Rede zum Haushaltsgesetz 2019 für den Bereich des Bundesministeriums des Innern für Bau und Heimat

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der n-tv-Kommentator Benjamin Konietzny schrieb am letzten Montag, also zu Beginn dieser Woche, dass die Haushaltsdebatten des Bundestages nicht unbedingt den Ruf hätten, die kurzweiligsten Veranstaltungen im Parlament zu sein. Wenn ich rückblickend auf gestern und auf den heutigen Morgen schaue, dann muss ich feststellen, dass er sich, glaube ich, geirrt hat. Die Frage ist aber auch: Haben wir immer Qualität abgeliefert?

Gestern Abend haben mich einige Freunde und einige Bürgerinnen und Bürger angesprochen und gefragt: Was habt ihr da eigentlich am Dienstag gemacht? Warum pöbelt und beschimpft ihr euch eigentlich? Was ist eigentlich Sinn dieser Veranstaltung? Ich habe versucht, ihnen zu erklären, dass wir gerade eines der edelsten Rechte des Parlaments wahrnehmen, nämlich das Budgetrecht, das in Deutschland schwer erkämpft worden ist. Bei uns entscheiden eben nicht Abteilungsleiter oder Behördenchefs oder Staatssekretäre oder Minister, wie die Steuermittel ausgegeben werden, in welcher Höhe, wann und wofür, sondern wir, die gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter, entscheiden darüber. Dessen sollten wir uns bewusst sein.

Bevor ich auf den einen oder anderen Haushaltstitel, der mir wichtig ist, zu sprechen komme, möchte ich auf einen Vorredner eingehen, weil ich finde, dass man Derartiges so nicht durchgehen lassen darf. Hier hat ein Mitglied des Parlaments vorhin im Zusammenhang mit der Arbeit der Bundesregierung von Gleichschaltung gesprochen. Ich finde es ungeheuerlich, dass ihr Handeln als Gleichschaltung bezeichnet wird, also ein Begriff benutzt wird, den wir bisher so verstanden haben, dass er die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Weimarer Republik durch die Nazis beschreibt. Dass mit diesem Begriff die Arbeit der Bundesregierung mit dem damaligen Handeln auf eine Ebene gestellt wird, das sollten wir, glaube ich, nicht unwidersprochen durchgehen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auch deutlich sagen: Wer die Flüchtlingskrise von 2015 mit all ihren Schwierigkeiten und Auswirkungen mit dem millionenfachen Sterben auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges auf eine Ebene stellt, der versucht, wider besseres Wissen die Geschichtsbücher umzuschreiben. Auch das sollten wir nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe die ganz herzliche Bitte an die Bürgerinnen und Bürger, bei solchen Reden einmal genauer hinzuhören und zu überlegen, wem sie in Zukunft den Auftrag geben, sie hier zu vertreten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber nun zu den Haushaltstiteln, die mir besonders am Herzen liegen und auf die ich in den nächsten Wochen bei den Beratungen bis zur endgültigen Befassung im Haushaltsausschuss ein besonderes Augenmerk legen werde. Im Etat des Bundesinnenministers ist auch das Geld für den Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus festgeschrieben. Wir haben bei den Haushaltsberatungen 2018 schon darauf geachtet, dass es eine zusätzliche Personalausstattung und zusätzliches Geld gibt. Ich glaube, wir werden prüfen müssen, ob das auch für 2019 Sinn macht, nicht nur in Anbetracht der jüngsten Ereignisse und der strafbaren Handlungen gegen ein koscheres Restaurant in Chemnitz, sondern auch wegen zahlreicher anderer Vorkommnisse in unserem Land. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich das schleichende Gift des Antisemitismus in unsere Köpfe und Herzen einprägt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der AfD und der LINKEN)

Ich will den Beauftragten so ausstatten – und ich glaube, das will die große Mehrheit dieses Hauses auch –, dass er in der Lage ist, dafür zu sorgen, dass antisemitischem Gedankengut entgegengetreten werden kann und dass wir hier antijüdische Stereotype beseitigen können. Das fängt bei der Diskussion über Schulbücher an und geht über Witze und Bemerkungen bis dahin, das jüdische Leben in Deutschland besser zu verstehen. Ich möchte, dass wir dafür sorgen, dass sich Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland wohl und sicher fühlen können.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Das neue Jahr 5779 hat ja gerade begonnen, und vom Pult des Deutschen Bundestages sage ich allen jüdischen Menschen in Deutschland: Shana Tova! Ein gutes und süßes neues Jahr!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will aber auch noch auf Folgendes hinweisen: Ich war in der Sommerpause bei der Berliner Bereitschaftspolizei, die mit Fahrzeugen ausgestattet wird, die der Bund bezahlt. Ich habe dort Fahrzeuge gesehen, die in den nächsten Tagen beim Besuch des türkischen Staats­präsidenten und zum Schutz der Einheitsfeier am 3. Oktober zum Einsatz kommen. Sie sind schon 1988 he­rausgefahren, um gegen linke Chaoten in den Einsatz zu gehen, als damals die Weltbank noch in Westberlin tagte. Sie sind inzwischen über 35 Jahre alt. Die Ersatzteile werden von der Polizei inzwischen bei Oldtimerhändlern besorgt. Ich finde, das können wir auch nicht akzeptieren. Genau wie bei der Schutzausrüstung der Bereitschaftspolizei werden wir auch dort noch mal erheblich was drauflegen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

– Ich sehe Zustimmung beim Koalitionspartner und glaube, das geht in die richtige Richtung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

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