Rede zur Änderung des StGB zur Ausweitung des Maßregelrechts bei extremistischen Straftätern

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Möglichkeit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung kann seit dem Jahr 2011 im Rahmen der Führungsaufsicht angeordnet werden. Es geht darum, beispielsweise Gebots- und Verbotszonen zu definieren, um damit einen verurteilten Straftäter von weiteren Straftaten abzuhalten und die Resozialisierung in unserer Gesellschaft zu fördern.

Voraussetzung für die Anordnung der Führungsaufsicht ist bislang, dass der Straftäter zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren nach einer schweren Katalogstraftat verurteilt worden ist. Zu den Katalogstraftaten gehören der Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung, schwerer Raub, aber auch Straftaten gegen Leib und Leben.

Eines sollten wir heute im Bundestag auch feststellen: Es war richtig, dass der Gesetzgeber im Jahr 2011 diese Möglichkeit geschaffen hat, weil sie dazu beigetragen hat, beispielsweise durch elektronische Fußfesseln auch Kindergärten und andere Einrichtungen vor verurteilten Sexualstraftätern zu schützen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber wir müssen auch feststellen, dass wir neue Bedrohungen haben. Zu diesen Bedrohungen gehören der internationale Terrorismus und seine Begleiterscheinungen. Eine Verurteilung wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder wegen Terrorfinanzierung reicht bislang nicht aus, um im Rahmen der Führungsaufsicht eine elektronische Fußfessel anzuordnen.

Wir meinen aber, es gibt einen Bedarf dafür, dass demjenigen, der wegen einer Straftat bereits rechtskräftig verurteilt wurde, dass demjenigen, der eine Haftstrafe wegen Terrorfinanzierung oder wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung abgesessen hat, eine Fußfessel zur Überwachung angelegt werden kann. Das gehört zum Selbstbehauptungsrecht des Rechtsstaats.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Frau Jelpke, Sie haben hier ordentlich Nebelkerzen geworfen.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Längst nicht so viele wie Sie!)

Sie haben hier von Unschuldsvermutung oder von sogenannten Gefährdern gesprochen. Wer wegen Terrorfinanzierung oder wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bereits rechtskräftig verurteilt wurde, für den gilt nicht mehr die Unschuldsvermutung und der ist auch kein sogenannter Gefährder, sondern er ist ein Gefährder, und den muss dieser Rechtsstaat auch überwachen, um die Bürger zu schützen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben hier ein unerträgliches Maß an Täterschutz propagiert. Für uns steht der Opferschutz im Vordergrund.

(Beifall bei der CDU/CSU – Karin Binder [DIE LINKE]: Dann definieren Sie den Begriff „Gefährder“!)

Ich kann Ihnen ehrlich sagen: Wer nachweislich Terror finanziert hat, wer nachweislich Mitglied in einer terroristischen Vereinigung war, der kann nicht auf Toleranz dieses Rechtsstaats hoffen;

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht doch nicht um Toleranz!)

vielmehr setzen die Bürger darauf, dass sich der Rechtsstaat für sie einsetzt und dass der Rechtsstaat die Gefährder stärker überwacht, damit klar ist, in welchen Bereichen sie sich bewegen, damit sie sich nicht Bahnhöfen oder Flughäfen nähern.

Sie mögen jetzt einwenden: Es gibt Beispiele wie den schrecklichen Mord an einem Priester in Rouen in Frankreich, wo der Täter ebenfalls eine Fußfessel getragen hat.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Ja! – Karin Binder [DIE LINKE]: Zum Beispiel!)

Ja, das ist richtig. Diese Beispiele gibt es. Wir sagen auch nicht, dass eine Fußfessel stets dazu führen wird, dass es solche Straftaten nicht mehr geben wird. Aber die elektronische Fußfessel wird sehr stark dazu beitragen, dass der Rechtsstaat eine Möglichkeit mehr hat, solche Straftaten zu verhindern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht um die Erhöhung der Aufklärungs- und der Verhinderungswahrscheinlichkeit. Auch das ist ein hohes Gut in einem Rechtsstaat.

Es wird zukünftig von der Polizeitaktik abhängen, ob beispielsweise dann, wenn ein verurteilter Straftäter einen bestimmten Bereich betritt oder wenn er sich die Fußfessel durchschneidet und der Alarm ausgelöst wird, die Polizei innerhalb von fünf oder zehn Minuten Zugriff nimmt, um möglicherweise einen terroristischen Anschlag zu verhindern. Ich glaube, an diesem Spannungsfeld wird deutlich, dass wir hier ganz klar die rechtsstaatliche Balance wahren, dass wir hier im Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit unsere Bürger vor denjenigen schützen, die – ich wiederhole das – wegen einer schweren Straftat bereits verurteilt worden sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, aber all das wird allein nicht genügen. Wir müssen auch an das Polizeirecht herangehen; das ist auch ein dringender Appell an die einzelnen Länder. Der Bund macht das im Rahmen einer Novelle zum BKA-Gesetz, bei dem es um die Neuregelung von Befugnissen geht und über das wir später beraten werden. Aber auch die 16 Länder müssen ermöglichen, dass wir Gefährdern, die auffällig sind und bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen terroristischen Anschlag besteht, Fußfesseln anlegen. Diese Verpflichtung haben die Länder, und daraus dürfen wir sie nicht entlassen.

Ja, mit strafrechtlichen Mitteln allein werden wir dieses Themas nicht Herr werden. Wir brauchen auch Prävention und Aufklärung. Wir müssen uns die Frage stellen, weshalb sich junge Menschen in unserem Land vor unseren Augen radikalisieren und weshalb sie bereit sind, beispielsweise für den IS in den Krieg zu ziehen oder an Planungen terroristischer Attentate in Deutschland mitzuwirken. Wir sollten aber Prävention und strafrechtliche Maßnahmen nicht gegeneinander ausspielen; ein kluger und wehrhafter Rechtsstaat braucht vielmehr beides.

Wir legen heute mit diesem Gesetzentwurf die Grundlage dafür, dass wir verurteilten Straftätern, von denen eine hohe Gefahr ausgeht, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit Fußfesseln anlegen, um damit einen klaren und deutlichen Beitrag zur Sicherheit unserer Bürger zu leisten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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