Rede in der aktuellen Stunde zum UN-Regelwerk "Global Compact for Migration"

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um ehrlich zu sein: Mir hat sich lange gar nicht erschlossen, was eigentlich der Hintergrund dieser Aktuellen Stunde sein soll und was man gegen internationale Absprachen zur Regelung von Problemen, die bei uns in Deutschland allein nicht gelöst werden können, tatsächlich einwenden kann.

Nur weil Donald Trump sagt, dass das letztlich eine Initiative sei, mit der Masseneinwanderung in wohlhabende Länder organisiert werde, unter Umgehung nationaler Gesetze und des Willens der jeweiligen Völker, wird es noch lange nicht wahr. Es ist in der Tat falsch, es ist irreführend, und es verkürzt vor allen Dingen den Sachverhalt. Deswegen, glaube ich, ist es ganz entscheidend, sich vor Augen zu führen, dass wir in einer globalisierten Welt leben, wo man zwar Wünsche haben kann, aber die Realisierung nicht innerhalb nationaler Grenzen oder innerhalb von Europa, unserem Kontinent, möglich ist. Das ist eine Grundwahrheit. Der muss man sich genauso stellen wie der Automatisierung, der Digitalisierung oder auch anderen weltweiten Phänomenen. Genau das macht Deutschland, wenn wir uns an diesem Compact und den Diskussionen darum beteiligen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Was ist der Rahmen, in dem wir uns bewegen? Es ist offensichtlich: Wir diskutieren sehr viele außenpolitische Themen hier im Deutschen Bundestag, und dabei spüren wir, dass die dahinterliegenden Konflikte letztlich Auslöser für die Probleme sind, mit denen wir bei uns im Land konfrontiert sind. Wenn wir beispielsweise über den Südsudan oder über Darfur oder auch über andere Regionen der Welt diskutieren, stellen wir fest: Es sind häufig ethnische Konflikte, und es sind die Auswirkungen des Klimawandels: Verwüstung, Wassermangel, Mangel an Weideland und daraus resultierende Schwierigkeiten bei der Ernährung und vieles andere mehr. Auch das muss man in den Blick nehmen, wenn man über Fluchtursachenbekämpfung sprechen möchte. Wer das nicht tut, verschließt die Augen.

Die Zahlen der Vereinten Nationen sind alarmierend; in der Tat. Es sind nicht nur die von uns oft zitierten 65 oder 66 Millionen Menschen weltweit, die gezwungen sind, aus ihren Herkunftsländern zu fliehen. Wenn man Migration umfassend betrachtet, dann sind es etwa 240 bis 250 Millionen Menschen, die weltweit in Bewegung sind. Wir alle sind uns einig, dass die großen Herausforderungen diesbezüglich nicht im Nahen und Mittleren Osten liegen, sondern auf dem afrikanischen Kontinent. Die Sachlage ist die, dass da nicht nur 1,1 Milliarden Menschen leben, sondern dass sich diese Zahl bis Mitte des Jahrhunderts verdoppelt haben wird und bis Ende des Jahrhunderts noch einmal verdoppelt haben wird.

Es gibt Zahlen aus Ländern wie Kenia, Tansania, Senegal und Südafrika. Die Leute sagen, dass etwa die Hälfte der Menschen dort ihr Land verlassen möchte. Bei den noch ärmeren Ländern wie Ghana oder Nigeria sind es zwei Drittel der Menschen. Es ist nicht so, dass die zu uns kommen können; das ist vollkommen klar. Natürlich geht es dabei auch um Grenzschutz und Organisation, sodass hier kein Chaos entsteht. Mein Kollege hat es formuliert. Es geht um Steuern, Ordnen und Begrenzen. Das machen wir sehr wohl. Die Faktizitäten auszublenden, das ist einfach kurzsichtig, und damit wird man am Ende das Ziel nicht erreichen; das muss man ganz klar sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Linda Teuteberg [FDP])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich mal anschaut, was eigentlich im Global Compact steht, dann stellt man fest: Es sind sehr viele Themen, die für uns essenziell sind. Im Kern geht es nicht darum, dass Entsendeländer, wenn man so will, dies unbedingt organisieren wollen. Man muss die Herkunftsländer, Aufnahmeländer, Transitländer – so haben Sie es formuliert – mit ihren verschiedenen Interessen letztlich an einen Tisch bekommen, wenn es beispielsweise um die Frage geht: Wie schaffen wir in den Herkunftsländern Rahmenbedingungen, um schnelle und sichere Rückführungen zu ermöglichen? Das muss doch auch in unserem Interesse liegen; Sie haben es formuliert, Frau Kollegin. Deswegen müssen wir uns genauso engagieren, wenn es darum geht, den Druck von den Aufnahmeländern zu nehmen, wenn es darum geht, gemeinsame Grenzkontrollen richtig zu organisieren und zu koordinieren.

Das sind alles Themen, die international geregelt werden müssen. Dafür bietet es den richtigen Rahmen. Deswegen bin ich dafür dankbar, dass die Bundesregierung nicht nur an diesem Prozess beteiligt ist, sondern eine federführende Rolle übernommen und auch Zwischenkonferenzen hier in Berlin organisiert hat. Daher, glaube ich, ist es richtig, den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

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