Rede zu unseriösen Geschäftspraktiken

20.a) Zweite und dritte Beratung Bundesregierung

Gegen unseriöse Geschäftspraktiken

- Drs 17/13057, 17/13429, 17/14192, 17/14216 -

 

b) Zweite und dritte Beratung BR

Fortentwicklung des Verbraucherschutzes bei unerlaubter Telefonwerbung

- Drs 17/6482, 17/14192, 17/14216 -

 

c) Zweite und dritte Beratung DIE LINKE.

Begrenzung der Haftung und der Abmahnkosten bei Urheberrechtsverletzungen

- Drs 17/6483 -

Zweite und dritte Beratung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Eindämmung des Missbrauchs des Abmahnwesens

- Drs 17/12620, 17/14192, 17/14216 -

 

d) Beratung BeschlEmpf u Ber (6.A)

zum Antrag DIE LINKE.
Unseriöses Inkasso zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher stoppen

- Drs 17/9746, 17/14036 -

zum Antrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Unseriöses Inkasso eindämmen

- Drs 17/11837, 17/14036 -

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gegenstand unserer Beratung ist ein Gesetzentwurf zur Vermeidung unseriöser Geschäftspraktiken.

(Thomas Oppermann [SPD]: Und ein Änderungsantrag der SPD!)

– Unseriöse Plenarredner, Kollege Oppermann, lassen sich auf gesetzlichem Wege natürlich nicht verhindern.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das unterliegt der freien Bewertung durch die Öffentlichkeit. Deswegen haben wir zu Ihrem Änderungsantrag auch keine Geschäftsordnungsdebatte geführt, für die es durchaus Anlass gegeben hätte. Als langjähriger Geschäftsführer Ihrer Fraktion wissen Sie sehr wohl, dass bei einem Beratungsgegenstand nicht ganz andere Themen angesprochen werden können.

(Beifall der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])

Da Sie hier behaupten, dass die Abgeordnetenbestechung in Deutschland überhaupt nicht strafbar sei, möchte ich Sie bitten, wenigstens die Wahrheit zur Kenntnis zu nehmen: Gemäß § 108 e des Strafgesetzbuches steht die Abgeordnetenbestechung seit 1994 sehr wohl unter Strafe.

(Thomas Oppermann [SPD]: Nur der Stimmenkauf, nicht die Bestechung! – Weiterer Zuruf von der SPD: Verbreiten Sie keine Legende!)

Die Abgeordnetenbestechung, wenn es um Stimmenkauf geht, ist strafbar. Sie fordern in Ihrem eigenen Gesetzentwurf eine Erweiterung der Strafbarkeit. Das impliziert, dass Abgeordnetenbestechung, anders als Sie das hier behauptet haben, sehr wohl schon heute strafbar ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie haben eine Reihe von Gesetzentwürfen vorgelegt, die am 17. Oktober letzten Jahres Gegenstand einer ausführlichen Sachverständigenanhörung vor dem Rechtsausschuss gewesen sind.

(Zuruf von der FDP: Wo der Herr Oppermann aber nicht dabei war!)

Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollege Silberhorn, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Montag?

Thomas Silberhorn (CDU/CSU):
Wir haben diese Fragen im Rechtsausschuss sehr ausführlich erörtert.

(Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Eben nicht!)

Deswegen bitte ich Sie, das im Zusammenhang erläutern zu dürfen.

Die übereinstimmende Bewertung der Sachverständigen – auch der von Ihnen benannten Sachverständigen – war, dass diese Gesetzentwürfe den verfassungsrechtlichen Anforderungen bei weitem nicht gerecht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Burkhard Lischka [SPD]: Das ist ja Quatsch!)

Es gibt noch offene Fragen, die Sie selbst bis heute nicht beantworten können. Allein der Umstand, dass Sie als Opposition nicht in der Lage sind, in dieser für Sie angeblich so zentralen Frage einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorzulegen,

(Ingo Egloff [SPD]: Sie machen gar nichts! Sie verweigern sich nur!)

macht doch offenkundig, dass wir hier sehr komplizierte Fragestellungen berühren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Sie denken nicht einmal darüber nach!)

Ich sage Ihnen sehr deutlich: Ja, wir sind für Transparenz. Ja, wir sind für freie Entscheidungen von Abgeordneten. Aber wir sind gegen die Kriminalisierung der parlamentarischen Praxis.

(Lachen bei der SPD)

Ein Kern des Problems besteht darin, dass parlamentarische Praxis per se interessengeleitet ist, weil wir alle politische Ziele verfolgen.

(Thomas Oppermann [SPD]: Aber dafür lässt man sich nicht bezahlen!)

Wir müssen aufpassen, dass wir nicht über Gesetze beraten, die nach dem Urteil der Sachverständigen in der Anhörung zu einem kaum noch abschätzbaren Bestrafungsrisiko führen würden.

Wir haben Ihnen im Rechtsausschuss mehrfach ein Expertengespräch über alle Entwürfe, die auf dem Tisch liegen, angeboten.

(Andrea Astrid Voßhoff [CDU/CSU]: So ist es! Ich bin dabei gewesen!)

Sie, Herr Oppermann, sind im Rechtsausschuss in den letzten Jahren leider nicht gesichtet worden;

(Dr. Erik Schweickert [FDP]: Hört! Hört!)

deswegen wissen Sie das vielleicht nicht. Ihre Kollegen haben ein solches Expertengespräch immer abgelehnt.

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Sie wissen, dass das falsch ist!)

Ich rate dazu, dass wir uns im Interesse des gesamten Hauses darum bemühen, fraktionsübergreifend eine einvernehmliche Vorgehensweise zu finden,

(Ingo Egloff [SPD]: Das haben Sie doch die ganze Zeit verhindert!)

wie wir mit diesem Thema umgehen. Der Umstand, dass Sie dieses Thema jetzt in Form eines Änderungsantrages einbringen, macht nur deutlich, dass Sie offenbar jede Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl bereits fahren gelassen haben.

(Zuruf von der SPD: Nein! Wir wollen Sie hier mal stellen!)

Ich biete Ihnen trotzdem an, dass wir dieses Thema nach der Wahl nochmals aufgreifen, mit der Intention, zu einer fraktionsübergreifenden Regelung zu kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Unseriöse Geschäftspraktiken sind unser heutiges Thema. Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, dieses Gesetzespaket zum Abschluss zu bringen. Wir haben eingelöst, was wir versprochen haben, nämlich ein schlüssiges Gesamtkonzept vorzulegen und keine Flickschusterei zu betreiben. Ich möchte mich hier auf zwei signifikante Verbesserungen gegenüber dem Regierungsentwurf beschränken: zum einen die Deckelung des Kostenerstattungsanspruchs und zum anderen die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes.

Wir haben die geplante Streitwertdeckelung im Gerichtskostengesetz in eine Deckelung des außergerichtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Urheberrechtsgesetz abgeändert. Herr Kollege Montag, Ihre Kritik daran kann ich nicht nachvollziehen. Wir haben uns nicht so sehr von den Vertretern der Rechteinhaber beeindrucken lassen, die natürlich über die geplante Streitwertdeckelung geklagt haben, was aber auch die Intention dieser Streitwertdeckelung war. Uns hat vielmehr gerührt, dass selbst die Vertreter von Verbraucherschutzverbänden gesagt haben, dass abgemahnte Verbraucher gar nicht mehr anwaltlich vertreten werden können, wenn wir auch im gerichtlichen Verfahren den Streitwert deckeln. Deswegen haben wir die Deckelung der Gegenstandswerte auf das vorgerichtliche Verfahren beschränkt.

Das ist der Kern der Materie; denn dort geht es um Abmahnungen und um den Missbrauch von Abmahnungen. Unseriöse Geschäftspraktiken finden im vorgerichtlichen Verfahren und nicht im Gerichtsverfahren statt, wo Gerichte auch im Interesse eines Beklagten vernünftig agieren können. Deswegen deckeln wir den Gegenstandswert bei außergerichtlicher Geltendmachung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen bei der erstmaligen Abmahnung eines Privatnutzers auf 1 000 Euro. Wir entziehen damit den Massenabmahnungen, die allein auf Gewinnerzielung gerichtet sind, die Geschäftsgrundlage.

Dieser Gegenstandswert von 1 000 Euro ist in den allermeisten Fällen von Urheberrechtsverletzungen, die von Privatpersonen begangen werden, angemessen. Das ist die klare Bewertung des Gesetzgebers; dies haben wir in der Begründung des Gesetzes ausdrücklich festgehalten. Uns ist ja noch in Erinnerung, dass die bisherige Regelung in § 97 a des Urheberrechtsgesetzes nicht ausreichend war. Das wollen wir nicht wiederholen. Deswegen haben wir dieses stumpfe Schwert des Verbraucherschutzes nun deutlich geschärft.

Wir haben allerdings für krasse Fälle von Urheberrechtsverletzungen weiter eine Öffnungsklausel vereinbart, die eine Abweichung vom gedeckelten Gegenstandswert möglich macht, allerdings mit der Beson-derheit, dass dem Rechteinhaber die Beweislast darüber obliegt, dass die Voraussetzungen für eine Abweichung vom Regelwert von 1 000 Euro vorliegen. Das soll aber in Zukunft, wie ich schon betont habe, nur in absoluten Ausnahmefällen möglich sein. Insofern verstehe ich zwar die Bedenken, die hier gegen die Öffnungsklausel vorgebracht worden sind; aber gegenüber dem Regierungsentwurf und gegenüber der bisherigen Regelung gibt es jetzt eine deutlich konkretere Formulierung. Wir haben eine sehr klare Gesetzesbegründung, und wir haben eine Beweislastumkehr eingeführt. Damit sorgen wir dafür, dass diese neue Regelung nicht wieder leerlaufen kann, sondern wirkungsvoll ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben uns im Übrigen an dieser Stelle auch darauf verständigt, diese Regelung binnen drei Jahren nochmals zu evaluieren, weil wir damit rechnen, dass wir dann eine ausreichende Datengrundlage haben werden, um die Wirkung dieser Regelung überprüfen zu können.

Die zweite Neuerung gegenüber dem Regierungsentwurf, die ich ansprechen möchte, ist die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes. Das, meine Damen und Herren, ist ein Quantensprung für den Verbraucherschutz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Bisher konnte der Kläger bei urheberrechtlichen Streitigkeiten den für ihn günstigsten Gerichtsstand wählen. Nicht selten war das ein Gerichtsstand, an dem man besonders urheberfreundliche Urteile erwarten konnte, oder ein Gerichtsstand, der weit entfernt vom Wohnsitz des Beklagten lag, mit der Folge, dass die Beklagten oft davor zurückgeschreckt sind, die Wahrung ihrer Interessen vor Gericht überhaupt in Angriff zu nehmen.

Künftig wollen wir für Klagen gegenüber einer natürlichen Person, die urheberrechtlich geschützte Werke privat verwendet, ausschließlich das Gericht am Wohnsitz des Beklagten für zuständig halten. Das bedeutet, dass der Beklagte seine Interessen wahren kann und damit Waffengleichheit besteht. Ich glaube, das ist die zentrale Botschaft, die wir den Verbrauchern heute mitgeben können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Gesetzespaket führt dazu, dass wir missbräuchliche Abmahnungen deutlich zurückschneiden. Unser Ziel ist es, dass sich unseriöse Geschäftspraktiken künftig nicht mehr lohnen. Davon werden die Verbraucher profitieren. Davon werden aber auch die Unternehmen und die redlichen Rechteinhaber profitieren, wenn die legitime Durchsetzung ihrer Rechte nicht mehr in den Ruf unseriöser Geschäftspraktiken gerät.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

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