Rede zum ITER-Projekt

24.*) Beratung BeschlEmpf u Ber (18.A)

zum Antrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Moratorium jetzt - Dringliche Klärung von Fragen zu Mehrkosten des ITER-Projekts

- Drs 17/6321, 17/7934 -

In meinem Wahlkreis in Garching befindet sich seit 1971 die größte Forschungsanlage für Kernfusion in Europa, das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, auch IPP genannt.

Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik ist nicht nur das größte Forschungsinstitut auf diesem Gebiet, es bearbeitet im Bereich der deutschen Fusionsforschung gemeinsam mit den Instituten in Karlsruhe und dem Forschungszentrum Jülich alle relevanten Fragestellungen, die auf dem Weg zu einem Fusionsreaktor zu lösen sind.

Alle dort erzielten Ergebnisse fließen in die Planung des internationalen Testreaktors ITER mit ein. Das IPP verfügt hier also über ungeheures Wissenspotenial, das es zu nutzen und zu fördern gilt.

In Garching arbeiten derzeit 650 hochqualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Aufgabe, physikalische Grundlagen zu entwickeln, um Energie aus der Verschmelzung von Atomkernen zu gewinnen.

Nach dem Vorbild der Sonne wird hier versucht, eine Kernfusion von schweren und überschweren Wasserstoffkernen zu bewirken. Dabei könnte sehr viel Energie gewonnen werden. Der Vorteil dabei ist, dass die benötigte Brennstoffmenge viel geringer ausfallen würde als bei der Kernspaltung. So wäre eine schnelle Abschaltung des Reaktors, ohne Kettenreaktion oder ähnlichen Leistungsanstieg wie bei der Kernfusion, die zum „Durchgehen“ des Kraftwerks führen könnte, gewährleistet. Übrig bliebe bei einer Abschaltung das Edelgas Helium zurück, das nicht radioaktiv ist und für industrielle Zwecke genutzt werden kann.

Die Forschungsanlage in Garching ist für das ITER-Projekt Vorreiter. Es hat das „ITER Design“, das heißt –, die Form und die Magnetfelder des Versuchsreaktors entwickelt.

Das Forschungskraftwerk ITER soll in Zukunft zeigen, dass ein Energie lieferndes Fusionsfeuer möglich ist und somit die Kernfusion kommerziell nutzbar gemacht werden kann. Gelänge dies, könnten wir damit für die Zukunft auf eine sichere, umweltfreundliche und unerschöpfliche Energiequelle zurückgreifen.

Vorteil dabei wäre, dass bei der Kernfusion kein umweltschädliches CO2 und kein radioaktiver Müll entstehen würden. Damit wäre also in der Konsequenz auch das leidige Problem der Endlagerung gelöst. Ein weiterer Vorteil: Solche Anlagen nehmen wesentlich weniger Platz in Anspruch als Solar- oder Windkraftanlagen und wären viel effizienter als alle derzeitigen Szenarien.

Fakt ist auch, dass die Fusion das Speicherproblem lösen könnte, für das bis heute immer noch keine konstruktive Lösung gefunden wurde. Zudem würden Fusions-kraftwerke in die vorhandene Struktur der Stromerzeugung passen. Wir haben die Energiewende eingeläutet, und damit sollten wir auch konsequent und verantwortungsvoll in alle Richtungen forschen.

Ideologische Scheuklappen, wie sie vorzugsweise die Kolleginnen und Kollegen der grünen Opposition tragen, sind hier fehl am Platz. Die Kernfusion kann hier als sichere und saubere Alternative dienen.

Die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht. Die asiatischen Länder sind auf diesem Gebiet auf dem Vormarsch. In den letzten Jahren wurden neue Fusionsexperimente in China, Korea, Indien und Japan gebaut. Als ITER-Partner haben diese Länder Zugang zu allen Technologien, die beim ITER-Aufbau benötigt und entwickelt werden. China beispielsweise plant, bereits im Jahr 2016 mit dem Bau eines Fusionskraftwerks zu beginnen. Es soll 2025 in Betrieb gehen und auch die Finanzierung scheint bereits gesichert. Hier dürfen Deutschland und Europa auf keinen Fall den technologischen Anschluss verlieren. Denn Energieforschung ist weitaus mehr als ein Instrument nationaler Politik. Hier gilt es, die europäischen Anstrengungen zu bündeln. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass mit der Fusionstechnik ein Quantensprung im neuen Energiezeitalter beginnen wird.

Kernargument im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen für ein Moratorium ist die Finanzierung des Projektes. Die ITER-Finanzierung teilen sich EU, USA, Japan, Russland, China, Indien und Südkorea. Sie wissen doch, Forschungsprogramme kosten immer erst einmal Geld, viel Geld. Das ist überall so. Die Bundesregierung ist dennoch darauf bedacht, dass die Kosten auf europäischer Ebene nicht aus dem Ruder laufen. Deshalb wurden auch die Kosten entsprechend auf 6,6 Milliarden Euro gedeckelt.

Die Fusionsforschungsarbeiten in Deutschland und Europa und das Internationale Fusionsexperiment ITER stehen für eine funktionierende internationale Zusammenarbeit in der Energieforschung. Das wollen und können wir nicht durch ein Moratorium, wie im Antrag der Grünen gefordert ist, aufs Spiel setzen: erstens weil wir nicht alleine sind und weil es sich hier um eine internationale Kooperation handelt, in der wir als zuverlässiger Partner nicht wegfallen dürfen. Zum Zweiten ist Deutschland auch nur mittelbar an dem Projekt beteiligt, denn Euratom ist der eigentliche Vertragspartner. Drittens wären Moratoriumskosten oder gar Ausstiegskosten immens hoch, ohne dass etwas erreicht würde. Deutschland hätte sich hier einmal wieder ins finanzielle und technologische Abseits katapultiert, seinen technologischen Vorsprung verspielt und wichtige Standorte verloren. Dies wird es mit uns allerdings nicht geben. Deutschland muss ein wettbewerbsfähiger Industriestandort bleiben!

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