Rede in der Aktuellen Stunde zu „Ehe für alle“

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Brunner, Sie wissen, dass ich Sie schätze.

(Mechthild Rawert [SPD]: Aber?)

Ich sage Ihnen aber angesichts Ihrer Rede ganz ehrlich: In dieser Debatte stelle ich nicht mehr unbedingt so hohe Ansprüche an Inhalt und Qualität. Wenn die Kollegen Beck und Kahrs sprechen, dann weiß ich, dass Emotionen im Spiel sind und dass das manchmal auf Kosten der parlamentarischen Fairness geht.

(Johannes Kahrs [SPD]: Na, na!)

Wenn die Kollegin Künast spricht – das weiß ich aus dem Ausschuss –, fehlt manchmal vielleicht die inhaltliche Tiefe.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der geistige Titan hat jetzt das Wort! – Johannes Kahrs [SPD]: Oberlehrer!)

Ich sage Ihnen aber ganz ehrlich, Kollege Brunner: Was Sie heute vorgetragen haben, hatte für mich die Züge einer Büttenrede. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Als Sie behauptet haben, dass wir den Koalitionsvertrag brechen, war ich kurz davor, mich kaputtzulachen; denn ich kann mich an von Ihnen gestellte Anträge zur Geschäftsordnung im Rechtsausschuss erinnern, in denen Sie selbst auf den Koalitionsvertrag verwiesen haben. Mir ist wichtig, dass wir bei der Wahrheit bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Johannes Kahrs [SPD]: Den sollten Sie mal lesen! Lesen bildet! Denken hilft!)

Ich möchte noch vier Aspekte ansprechen, die mir wichtig erscheinen. Auch in dieser Debatte wird der Eindruck erweckt, dass Deutschland in Sachen Gleichstellung das Schlusslicht sei.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, der Iran und Saudi-Arabien sind schlimmer!)

Bisweilen werden Länder – ich höre es schon wieder – wie Mexiko, die USA und Brasilien in diesem Zusammenhang genannt. Ich möchte davor warnen, solche Länder als beispielgebende Vorbilder für Deutschland in Sachen Gleichstellung zu nennen; denn wenn Sie sich diese Länder genau anschauen und eine Bestandsaufnahme machen, dann werden Sie feststellen, dass es in diesen Ländern im Moment tragischerweise nur um ein Etikett geht. Aber Inhalte wie Diskriminierungsschutz im Arbeitsrecht und entsprechende Regelungen fehlen in diesen Ländern noch komplett. Deswegen schlage ich vor, damit aufzuhören, hier nur über das Etikett zu diskutieren. Vielmehr sollten wir schauen, was Gesellschaft und Politik in Sachen Gleichstellung tatsächlich geleistet haben.

(Johannes Kahrs [SPD]: Wir können das ganz einfach regeln: mit der Öffnung der Ehe! – Weiterer Zuruf von der SPD: Das sind Winkelzüge!)

Des Weiteren wird behauptet, das Bundesverfassungsgericht fordere die Ehe für alle. Das ist fast eine Originalaussage des Kollegen Beck. Kollegin Künast hat es genauso formuliert. Darüber wundere ich mich jedes Mal. Es gibt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013. Ich bitte Sie inständig, diese zu lesen. Dort heißt es nämlich, dass die Ehe ein Institut ist, das alleine der Verbindung von Mann und Frau vorbehalten ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dann kommt oft die Aussage – das ist der dritte Aspekt –: Nur die Bezeichnung als Ehe beseitigt jegliche Diskriminierung. – In der Anhörung am 28. September 2015 – der Kollege Kahrs war leider verhindert; sonst würde er die Aussagen kennen – wurde Professor Ipsen gefragt, ob wir eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft als Ehe bezeichnen müssen, um jegliche Diskriminierung zu vermeiden. Die Aussage des Juristen lautete: Nein.

Im Übrigen ist es so – die Kollegin Winkelmeier-Becker hat es vorhin schon angesprochen –: Auch bei Mann und Frau gibt es unterschiedliche Bezeichnungen, aber gleiche Rechte. Sie selbst, wenn ich Sie erinnern darf, haben immer von Gleichstellung gesprochen. Wenn Sie schauen, was der Begriff „Gleichstellung“ bedeutet, dann sehen Sie, dass es unterschiedliche Dinge sind, die grundsätzlich gleichzubehandeln sind. Und es sind unterschiedliche Dinge, auch wenn Sie das nicht hören mögen.

(Johannes Kahrs [SPD]: Das glauben Sie selbst nicht, was Sie da sagen!)

Damit komme ich zu meinen Argumenten. Aus einer Ehe, der Verbindung zwischen Mann und Frau, können potenziell Kinder hervorgehen. Deswegen steht sie unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes, ob Ihnen das gefällt oder nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mechthild Rawert [SPD]: Samenspende!)

Dann kommt der Satz: Das gesellschaftliche Verständnis der Ehe hat sich gewandelt. – Auch das kann ich so nicht mittragen. Die Ehe ist nach wie vor die mit Abstand häufigste Form menschlichen Zusammenlebens. 70 Prozent aller Kinder werden in der Ehe groß. Ich bin dankbar für ein ganz wichtiges Zitat – da dürfen die Grünen immer wieder zuhören –, welches lautet:

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum sollen wir denn zuhören? Wir sind doch angeblich nicht fähig dazu!)

So ist und bleibt die klassische Ehe die bevorzugte Lebensform der meisten Menschen – und das ist auch gut so.

Das wurde gesagt von Winfried Kretschmann am 6. Oktober 2016 in der Zeit.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das will niemand ändern!)

– Herr Beck, ich verstehe Ihre Emotionen. In diesem Fall tut wahrscheinlich Zuhören weh.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie Angst, dass sich etwas ändert, wenn Homosexuelle heiraten?)

Sie sehen also, es gibt tatsächlich viele Argumente, Dinge anders zu sehen.

(Johannes Kahrs [SPD]: Aber Unsinn sollte man nicht erzählen!)

Diese andere Meinung werde ich mir nicht nehmen lassen. Ich werde mich auch nicht wegducken. Ich persönlich – das sage ich Ihnen ganz ehrlich – habe keinen Beratungsbedarf. Wir führen diese Debatte nur aus einem Grund, und zwar weil sich die SPD in diesem Punkt nicht findet und sagt: Wir würden ja so gerne, aber wir können nicht wegen denen.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es ja auch!)

Ich kann nichts dafür – deswegen scheue ich mich auch nicht vor dieser Debatte –, dass die SPD an dieser Stelle so saft- und so kraftlos ist.

(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Das war jetzt aber wahre Manneskraft! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Hoffmann – wenn man sonst Termine mit ihm hat, ist er schüchtern wie ein Mäuschen! Hier muss er Stammtischreden halten!)

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