In ihrer Rede zur Aktuellen Stunde spricht Dorothee Bär über die Chancen einer neuen Hightech Agenda für Deutschland. Im Mittelpunkt stehen Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz, Quantencomputing, Biotechnologie, Mikroelektronik, klimaneutrale Energie und Mobilität.

Mit dem Supercomputer JUPITER, einer neuen Generation von Forschungsvorhaben und einer engen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Start-ups und Mittelstand soll Deutschland wieder zu einem führenden Technologiestandort werden.

Die Botschaft: Innovation stärkt unsere Souveränität, schafft neue Möglichkeiten für Wirtschaft und Gesellschaft und weckt Lust auf Zukunft.

Frau Präsidentin, gestatten Sie mir, bevor ich mit meiner Rede zur Aktuellen Stunde beginne, noch ganz kurz meiner Freude Ausdruck zu verleihen, dass uns heute so viele Soldatinnen und Soldaten zuhören. Schön, dass Sie da sind, und ganz herzlichen Dank für Ihre großartige Arbeit für unser Land!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Ich durfte vergangenen Freitag gemeinsam mit dem Bundeskanzler in Jülich JUPITER in Betrieb nehmen, den schnellsten Supercomputer in Europa und den viert-schnellsten weltweit. Hinzu kommt: JUPITER ist Weltklasse – tatsächlich an Nummer eins –, und zwar ist er der energieeffizienteste unter den Top fünf. Was zeigt uns das? Das zeigt uns: Deutschland kann Weltklasse. JUPITER ist für die europäische KI-Infrastruktur so et-was wie eine neue Autobahn für den Verkehr. Damit wird man nicht nur als Einzelner viel schneller und komfortabler von A nach B kommen, sondern davon profitiert auch der gesamte Verkehr. JUPITER macht einzelne Anwendungen nicht nur schneller, sondern er hebt die KI noch mal auf ein ganz neues Level. Mit ihm ist zugleich der Grundstock für eine neue KI-Fabrik gelegt.

Und wir denken noch weiter. Wir wollen noch mehr. Momentan gibt es Planungen in der Europäischen Union für fünf KI-Gigafabriken. Mindestens eine davon muss nach Deutschland. Ich sage „mindestens“; denn es ist auch der Anspruch des Bundeskanzlers, eine nach Deutschland zu holen.

Allen, die jetzt sagen: „Ein JUPITER alleine macht noch keinen Hightechhimmel“, kann ich nur entgegnen: Ein Highlight jagt momentan das nächste. Nächste Woche findet beispielsweise der Spatenstich für das Berlin Centre for Gene and Cell Therapies statt. Das bedeutet: Forschen, Entwickeln, Herstellen, alles unter einem Dach. Start-ups können andocken. Hier entsteht die Zukunft der Medizin.

Was passiert noch? Der „Aktionsplan Fusion“ geht in Kürze in die Ressortabstimmung. Die Mikroelektronik- Strategie ist schon in der Ressortabstimmung. Beim Quantencomputing sind gerade zwei Start-up-Projekte bewilligt und diesen Monat an den Start gegangen. Unser Hardwarewettbewerb soll noch dieses Jahr folgen. Sie sehen: Die Hightech Agenda besteht nicht nur aus Worten, sondern auch aus Taten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Diese Taten führen uns raus aus dem Stillstand, hin zu Wettbewerbsfähigkeit, zu Wertschöpfung und – was in diesen Tagen ganz besonders wichtig ist – zu Souveränität. Wir bringen Deutschland voran, damit Deutschland wieder Top-Technologieland wird. Und das Schöne daran ist – ich weiß, dass es der ein oder andere an mancher Stelle noch nicht ganz glauben kann –: Das macht die Bundesregierung gemeinsam. Das sind einstimmige Beschlüsse. Alle Ressorts sind geeint. Wir sind dafür sehr gerne der Taktgeber und haben mit der Hightech Agenda vorgelegt.

Wir beginnen mit sechs Schlüsseltechnologien. Die Schlüsseltechnologien, mit denen wir starten wollen, sind die künstliche Intelligenz, Quantentechnologien, Mikroelektronik, Biotechnologie, Fusion und klimaneutrale Energie sowie klimaneutrale Mobilität. Und wie lautet unsere Mission diesbezüglich? Wir wollen wissen, was bis jetzt noch keiner weiß. Wir wollen können, was bislang auch noch keiner kann, und dann auch machen, was noch keiner macht.

Das gilt nicht nur für die Großindustrie, sondern das gilt beispielsweise auch für den Mittelstand. So wird aus unserer Forschungsstärke neue Wirtschaftsstärke. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Wir sind herausragend in der Grundlagenforschung; aber wir müssen – Stichwort „Transfer“ – noch eine Schippe drauflegen, damit wir – und so sind die meisten von uns aufgewachsen – dem Begriff „made in Germany“ seinen Glanz zurückgeben können.

Flankiert werden diese Schlüsseltechnologien durch besonders intensive Forschung und Entwicklung in fünf strategischen Forschungsfeldern. Das sind selbstverständlich die Luft- und Raumfahrt sowie die Gesundheitsforschung. Die Gesundheitsforschung liegt mir ganz besonders am Herzen; denn da kann man nicht nur für jede Einzelne und jeden Einzelnen etwas erreichen, sondern für die Gesellschaft als Ganzes. Darauf werden wir einen großen Schwerpunkt legen. Das sind aber auch die Sicherheits- und Verteidigungsforschung sowie die Meeres-, Klima- und Nachhaltigkeitsforschung. Aber – das dürfen wir nicht vergessen, auch wenn wir ein Hochtechnologieministerium sind – ich lege großen Wert da-rauf, dass wir uns auch um die Geistes- und Sozialwissenschaften kümmern.

Sie sehen: Es geht um die Raumfahrt, aber nicht nur. Wir greifen vielfach nach den Sternen in ganz unterschiedlichen Disziplinen. Damit haben wir unsere Zukunft selbst in der Hand und können unsere Zukunft selbst gestalten, ohne von anderen abhängig zu sein.

Die Menschen in unserem Land müssen wieder darauf vertrauen können, dass wir das schaffen. Sie müssen spüren, dass neue Technologien unser Leben auch erleichtern. Eigentlich darf man aus dem Ausschuss nichts verraten, aber gestern hat ein hochrangiger SPD-Kollege von der neuen Technologieoffenheit oder -freundlichkeit – ich übersetze es jetzt mal ein bisschen – als ein Verliebtsein in Technologien gesprochen. Das finde ich sehr schön. Er hat es nicht ganz so pathetisch ausgedrückt wie ich. Aber es ist auf jeden Fall schön, wenn man nicht nur keine Angst vor der Zukunft hat, sondern auch Lust hat, sie gemeinsam zu gestalten.
Und es geht ja nicht nur um Lebenserleichterungen, es geht nicht nur um das Schaffen von Wohlstand; vielmehr müssen sich die Menschen sicher fühlen und sehen, dass Hightech unser Land souverän und starkmacht.

Aber schafft eine Agenda das? Gestern habe ich aus der Opposition das Lob bekommen, dass wir das marketingtechnisch gut angelegt hätten. Darüber freue ich mich natürlich. Aber es geht ja nicht um das Marketing. Es braucht einen guten Rahmen, es braucht natürlich auch eine gute Verpackung. Aber ein bloßes Papier ist es natürlich nicht. Ich habe es am Anfang gesagt: Aufschreiben kann man viel. Aber wir sind auch schnell in die Umsetzung gegangen, und das nach gerade mal gut 120 Tagen. Der Prozess, den wir begonnen haben, kann uns weit tragen, vor allem, wenn er als Teamsport, als Gemeinschaftswerk begriffen wird. Dieser Prozess muss mit Leben erfüllt werden. Deswegen ist das Herzstück der Agenda die Technologie-Roadmap, die wir gemeinschaftlich mit der Wirtschaft, der Wissenschaft, den Ländern und auch auf europäischer Ebene erarbeiten, mit großen und kleinen Unternehmen, mit der Industrie, den KMUs. Im Herbst findet die große Auftaktveranstaltung statt.

Die Hightech Agenda soll auch eine Mitmach-Agenda sein. Sie soll aber auch klar gemonitort sein, damit die einzelnen Schritte nachgewiesen werden können und ein Haken dahinter gemacht werden kann. Ich finde es großartig, viele miteinzubinden. Wir brauchen eine neue Aufbruchsstimmung im Land. Überlassen wir das Land nicht den Miesmachern und Nörglern. Ich sage auch ganz offen, dass diejenigen, die die ganze Zeit immer nur alles schlechtreden, auch dafür sorgen, dass es uns nicht gut geht. In Deutschland wird derjenige, der vermeintlich die Last auf seinen Schultern trägt, immer wahnsinnig ernst genommen. Ich glaube nicht, dass solche Menschen unsere Probleme lösen können. Ich glaube an diejenigen, die Lust haben, Zukunft gemeinsam mitzugestalten.

Ich möchte Ihnen noch mal von der Veranstaltung am letzten Freitag berichten. Selten habe ich glücklichere Forscherinnen und Forscher erlebt als letzte Woche in Jülich. Es ist wunderbar, dass die Vorstandsvorsitzende Astrid Lambrecht sagt, dass JUPITER einen – Zitat – „gewaltigen Schub für die Forschung“ entfesseln wird. Wenn man bedenkt, dass Wissenschaftler nicht unbedingt zu überschwänglichem Lob neigen, dann muss man sagen, dass das schon ein Riesenkompliment gewesen ist. Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, lobt die Hightech Agenda und ihr erhebliches Wirkungspotenzial für den Standort Deutschland. Daran sieht man, dass auch die Wissenschaft merkt, dass die Politik wirklich handeln will, vor allem gemeinsam mit der Wissenschaft. Das ist großartig.

Nebenbei gibt es auch gute Neuigkeiten aus einzelnen Branchen, zum Beispiel von einem Start-up, das als Erstes den Auftrag von der Europäischen Raumfahrtagentur ESA erhalten hat, Raketenstarts durchzuführen – ein riesiger Durchbruch – oder von einem Start-up, das für Quantencomputing Rekordsummen einsammelt und sozusagen über Nacht zum Einhorn wird. Kürzlich stand in der Zeitung, dass Deutschland bei Patenten zur Quantencomputertechnologie auf Platz drei liegt, deutlich vor China, ganz knapp hinter Japan. Und im OECD-Bericht, der vorgestern erschien, steht, dass wir MINT-Weltmeister sind. Das ist auch ein unterschätzter Standortvorteil. All das motiviert.

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Bundesregierung hat im Mai sofort von null auf hundert los-gelegt. Es gab keine Schonfrist von 100 Tagen. Wir wollen, dass unser Land vorankommt: mehr Wettbewerbsfähigkeit, mehr Wertschöpfung, mehr Souveränität. Das ist der neue Spirit, auch im BMFTR, im BM „Future“.

Danke, dass Sie mithelfen.
 

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Bundestagsrede 15.05.2025