Rede zur Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer meint, die Politik heute habe keine Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit, dem empfehle ich als Lektüre diesen Haushalt.

(Ulrike Gottschalck [SPD]: Ja!)

Ich beginne mit der ersten Herausforderung, die uns über die letzten Jahre massiv beschäftigt hat: die Staatsschuldenkrise in Europa. Im Jahr 2016 machen 24 von 28 Ländern in Europa neue Schulden. Deutschland legt in dieser Zeit zum vierten Mal einen Haushalt ohne Neuverschuldung vor.

(Johannes Kahrs [SPD]: Ja, bei dem Koalitionspartner kein Wunder!)

Meine Damen und Herren, ich weiß – auch wenn Johannes Kahrs stark dafür gekämpft hat –: Ein Haushalt ohne Neuverschuldung ist keine neue Nachricht mehr; wenn es zum vierten Mal passiert, dann gibt es keine Eilmeldung. Aber ich will auf ein Detail hinweisen: Mit dem Haushaltsgesetz, das wir jetzt gleich verabschieden, gehen wir in die nächste Stufe; wir werden einen Teil des Bundesbankgewinnes zur Schuldentilgung einsetzen. Diesen Weg können wir in Zukunft noch viel stärker gehen. Das ist generationengerechte Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir haben den Tag heute mit der zweiten Herausforderung begonnen: Modernisierung der Infrastruktur. Auch daran misst sich für mich die Generationengerechtigkeit. Wir haben mit 11 Prozent die höchste Investitionsquote seit 16 Jahren. Bundesminister Dobrindt hat heute Morgen den Investitionshochlauf bei der Infrastruktur beschrieben. Seit er Minister ist, stehen 25 Prozent mehr Geld für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung.

Das Problem ist heutzutage ja nicht mehr, dass der Bund zu wenig Geld bereitstellt – wir haben heute mehrfach darüber gesprochen –, sondern das Problem ist, dass die Länder und Kommunen das Geld gar nicht mehr abrufen, weil ihnen die Planungskapazitäten fehlen. Das beginnt bei der Verkehrsinfrastruktur und geht über die Sanierung öffentlicher Gebäude und die Breitbandversorgung bis hin zum Kitaausbau. All das sind Themen, bei denen wir mehr tun könnten, wenn die Planungskapazitäten da wären. Das ist der nächste Schritt, an dem wir gemeinsam mit den Ländern und Kommunen arbeiten müssen.

Die dritte Herausforderung, auf die der Haushalt eine kraftvolle Antwort gibt, ist die Erhaltung des Bildungs- und Technologiestandortes Deutschland. Meine Damen und Herren, als ich meine erste Rede hier gehalten habe – es ging damals, 2009, um den Bildungs- und Forschungsetat –, hatte dieser Etat ein Volumen von 10 Milliarden Euro. Wir liegen heute bei 17,6 Milliarden Euro; das ist eine Steigerung um über 70 Prozent. Wir als Parlament überlegen auch die ganze Zeit, wo wir noch neue Impulse setzen können. Wir haben letzte Woche diesbezüglich gehandelt und die Mittel für die Industrielle Gemeinschaftsforschung um 30 Millionen Euro erhöht. Außerdem haben wir sechs neue Institute des DLR eingerichtet, um in Deutschland weiterhin Spitzenforschung betreiben zu können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die vierte Herausforderung: der soziale Zusammenhalt. 52 Prozent dieses Haushalts werden für das soziale Netz, das unsere Gesellschaft zusammenhält, ausgegeben. Man kann diese hohe Quote auch kritisch sehen. Aber darum geht es mir an diesem Punkt nicht, sondern ich will darauf hinweisen, dass der ausgeglichene Haushalt nicht auf Kosten des Sozialstaats geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn man den Gesamtzusammenhang betrachtet, muss man sagen: Wir haben in diesem Jahr die höchste Rentenerhöhung seit 23 Jahren, wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 25 Jahren, und wir haben so viele Beschäftigte wie noch nie. Wir können von Deutschland aus sagen: Das Modell der sozialen Marktwirtschaft funktioniert. Weil es funktioniert, weil die Menschen Arbeit haben, weil die Unternehmen Gewinne machen und weil die Steuereinnahmen fließen, können wir uns all das, über das ich heute spreche, überhaupt leisten.

Meine Damen und Herren, die Kollegin Lötzsch von den Linken hat die Debatte mit dem Bild von Frau Holle, die Geld über das Land verteilt, begonnen und angedeutet, dass das Geld sozusagen vom Himmel fällt. Das ist nicht der Fall. Hinter jedem von uns ausgegebenen Euro, der aus Steuermitteln kommt, steht die harte Arbeit unserer Bürgerinnen und Bürger. Dafür können wir dankbar sein.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Aber trotz dieser in Europa vergleichsweise guten Situation haben die Menschen bei uns das Gefühl, dass die Welt unsicherer wird. Sie wissen, dass die Zukunft unseres Wohlstands und unseres friedlichen Zusammenlebens nicht dauerhaft gesichert ist und dass die Welt von Kräften bewegt wird, die außerhalb unseres Landes liegen. Auch mit Blick auf diese Herausforderungen geben wir ganz konkrete Antworten.

Meine Damen und Herren, ich habe die Debatte zum Haushalt des Bundesentwicklungsministers verfolgt. Es ist beeindruckend, mit welcher Vielfalt wir zum Beispiel die Herausforderungen der Fluchtursachenbekämpfung angehen. Mir ist ein Punkt im Kopf geblieben: Deutschland alleine zahlt in diesem Jahr etwa die Hälfte des Budgets des Welternährungsprogramms für Syrien und die Region. Das ist Fluchtursachenbekämpfung.

Auch die Wahrung der äußeren Sicherheit ist eine Herausforderung. Wir alle wissen – auf internationalen Konferenzen wird viel darüber gesprochen –: Europa muss mehr Geld für seine Verteidigung ausgeben. Wir tun das. Der Haushalt der Bundesverteidigungsministerin steigt um 8 Prozent; das entspricht einem Aufwuchs von 2,7 Milliarden Euro.

Wir nehmen auch die Herausforderungen im Zusammenhang mit den Flüchtlingen sehr, sehr ernst. Im Haushalt des BMI – ich trage dafür im Haushaltsausschuss mit die Verantwortung – stehen alleine für Sprachkurse 610 Millionen Euro bereit. Wir führen jetzt – das ist neu – Erstorientierungsangebote für Asylbewerber mit unklarer Bleibeperspektive ein, wir erhöhen die Mittel für die Migrationsberatung, und wir führen ein Anreizprogramm zur Förderung der freiwilligen Ausreise ein; auch diesen Punkt dürfen wir nicht unterschätzen. Einem Asylbewerber, der erkennt, dass er in Deutschland keine dauerhafte Bleibeperspektive hat, wollen wir mit diesem Programm den Neustart in seiner Heimat erleichtern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Als letzten Punkt möchte ich die innere Sicherheit nennen. Ich könnte ein ganzes Bündel an Herausforderungen nennen: Grenzschutz, Terrorismus, organisierte Kriminalität, Cybersicherheit, Extremismus in allen verschiedenen Varianten. Ich glaube, keine Koalition vor unserer hat die für die innere Sicherheit zuständigen Behörden so gestärkt, wie wir das getan haben. Die Bundespolizei wächst um 7 500 Stellen, um ungefähr 20 Prozent, das Bundeskriminalamt wächst in fünf Jahren um 1 000 Stellen, was auch ungefähr 20 Prozent ausmacht; Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst sind weitere Stichworte. Wir investieren in die innere Sicherheit, weil wir wissen – das liegt uns als CDU/CSU besonders am Herzen –: Die oberste Aufgabe des Staates ist der Schutz der Bürgerinnen und Bürger. Diese Aufgabe, diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Martin Gerster [SPD])

Meine Damen und Herren, das waren jetzt in acht Minuten acht Herausforderungen, auf die wir eine Antwort geben. Ich weiß, dass in Zeiten postfaktischer Politik Fakten nicht mehr die zentrale Rolle spielen; aber verschweigen dürfen wir sie deswegen auch nicht.

In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht aber, noch mehr Fakten und weniger Ideologie in der Rede zu haben!)

Druckversion