Dorothee Bär über Innovation, Forschung und neue Wege für Deutschland
In dieser motivierenden Rede spricht Bundesministerin Dorothee Bär über ihren Blick nach vorn: ein Deutschland, das auf Forschung, Technologie und Zusammenarbeit setzt – für mehr Lebensqualität, wirtschaftliche Stärke und echten Fortschritt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich glaube, Sie spüren genauso wie ich, wenn Sie in Ihren Wahlkreisen unterwegs sind, was sich die Menschen momentan sehr stark wünschen: dass es positiv vorangeht, dass wir näher an ihnen dran sind, dass wir vor allem ihren Alltag für sie besser gestalten. Und Sie spüren alle wie ich, dass dieses Land ganz dringend einen neuen Aufbruch braucht. Und dieses Land bekommt durch diese neue Bundesregierung einen ganz großartigen Aufbruch. Ich finde, das war in den ersten Tagen schon spürbar.
Die Bundesregierung hat von Tag eins an losgelegt – engagiert, mit frischem Wind, mit neuen Namen. Und damit meine ich nicht nur das Personal, sondern ich meine auch die Namen der unterschiedlichen Häuser. Man muss sich an der einen oder anderen Stelle vielleicht noch an neue Abkürzungen gewöhnen: BMFTR – das ist auch für eine Fränkin eine Herausforderung. Aber wenn man sich diese Abkürzung anschaut und dann zwischen die Konsonanten F – T – R kleine Vokale wie zwei Us und daneben noch zusätzlich ein E einfügt, stellt man fest: Das ergibt entweder für die Altphilologen unter uns „Futur“ oder für diejenigen, die des Englischen mächtig sind, „Future“. Also, wer sich die Abkürzung BMFTR nicht merken kann: Es ist das Zukunftsministerium dieser Bundesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Was gibt es Schöneres, als dafür zuständig sein zu dürfen? Ich jedenfalls gehe mit sehr viel Freude an die neuen Aufgaben – und das Haus tut es auch –, aber nicht als Selbstzweck, sondern, um Ministerin für knapp 84 Millionen Bürgerinnen und Bürger und – auch das möchte ich sagen, weil das mit Blick auf die anderen Themen vielleicht nicht selbstverständlich ist – den ländlichen Raum zu sein.
Ich werde noch genau erklären, warum das auch ganz viel mit dem ländlichen Raum zu tun hat.
Über einen wichtigen Konsonanten im Ministeriums-namen wurde schon sehr viel gesprochen: über das R, die Raumfahrt. Die Raumfahrt taucht jetzt im Namen des Ministeriums auf. Ich greife sie hier am Anfang ganz bewusst heraus, weil ich damit etwas Grundsätzliches klarmachen möchte, nämlich, um was es der neuen Bundesregierung geht. Zunächst einmal natürlich geht es natürlich darum, all das zu bündeln, was zusammengehört, die ganze Technologie- und Innovationspolitik in einer Hand, inklusive der Raumfahrt. Das erhöht die Schlagkraft und die Effizienz, setzt Kräfte frei. Aber warum heben wir die Raumfahrt besonders hervor? Nicht, weil es vermeintlich wahnsinnig cool klingt, weil sich der eine oder andere gerne in andere Galaxien oder fremde Welten beamt, sondern weil das Thema endlich Toppriorität haben muss, weil die Bedeutung immens ist und weltweit längst erkannt wurde. Das reicht von exakter Navigation bis hin zu unserer Sicherheit. Aber auch ganz viel, was wir tagtäglich nutzen, verdanken wir der Raumfahrtforschung, und da bin ich wieder beim ländlichen Raum; denn mir ist wichtig, dass wir uns hier in Berlin nicht in einem Raumschiff bewegen, sondern sagen, was das jeder Einzelnen und jedem Einzelnen vor Ort bringt. Jeder von Ihnen hat zu Hause irgendetwas, was aus der Raumfahrt kommt, vom Akkuschrauber über den Klettverschluss bis hin zum Strichcode, der an der Supermarktkasse gescannt wird. Und was mir besonders wichtig ist – wieder Stichwort „ländlicher Raum“ –: Ich wette mit Ihnen, dass viele der Kolleginnen und Kollegen hier im letzten, im vorletzten und auch in diesem Jahr wieder bei 150-Jahre-Feiern ihrer freiwilligen Feuerwehren vor Ort waren und sind, was wir alle gern machen. Die Luft- und Raumfahrt hat in der Tat auch die Entwicklung der dort verwendeten Materialien und Fasern dramatisch stimuliert. Ich nenne nur die feuerfesten Anzüge. Auch da machen wir viel für den ländlichen Raum, für das Ehrenamt, und das haben wir der Raumfahrt zu verdanken.
Wir werden in den nächsten Jahren wahrscheinlich sehr viele Metaphern hören. Deswegen heute schon ein paar – ich bin auch auf die Haushaltsdebatten gespannt –: Wir alle wollen natürlich nach den Sternen greifen und auf dem Boden der Tatsachen bleiben, mit beiden Beinen. Wir vertrauen auf die Kraft der Forschung. Wir setzen die Ziele bewusst hoch. Wer das vermessen findet oder vielleicht an der einen oder anderen Stelle noch schmunzelt, dem sei ins Bewusstsein gerufen, wo wir momentan stehen. Und dann wird es nämlich wieder ernst: null Wachstum. Bei vielen Zukunftstechnologien ringen wir um Anschluss, und damit gefährden wir massiv unsere Wirtschaft, unser Lebensmodell und vor allem unsere Souveränität. Deswegen sage ich: Die Zeit für Bedenkenträgertum, Miesmacherei, Kleingeistigkeit, halbe Sachen und Bloß-kein-Risiko-Eingehen ist vorbei. Es gibt im Grunde zwei Herangehensweisen: Man kann sich die Vergangenheit zurückwünschen, man kann über die Gegenwart klagen und ängstlich in die Zukunft schauen. Oder man kann mutig Neues wagen mit aller Kraft, Lust auf Aufbruch, Lust auf unsere Zukunft haben. Ich glaube und hoffe, dass die ganze Bundesregierung und auch die die Bundesregierung tragenden Fraktionen sehr viel Lust auf die Zukunft haben.
Ein wichtiges erstes Thema, mit dem wir uns beschäftigen, ist die Hightech-Agenda, damit wir den richtigen Schub hinbekommen, um bundesweit die nötige Kraft für Innovationen zu entwickeln, vor allem in den entscheidenden Schlüsseltechnologien: künstliche Intelligenz, Quantentechnologien, Mikroelektronik, Biotechnologie, klimaneutrale Mobilität und Energieversorgung, Stichwort „Fusionsreaktor“. Ich möchte ein weiteres Thema ansprechen, weil ich noch ein kleines bisschen vom gestrigen Abend beseelt bin, der erneuten Verleihung des Deutschen Computerspielpreises. Da haben wir festgestellt: Games sind ein wichtiger Treiber für Innovationen. Deswegen wird eine meiner ersten Amtshandlungen sein, Games wieder einen höheren Stellenwert zu geben, den Stellenwert, den sie verdienen und auch schon einmal hatten. Wir werden auch ein eigenes Games-Referat im Ministerium einrichten.
Dazu kommen weitere große strategische Forschungsfelder. Ein Thema, mit dem ich mich auch in der letzten Legislaturperiode in anderer Funktion sehr stark beschäftigt habe, ein Schwerpunkt, der große Hoffnung weckt, ist die Gesundheitsforschung, weil dadurch Fortschritte für Millionen Menschen möglich werden. Jeder von uns kennt Krankheiten, bei denen wir das Wort „unheilbar“ nur zu gern streichen würden. Genau das muss unser Ziel sein. Es geht aber nicht nur um unheilbare Krankheiten. Es geht auch um Krankheiten, die noch viel zu wenig erforscht sind. Es geht auch um den ganzen Bereich der Frauengesundheit. Ich bin unserer neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken sehr dankbar, dass wir im Bereich der Frauengesundheit gemeinsam neue Wege gehen wollen, aber auch bei der Gesundheit insgesamt. Wir haben damit gestern mit einem ersten Aufschlag beim Thema ME/CFS begonnen und wollen das zusammen fortführen, weil es da viele Millionen Betroffene gibt. Da müssen wir ganz mutig voranschreiten.
Der Schlüssel zu alledem ist eine starke Forschung, Grundlagenforschung und angewandte Forschung mit maximal konsequentem Transfer in die Praxis, auf Neudeutsch: „From Lab to Life“, direkt hinein in unsere Wertschöpfungsketten. Es geht um Forschung für das Wohl und vor allem auch für den Wohlstand der Menschen. Das soll in Zukunft besser Hand in Hand gehen. Dafür schaffen wir im Zukunftsministerium eine neue Dachmarke, Stichwort „Initiative Forschung & Anwendung“. Wir bauen die vorhandenen Programme so um und aus, dass mehr Sprungkraft entsteht, dass die Hoch-schulen für angewandte Wissenschaften zum Beispiel ihre Stärken noch viel besser ausspielen können. Ich würde mich sehr freuen, wenn der Bundestag das Ganze massiv unterstützen würde.
Ich will jetzt nicht den ganzen Innovationsteil aus dem Koalitionsvertrag wiedergeben; aber ein Punkt ist mir noch sehr wichtig: das Innovationsfreiheitsgesetz. Ich bin sehr dankbar, dass der Bundeskanzler es in seiner Rede gestern auch angesprochen hat – vielen Dank dafür –, weil der Bürokratieabbau natürlich auch für die Forschung ganz entscheidend ist. Wir greifen ganz viele Fäden auf, Themen, die in den vergangenen Jahren schon diskutiert wurden, aber dann doch lose in der Luft hängen geblieben sind. Jetzt wollen wir das Ganze entwirren und wieder mehr Freiheit schaffen für Innovationen: bei den Förderlogiken, bei den Forschungsdaten oder mithilfe von Reallaboren, unter anderem für KI-Sprunginnovationen.
Aus der SPRIND, unserer Bundesagentur für Sprunginnovationen, kommt ein sehr schöner Vergleich, den ich hier vielleicht mal zitieren darf: Mutige, bahnbrechende Innovationen zu fördern, die unser Land nach vorne katapultieren können, das sei die Schokoladenfabrik-Seite der Arbeit. Es gebe aber auch die Galeeren-Seite, das Überwinden lähmender Bürokratie. Wenn man es mit den Worten des SPRIND-Chefs sagen will, wollen wir mehr Schokoladenfabrik und weniger Galeere haben. So könnte das Kapitel im Koalitionsvertrag überschrieben sein.
Ein letzter Punkt, Frau Präsidentin. – Es geht nur gemeinsam, und mit „gemeinsam“ meine ich nicht nur die Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung oder hier im Bundestag, sondern auch die europäische Zusammenarbeit, damit wir auch auf Situationen außerhalb Europas reagieren können, damit wir Forscherinnen und Forscher aus aller Welt anlocken können – Stichwort „1 000-Köpfe-plus-Programm“ – und damit wir weiter-hin diejenigen sind, die zusammen an diesen Zukunftsthemen arbeiten können. Um diesen Spirit geht es. Wir wollen uns hohe Ziele setzen, geschlossen daran arbeiten. Es ist der Geist, mit dem wir in Forschung, Technologie und Raumfahrt an den Start gehen, dass wir gemeinsam etwas wagen, gemeinsam tüfteln, vielleicht auch gemeinsam nach den Sternen greifen. Wem das zu pathetisch ist: Macht nichts! Ich bin auch für jeden Arbeiter im Weinberg des Herrn dankbar.
Ganz herzlichen Dank.
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