Rede zum Dritten Pflegestärkungsgesetz – PSG III

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als letzter Redner in dieser Debatte muss ich feststellen, dass sich Opposition und Koalition in vielen Dingen einig sind. Ich glaube, wir sind uns vor allem darin einig, dass es in dieser Legislaturperiode viele Verbesserungen für pflegebedürftige Menschen, für ihre Angehörigen, aber auch für die Pflegekräfte gegeben hat. Ich glaube auch, dass wir uns einig sind, dass wir mit dem Ersten Pflegestärkungsgesetz die Leistungen der Pflegeversicherung deutlich ausgeweitet und noch passgenauer gemacht haben und dass wir mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz, dessen Kernstück der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff war, gute und richtige Dinge auf den Weg gebracht haben. Mit dem Entwurf eines Dritten Pflegestärkungsgesetzes, welches wir hier diskutieren, führen wir den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff nun auch in die Sozialhilfe ein. Damit stellen wir sicher, dass künftig auch finanziell schlechtergestellte Menschen pflegerische Leistungen nach diesen verbesserten Regelungen erhalten. Diese Ausweitung ist alles andere als trivial; vielmehr stellt sie eine weitreichende sozialpolitische Errungenschaft dar.

Wir haben schon vom Abrechnungsbetrug gesprochen; ich möchte das nicht alles wiederholen. Neu in diesem Gesetzentwurf ist, dass ein Recht zur systematischen Prüfung durch die Krankenkassen auch im Bereich der häuslichen Krankenpflege gegeben ist. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen kann und soll auch hier künftig regelmäßig die Qualität und die Abrechnungen von Leistungserbringern kontrollieren. Damit stellen wir sicher, dass die Beitragsgelder der Versicherten dort ankommen, wo sie hingehören. Schließlich sind wir kein Selbstbedienungsladen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für mich sind hier noch drei weitere Punkte bedenkenswert.

Erstens. Das Prüfrecht darf nicht einfach dadurch unterwandert werden können, dass Betroffene dazu gebracht werden, die Einwilligung zur Datenweitergabe zu verweigern.

Zweitens. Wir sollten darüber nachdenken, ob wir nicht vielleicht sogar ein in gleicher Weise gestaltetes Recht zur Prüfung durch die Träger der Sozialhilfe ermöglichen.

Drittens. Die Zulassungsvoraussetzungen für die Gründung von Pflegediensten müssen wir hier verschärfen. Ich möchte dem schon jetzt entgegnen, dass man hier gleich wieder sagt, das, was wir da vorhätten, sei schädlich für Investitionen und Innovationen. Ich kann Ihnen nur eins sagen: Es ist einfach unanständig, wenn Betreiber, denen bereits einschlägige Betrugsdelikte nachgewiesen wurden, einfach unter einem anderen Namen hier wieder Dienste anbieten. Das ist ein Etikettenschwindel, und den bekämpfen wir.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiteres Anliegen dieses Gesetzentwurfs ist es, die Pflegeberatung in Deutschland noch besser verfügbar zu machen. Frau Scharfenberg hat ausgeführt, dass hierbei die Kommunen unsere Spezialisten vor Ort sind; das sehen wir genauso. Einen Anfang machen wir mit 60 Modellkommunen. Das Ganze wird ordentlich evaluiert, und dann sehen wir auf jeden Fall weiter. Wichtig ist, dass sich die Länder in diesen Evaluierungsprozess einbringen, dass man diese Möglichkeiten nutzt. Wir werden sehen, inwieweit echte Verbesserungen bei der Beratung der Betroffenen eintreten.

Von Betroffenen sowie von verschiedenen Organisationen und Verbänden wurde ich auch auf Befürchtungen aufmerksam gemacht, der heute diskutierte Gesetzentwurf führe im Verbund mit dem Bundesteilhabegesetz zu Nachteilen an den Schnittstellen zwischen Pflegeversicherung, Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe. Diese Hinweise nehmen wir sehr ernst. Laut Gesetzentwurf sollen die Leistungen der Pflegeversicherung im häuslichen Bereich den Eingliederungsleistungen vorgehen, es sei denn – das ist wichtig –, bei der Leistungserbringung steht die Erfüllung von Aufgaben der Eingliederungshilfe im Vordergrund. Im weiteren gesetzgeberischen Verfahren wird zu klären sein, ob der Blick auf das Ziel der pflegerischen Leistung – Eingliederung oder Pflege – ein ausreichendes Unterscheidungsmerkmal darstellt.

Entscheidend ist für mich in diesem Zusammenhang – das möchte ich zum Schluss noch einmal klar zum Ausdruck bringen – folgender Gedanke: Wir regeln, dass die betroffenen Menschen, also die Leistungsempfänger, keinen eigenen Abstimmungsaufwand zu betreiben haben. Die Abstimmungen zwischen der Pflegeversicherung und den Sozialhilfeträgern werden gewissermaßen geräuschlos ablaufen müssen, sozusagen hinter den Kulissen, was aber nichts mit mangelnder Transparenz zu tun hat; das möchte ich sofort in Richtung Opposition sagen. Neben der verbesserten Beratung ist es für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen entscheidend, dass sie bei der Beantragung keinem übermäßigen bürokratischen Mehraufwand ausgesetzt sind.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Mechthild Rawert [SPD]: Genau! Beratung aus einer Hand!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, mit dem Dritten Pflegestärkungsgesetz machen wir heute vor allem einen Schritt in die richtige Richtung. Ich freue mich auf konstruktive Diskussionen mit den Pflegebedürftigen, aber auch mit den Menschen mit Behinderung und mit all denjenigen, die ein Interesse daran haben, dass wir Verbesserungen schaffen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

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