Rede zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Herr Kollege von Notz, die ersten drei Sätze Ihrer Rede waren durchaus überraschend für mich. Sie waren sehr staatstragend. Ich war dann aber doch beruhigt, als Sie ab dem vierten Satz wieder in Ihre Klischees und Ihre althergebrachten Muster zurückgefallen sind. Insoweit haben Sie also tatsächlich leider nichts dazugelernt, insbesondere was die aktuelle Bedrohungssituation unseres Landes anbelangt.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, bevor ich auf den konkreten Gesetzentwurf eingehe, erlauben Sie mir ein paar Sätze zum Bundeskriminalamt im Generellen. Das Bundeskriminalamt ist seit seiner Gründung 1951 untrennbar und eng mit der Geschichte der inneren Sicherheit unseres Landes verbunden. Es hat eine sehr vielschichtige, eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich. Nicht ohne Grund lautet der Titel des Gesetzes, das als Grundlage für das Bundeskriminalamt dient, „Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten“. Über die Jahrzehnte hinweg sind die Befugnisse und die Kompetenzen des Bundeskriminalamtes deutlich erweitert worden. Es sind Möglichkeiten geschaffen worden wie die, dass der Generalbundesanwalt das Bundeskriminalamt mit Ermittlungen beauftragt. Es sind originäre Ermittlungskompetenzen für das Bundeskriminalamt geschaffen worden. Das Bundeskriminalamt hat die Aufgabe zugesprochen bekommen, insbesondere im Bereich der kriminaltechnischen Forschung tätig zu sein. Zuletzt hat das Bundeskriminalamt richtigerweise Befugnisse zur Gefahrenabwehr im Bereich des islamistischen Terrorismus bekommen.

Der Grund für die vielen Änderungen des BKA-Gesetzes in den letzten Jahrzehnten war nicht nur der Zuwachs an Aufgaben und die gestiegenen Herausforderungen, die sich unserem Land im Bereich der inneren Sicherheit stellen, sondern insbesondere auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, beginnend mit dem Volkszählungsurteil, das völlig neue Anforderungen an die polizeilichen Informationsbefugnisse gestellt hat. Ich möchte aber, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, behaupten: Das Bundeskriminalamt steht jetzt vor der größten Herausforderung seiner Geschichte, insbesondere angesichts der eminenten Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus. Natürlich ist es hier nicht alleine gefordert, sondern zusammen mit den anderen Bundessicherheitsbehörden, zusammen mit den Sicherheitsbehörden der Länder. Aber ich glaube, man kann schon behaupten, dass dem Bundeskriminalamt hier eine zentrale Rolle zukommt.

Nicht ohne Grund haben wir als Haushaltsgesetzgeber, insbesondere auf Betreiben der CDU/CSU, die Zahl der Stellen für das Bundeskriminalamt für die Jahre 2016 bis 2020 um 1 300 erhöht. Das bedeutet: Innerhalb von nur fünf Jahren wird die Belegschaft des Bundeskriminalamtes um 25 Prozent erhöht. Das ist richtig. Das ist aber auch den gestiegenen Herausforderungen geschuldet.

Der Anlass für die jetzt vorliegende Novellierung des BKA-Gesetzes ist insbesondere das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 20. April letzten Jahres und die EU-Datenschutzrichtlinie, die den öffentlichen Bereich regelt. Diese Novellierung hat vor allem drei Ziele zum Inhalt. Zum einen geht es darum, den Datenschutz zu erhöhen. Zum anderen geht es darum, eine Harmonisierung und eine Verbesserung des Informationsaustausches mit den Polizeibehörden anderer EU-Länder vorzunehmen; gerade hochaktuell angesichts der Erfahrungen des schrecklichen Anschlags vom Breitscheidplatz. Das dritte Ziel ist, dass das BKA modernisiert wird, vor allem die Informationstechnologie verbessert wird, und dem Bundeskriminalamt in Zukunft eine stärkere Zentralstellenfunktion in der Sicherheitsarchitektur in Deutschland zukommt. Das sind drei wichtige Ziele.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, zum Datenschutz. Das Bundesverfassungsgericht – ich bin dem Kollegen Grötsch sehr dankbar, dass er dies deutlich gemacht hat – hat nicht in Gänze geurteilt, dass die Befugnisse, insbesondere die verdeckten Ermittlungsbefugnisse, im Bereich des islamistischen Terrorismus verfassungswidrig sind,

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)

sondern es hat geurteilt, dass es an der einen oder anderen Stelle Nachbesserungsbedarf im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gibt bezüglich Benachrichtigungspflichten oder Löschungspflichten.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir immer gesagt!)

Sehr geehrter Herr Kollege von Notz, ich wehre mich massiv gegen Ihren Vorwurf und vor allem den Vorwurf gegenüber dem Bundesinnenminister, dass das Bundesinnenministerium mit diesem Gesetzentwurf das Bundesverfassungsgericht herausfordert oder provoziert. Ganz im Gegenteil. Ich sage ganz offen: Ich erwarte von einem Bundesinnenminister, dass er, wenn wir ein derartiges Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wie das vom 20. April letzten Jahres bekommen, nicht wartet, bis die Umsetzungsfrist abläuft – sie läuft nämlich erst am 30. Juni 2018 ab –, sondern dass er angesichts der jetzigen Bedrohung schnell und effektiv reagiert.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist ja richtig!)

Deshalb ist dieser Gesetzentwurf keine Provokation und keine Herausforderung des Verfassungsgerichtes, sondern eine sachgerechte Umsetzung des Urteils.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat nichts mit der Zeit zu tun, Herr Mayer! Es geht um den Inhalt!)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung wird besser ausgestaltet. Es gibt Verbesserungen bei den Löschungs- und Benachrichtigungspflichten, insbesondere wird dem Transparenzgebot stärker Rechnung getragen. Der Schutz von Berufsgeheimnisträgern wird verbessert. Die Stellung der Bundesdatenschutzbeauftragten beim polizeilichen Informationsaustausch wird gestärkt.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles Vorgaben des Gerichts!)

Ich glaube, man kann mit Fug und Recht behaupten, das Urteil des Verfassungsgerichtes, das durchaus ein Grundsatzurteil bezüglich des polizeilichen Datenschutzes ist,

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wir haben es erstritten! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: War bitter nötig!)

wird entsprechend umgesetzt.

Der zweite wichtige Punkt ist die Modernisierung der Informationstechnologie in der Sicherheitsarchitektur. Ich sage ganz offen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es ist anachronistisch, dass wir in 16 Ländern und im Bund 17 verschiedene ITs im Bereich der Polizeien haben. Das ist nicht mehr sachgerecht, das ist nicht mehr zeitgemäß. Das stammt aus einer Zeit vor den 70er-Jahren unter dem damaligen BKA-Präsidenten Horst Herold. Das muss entsprechend modernisiert werden. Dem BKA muss insbesondere im Bereich der Informationstechnologie, auch gegenüber den Ländern, eine stärkere Rolle zugeschrieben werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Letztens, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wird mit dieser neuen Befugnisnahme für das Anbringen der elektronischen Fußfessel auch ein Beispiel für die Länder gegeben. Wir haben die klare Erwartungshaltung, dass die Länder in ihren Polizeiaufgabengesetzen dem Beispiel des Bundes folgen und entsprechend auch Befugnisnahmen schaffen, um Gefährder und damit hochgefährliche Personen, für deren Rund-um-die-Uhr-Observierung 24 bis 30 Beamte benötigt werden, zur Not auch mit der elektronischen Fußfessel zu überwachen. Ich glaube, dass ist ein erheblicher und wesentlicher Schritt nach vorne. Deswegen sollten wir, meine Kolleginnen und Kollegen, diesen Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren in der gebotenen Sorgfalt und gebotenen Seriosität, aber auch in der gebotenen Eile angesichts der erheblichen Bedrohungssituation beraten. Darum bitte ich.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

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