Aktuelle Stunde - Auswirkungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf Behörden, Wirtschaft und Bürger

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Ende dieser Aktuellen Stunde lässt sich immerhin sagen: Buchstabensalat aus Brüssel: EU-DSGVO – das war selten so sehr in aller Munde wie dieser Tage. Aber man muss am Ende dieser Debatte auch sagen: Es ist nicht immer in der richtigen Einordnung gewesen.

Schauen wir uns nur mal die Zeitungsüberschriften der letzten Tage an: „Die absurden Folgen der ­DSGVO“, „Die Abmahn-Maschinerie ist angelaufen“, „Mittelstandsverband warnt vor ‚Entdigitalisierung‘“ oder schlicht: „Quatsch aus Brüssel?“

Ja, der Unmut über die EU-DSGVO scheint groß zu sein. Das merke ich auch, wenn ich bei mir im Wahlkreis unterwegs bin.

(Paul Viktor Podolay [AfD]: Ach nee!)

Das wundert auf den ersten Blick schon; denn sonst kennen wir es aus der öffentlichen Debatte ja eher so, dass die Entzückung gar nicht groß genug sein kann, wenn man über Verbraucherschutz und über Datenschutz redet.

Es zeigt sich am Ende unserer Debatte, glaube ich, eines ganz klar: Der Unmut über die Datenschutz-Grundverordnung, den es gibt, liegt weniger im materiellen Datenschutzrecht selbst begründet, sondern mehr darin, wie dieses Datenschutzrecht eingehegt ist. Die Probleme sind nämlich die erhöhte Sanktionsandrohung und vor allem die Abmahnindustrie, die angesprochen wurde. Das ist etwas, wo man ganz klar differenzieren muss. Nicht das Datenschutzrecht als solches ist schlecht und das große Problem, sondern das Problem ist, dass hier scheinbar etwas möglich gemacht wird, dass sich einige – unseriöse Anwaltskanzleien, dubiose Abmahnvereine – anschicken, mit diesem neuen Datenschutzrecht Geld zu verdienen. Ich sage ganz deutlich – das ist, glaube ich, für alle hier in der Debatte klar –: Dazu ist die europäische Datenschutz-Grundverordnung nicht gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Joana Cotar [AfD])

Staatssekretär Mayer hat heute sehr deutlich dargestellt, dass das Innenministerium und die öffentlichen Stellen sehr sensibel mit der Datenschutz-Grundverordnung umgehen werden und den Mittelstand vernünftig behandeln werden. Aber was das ganze Abmahnunwesen angeht, mit dem wir es zu tun haben, sage ich: Liebe SPD, da freue ich mich über die Offenheit, die wir jetzt gehört haben.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Wir haben das in den Koalitionsvertrag verhandelt!)

Das liegt ganz klar im Spielfeld der SPD. Das liegt im Spielfeld Ihrer Ministerin Katarina Barley.

(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist unfair! Sie wissen, dass Ihre Partei das bisher abgelehnt hat! Vier Jahre lang abgelehnt!)

Ich finde gut, wenn Sie auf den Koalitionsvertrag verweisen. Da wurde ja vereinbart:

Wir wollen den Missbrauch des bewährten Abmahnrechts verhindern ...

Das sollten wir dann auch machen. Und das geht. Meine Kollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker hat das sehr deutlich gemacht, gut vorgestellt. Die Kollegen aus der AG sind darauf eingegangen. Wir können die Abmahnkosten für einen bestimmten Bereich auf null Euro reduzieren. Das ist auch der richtige Weg. Damit werden wir umgehen.

Ich will zum Ende einer Rechtsdebatte fachlich vielleicht doch noch sagen: Ja, es geht darum, den Aufwendungsersatzanspruch aus § 12 UWG auszuschließen. Vorbilder gibt es dafür – das hat Kollege Ullrich ausgeführt –: die Übergangsregelung, wie wir sie etwa in § 32e Absatz 6 des GWB haben.

Aber zurück aus dem Paragrafendschungel! Das ist alles ganz einfach. Frau Barley kann das gern machen und die Abmahnindustrie regulieren. Sie hat volle Unterstützung dafür. Das aktuelle Gesetzesvorhaben zum Thema Musterfeststellungsklage bietet dafür guten Anlass.

Ich bin ja ganz optimistisch. Frau Barley hat sich dieser Tage eingelassen, dass eines der wichtigen Projekte ist, die geschlechtergerechte Sprache und den Gender-Star im Duden aufzunehmen. Dann, glaube ich, ist auch noch Kraft für den Kampf gegen die Abmahnindustrie.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Das ist unter deinem Niveau!)

Ich will zum Abschluss sagen: Die EU-Datenschutz-Grundverordnung kann auch sinnvoll ausgedeutet werden. Wir haben gesagt, es gibt den wichtigen Hinweis auf den europäischen Wettbewerb. Wir haben einen europäischen Markt, und es ist sinnvoll, zu harmonisieren und Marktverzerrungen zu vermeiden. Es ist auch sinnvoll, ein unterschiedliches Niveau von Datenschutz zu schaffen und zu sagen: Wir regulieren diejenigen, die mit Daten ein Geschäft machen, stärker – Facebook, Google und ähnliche Unternehmen –, aber wir gehen nicht an gegen den Mittelstand. Ich glaube, das ist der richtige Weg.

Liebe Kollegen, ich will zum Abschluss sagen: Diese Aktuelle Stunde wurde ja von der AfD beantragt. Da lohnt es, auch noch einen kleinen Blick auf die datenschutzrechtliche Expertise der AfD zu werfen. Googeln Sie bei Gelegenheit mal den Kollegen Christoph Grimm. Eine Reise nach Mecklenburg-Vorpommern hilft; er ist dort Landtagsabgeordneter. Er hat, als das Landesdatenschutzgesetz novelliert wurde, um es an die Datenschutz-Grundverordnung anzupassen, nämlich ein kleines Plagiat hingelegt. Er hat eins zu eins einen Beitrag von der Plattform netzpolitik.org vorgelesen. Die haben sich darüber beschwert. netzpolitik.org – wie würden Sie sonst sagen: eine linksvergrünte Internetseite. Also, wenn das allein die Quellen der AfD sind, dann ist das, glaube ich, nicht der richtige Weg.

Wir machen eine bürgerfreundliche Auslegung der DSGVO. Dafür steht das Innenministerium, und dafür arbeiten wir.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie waren schon besser, Herr Amthor! – Weiterer Zuruf von der AfD: Das war aber ein Rohrkrepierer!)

Druckversion