Rede zum Finanzaufsichtsrechtsergänzungsgesetz

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Das Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz wird heute hier in die Diskussion eingebracht. Es beruht auf der Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität vom Juni 2015. Natürlich sind auch die Anmerkungen des IWF und des Ausschusses für Finanzstabilität etwas, mit dem man sich beschäftigen muss. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung an den Immobilienmärkten. Die Frage ist: Werden wir zukünftig auf eine Blase zurollen oder nicht? Eines ist klar: Zurzeit haben wir keine Überhitzung auf den Immobilienmärkten. Somit ist das, was wir heute debattieren, letztendlich etwas, was rein präventiv gemacht werden soll. In der Umsetzung, im Ablauf sollen dann BaFin und Bundesbank dieses im Einvernehmen feststellen. Sie sollen entsprechende Maßnahmen ergreifen können, so zum Beispiel in der Frage „Relation zwischen Kredit, Immobilienwert und Mindestamortisation“ oder der Frage, wie viel zur Tilgung herangezogen werden muss, wobei es auch hier entsprechend notwendig ist, dass der Einzelfall geprüft wird. Jemand mit einem Einkommen von 1 000 Euro ist sicherlich anders zu bewerten als jemand mit einem Einkommen von 5 000 Euro oder 10 000 Euro.

Neben diesen grundsätzlichen Fragen finde ich bei diesem Gesetz spannend, dass wir einmal die Gelegenheit nutzen können, zu betrachten, wo wir heute stehen. Wir haben jetzt zehn Jahre der europäischen, internationalen und nationalen Regulierung hinter uns. Zehn Jahre nachdem wir in der Folge der Subprime-Krise diese Regulierungen angestoßen haben, sind wir mit einem solchen Gesetz konfrontiert, in dem es sinngemäß heißt: Trotz aller Regulierung werden wir zukünftig mit einer entsprechenden Krise zu rechnen haben. Das ist jetzt erst einmal nichts Aufregendes; denn jeder rechnet ja damit, dass irgendwo eine Krise hochkommt.

Lassen Sie mich an dieser Stelle betonen: Ich bin erstaunt gewesen, dass keiner der Vorredner darauf hingewiesen hat: Die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank ist daran nicht ganz unschuldig.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Selbst die Mitglieder der Europäischen Zentralbank, aber auch die BIZ sagen, dass momentan entsprechende Blasen entstehen.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Radwan, erlauben Sie eine Frage oder Bemerkung von Lisa Paus?

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Schick!)

Alexander Radwan (CDU/CSU):

Von mir aus auch von beiden.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Weil Sie so groß sind, Herr Radwan, haben Sie Herrn Schick verdeckt.

Alexander Radwan (CDU/CSU):

Ich bin nicht groß, sondern breit.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Ihr breiter Rücken hat ihn verdeckt. – Gestatten Sie es oder nicht?

Alexander Radwan (CDU/CSU):

Ja.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Gut. – Herr Schick.

Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Radwan, wenn ich richtig informiert bin, hat die CSU beschlossen:

Ein Ermächtigungsgesetz, das der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ... selbständige Eingriffsmöglichkeiten gibt, lehnen wir ab.

Gilt das in Bezug auf das heute vorliegende Gesetz? Finden Sie es richtig, dass man dieses Gesetz macht? Was heißt diese Position?

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Sie können antworten.

Alexander Radwan (CDU/CSU):

Antworten muss ich auf diese Frage nicht. Herr Schick hätte nur warten müssen, bis meine Rede zu Ende ist.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann hätte ich nicht mehr fragen können!)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Nein, Ihre Redezeit wird doch angehalten.

Alexander Radwan (CDU/CSU):

Die Antwort ergibt sich aus meiner Rede, ganz einfach.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sind wir gespannt!)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Was mache ich jetzt? Dann kriegen Sie ein paar Sekunden mehr Redezeit.

Alexander Radwan (CDU/CSU):

Noch einmal zum ersten Punkt, den ich erwähnt habe: Wo stehen wir zehn Jahre nach der Regulierung? Das ist mir ernst, weil wir jetzt damit konfrontiert sind, zu sagen, dass Blasen entstehen. Ich habe auf die EZB hingewiesen. Sowohl bei der jetzigen Entwicklung als auch beim Ausstieg werden wir mit Verwerfungen am Finanzmarkt rechnen müssen. Darum ist es für mich ein Paradigmenwechsel, indem wir sagen: Zukünftig braucht die BaFin, braucht die Finanzaufsicht gewisse Flexibilitäten. – Deshalb ist es zu wenig, den Immobilienbereich alleine anzuschauen. Herr Schick hat gesagt, man sollte es von privaten Immobilien auf Gewerbeimmobilien ausdehnen. Meine Damen und Herren, wenn dieses Gesetz verabschiedet ist, wird es weitere Ausdehnungen geben, um entsprechend präventiv darauf hinzuwirken. Von daher haben wir ganz klare Bedingungen an ein solches Gesetz.

Die parlamentarischen Berichts- und Kontrollpflichten müssen gecheckt sein. Es darf keinen Freifahrtschein geben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Es muss klar sein, unter welchen Bedingungen und mit welchem Verfahren die BaFin und die Bundesbank handeln dürfen. Hier könnten wir nach Frankreich schauen. In Frankreich gibt es einen Rat zur Lage des Finanzmarktes. Bei uns würde das bedeuten, dass Experten von Bundesbank, von BaFin, von Bundestag – bei uns könnten auch der Bundesrat, BMF und auch Marktteilnehmer berufen werden – regelmäßig etwas zur Lage am Finanzmarkt sagen. Gleichzeitig halte ich es für dringend notwendig, dass wir die existierende Regulierung anschauen. Dieses Gesetz zeigt uns, dass wir mit allen gesetzgeberischen Maßnahmen, die wir bisher ergriffen haben, weiß Gott nicht alle Eventualitäten abdecken können. Wir haben auch in manchen Bereichen zu viel gemacht. Darum ist es parallel dazu notwendig, sich anzuschauen, wo wir zu viel gemacht haben, was nicht zur Finanzstabilität geführt hat, sondern Bürokratie erzeugt hat und somit kundenunfreundlich und bankenunfreundlich ist. Wenn etwas bankenunfreundlich ist, meine Damen und Herren, dann kann es auch kundenunfreundlich sein.

Hier bin ich beim nächsten Gesetz, das wir entsprechend überprüfen – Kollege Hauer ist sehr intensiv darauf eingegangen –: die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Wir sind hier mit der Situation konfrontiert, dass entsprechende Gesetze unklar sind und dass aufgrund dessen, dass unklar ist, wie in einigen Jahren die Rechtsprechung sein wird, die Marktteilnehmer bereits heute entsprechend reagieren. Das richte ich insbesondere an Minister Maas und seinen Staatssekretär, die intensiv zuhören. Schauen wir uns im Bankenbereich die Rechtsprechung bei den AGBs bezüglich der Zinsen an. Nicht die armen schützenswerten Verbraucher, sondern hochfindige Juristen haben herausgebracht, wie ich rückwirkend aus meinem Darlehensvertrag durch Kündigen herauskommen und die jetzt interessanten Zinsen bekommen kann. Wir, der Gesetzgeber, müssen heute konkret arbeiten, um nicht eine Verselbstständigung nach fünf oder zehn Jahren durch die Rechtsprechung zuzulassen. Das ist der Anspruch an ein solches Gesetz.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Nicht unbestimmt!)

Darum werden wir dieses Gesetz intensiv beraten. Noch einmal: Wir sagen schlicht und ergreifend: Es darf keinen Blankoscheck an die BaFin durch das Parlament geben. Wir müssen die Regulierung entsprechend kontrollieren. Das erwarten wir durch die Expertise der Anhörung und durch eine kritische Beratung.

Besten Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Axel Troost [DIE LINKE], an den Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Jetzt hast du es herausgehört!)

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