Kollege Winkler; denn es ist doch schön, wenn sich alle bemühen, nicht nur entsprechend Deutsch zu lernen, sondern sich auch mit der deutschen Geschichte, der deutschen Soziallehre und dem deutschen Staatsaufbau auseinanderzusetzen, um den Einbürgerungstest erfolgreich abzuschließen.
 
Dieser Einbürgerungstest schließt niemanden aus. Ganz im Gegenteil, er ist ein wichtiger Beitrag zur Integration. Deswegen kann ich Ihnen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Die Linke, nur zurufen: Stampfen Sie endlich diese Forderungen, stampfen Sie endlich dieses Ungeheuer von Loch Ness ein. Diese Forderungen umzusetzen, wäre schlecht für Deutschland und die in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer und schlecht für einen erfolgreichen Integrationsprozess.
 
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
 
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