Rede zum Haushaltsgesetz 2017 - Auswärtiges Amt (Einzelplan 05)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer schon einmal vom Paul-Löbe-Haus zum Hauptbahnhof gegangen ist, der kennt vielleicht den kleinen Trampelpfad zur Fußgängerbrücke über die Spree. Mit der Zeit haben die Berliner und Gäste dieser Stadt eine Schneise in die Grünfläche getreten, um den etwas längeren gepflasterten Weg zur Brücke abzukürzen. Vor kurzem hatte irgendein mutiger Mitarbeiter des Berliner Grünflächenamtes ein Einsehen: Der Trampelpfad ist verbreitert und mit Begrenzungen und Schotterbelag versehen worden. – In vielerlei Hinsicht sind dieses freie Finden von Wegen und die helfende Hand der Politik, wenn es darum geht, aus sich bildenden Trampelpfaden gepflegte Trottoirs zu schaffen, sinnbildlich für die Herangehensweise im Großen, auch in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, die ich nach dem bisher schon Gesagten im Besonderen hervorheben möchte.

Viele Initiativen, die im Bereich der AKBP gefördert werden, hatten ihren Ursprung in der Zivilgesellschaft, in den vielfältigen Künstlerszenen und Vereinen, oder entstanden aus dem Wunsch der Menschen heraus, über Grenzen hinweg einen Zugang zueinander zu finden. Oft sind Mut und Entschlossenheit erforderlich. Im kreativen wie gleichsam sensiblen Bereich der AKBP kann es für die Politik auch ratsam sein, gelegentlich Zurückhaltung zu üben, Kultur einfach um der Kultur willen zu fördern und den vorher beispielhaft genannten Trampelpfad einen Trampelpfad sein zu lassen. Die AKBP ist kein Instrument der starren Richtlinien und Vorgaben, sondern lebt von der Kreativität ihrer Akteure.

Im Haushalt 2017 wird uns für diesen Politikbereich allein im Kapitel zur Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland die Rekordsumme von 923 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mein ganz herzlicher Dank geht an Alois Karl als zuständigen Berichterstatter der Unionsfraktion im Haushaltsausschuss, an seine Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen, an Außenminister Steinmeier, an Staatsministerin Böhmer sowie an die zuständigen Mitarbeiter im Auswärtigen Amt. Ich danke insbesondere auch den Mitgliedern des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik für die gute Zusammenarbeit und den gemeinsamen Einsatz für unsere Anliegen – ein Einsatz, liebe Kolleginnen und Kollegen, der sich wirklich gelohnt hat.

Die zusätzlichen 552 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und Krisenprävention sind von meinen Vorrednern bereits genannt worden. In Übereinstimmung mit den damit verbundenen Zielen hat der Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik einen Aufwuchs im Titel der Regionalen Programmarbeit mit einem Fokus auf Krisenregionen eingebracht. Ein Plus von rund 7 Millionen Euro kommt diesem Bereich zugute.

Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung erhält für die Ausweitung der 2015 gestarteten Philipp-Schwartz-Initiative eine Erhöhung ihrer Fördermittel um 15 Millionen Euro. Das Programm, das Sie, Herr Kollege Karl, zu Recht bereits angesprochen haben, ermöglicht Hochschulen in Deutschland die Aufnahme verfolgter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – eine sehr wichtige Initiative.

Wir stärken das deutsche Auslandsschulwesen. Zusätzlich 5 Millionen Euro sind für den Ausbau der PASCH-Initiative vorgesehen. Mehr Schulen mit einem Schwerpunkt auf der Vermittlung der deutschen Sprache in der weiten Welt bedeuten eine größere Zahl von Bildungsbiografien mit Deutschlandbezug als Ausgangspunkt grenzüberschreitender Vernetzung. Ein weiteres Plus von 250 000 Euro und damit eine Erhöhung auf insgesamt 1,25 Millionen Euro stärkt etwa das Programm zur Förderung des deutschsprachigen Schulwesens in Rumänien.

1,2 Millionen Euro zusätzlich kommen dem Kulturerhalt zugute. Die Zerstörung antiker Stätten und anderer Kulturgüter im Zuge von Konflikten hat ein erschreckendes Ausmaß angenommen. Mit diesen Mitteln können unter anderem das Engagement von Staatministerin Böhmer als Beauftragte des Auswärtigen Amtes für ­UNESCO-Welterbefragen und die Arbeit des Deutschen Archäologischen Instituts gestärkt werden.

Um bei meinem eingangs verwendeten Bild des Findens von Wegen zu bleiben: Es ist auch Aufgabe der AKBP, Brücken zu bauen. Ich freue mich sehr, dass im Einzelplan 05 zusätzliche 8 Millionen Euro für neue ­Goethe-Zentren in Armenien und Aserbaidschan zur Verfügung stehen. Die in beiden Ländern große Nachfrage an Deutschkursen ist hervorragend. Ich freue mich, dass wir darauf eine gute Antwort finden konnten. Kulturelle Angebote in diesen Ländern sind sicher ein guter Beitrag für eine Annäherung und Verständigung. Immer wieder flammt der Konflikt zwischen beiden Ländern auf. Das ist sicher auch fehlenden Zugängen von Gesellschaft zu Gesellschaft geschuldet. Ich wäre froh, wenn durch das Wirken der Goethe-Institute in diesen Ländern Verständnis gebildet und gefördert würde. Die Wirkung der AKBP als konflikt- und krisenpräventives Politikmittel macht einen beherzten Einsatz in Zeiten der Unsicherheit ganz besonders wichtig.

Meine Damen und Herren, es wäre eigentlich die Zeit der AKBP in der Türkei! Leider stehen hinter vielen Projekten dort nunmehr Fragezeichen. Ein solches Fragezeichen steht hinter der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul. Sie ist das Leuchtturmprojekt der Wissenschaftskooperation unter Federführung des DAAD. Anfang November wurden sechs Mitglieder des Lehrpersonals Ziel der Entlassungs- und Verhaftungswellen der türkischen Regierung.

Während die türkische Künstler- und Kulturszene sich mehr und mehr in ihrer Existenz bedroht fühlen muss, läuft unser Stipendienprogramm in der Künstlerakademie Tarabya zum Glück weiter. „Wie lange noch?“, könnte man sich sorgenvoll fragen. Im Oktober kündigte die Türkei das EU-Kulturprogramm „Kreatives Europa“ einseitig auf. Es wird nicht einfach sein, jeden Zentimeter Freiraum, der durch die deutsche AKBP in der Türkei ermöglicht wird, zu verteidigen. Im Interesse einer freien Künstler- und Kulturszene sollten wir allerdings jede Mühe auf uns nehmen.

Meine Damen und Herren, die AKBP findet nicht nur Wege, baut nicht nur Brücken, sondern auch Häuser. Ich bin sehr froh, dass es noch kurz vor Abschluss der Haushaltsverhandlungen gelungen ist, die notwendigen Mittel für die Renovierung und Modernisierung des Hauses in der Fifth Avenue in New York und der kürzlich erworbenen Thomas-Mann-Villa in Los Angeles bereitzustellen. Gerade über das New Yorker Projekt, das nun schon viele Jahre geplant, mit wechselnden Konzepten ausgestattet und dann doch immer wieder verschoben wurde, freue ich mich ganz besonders. Es kommt mir fast wie Bestimmung vor, dass der Haushaltsausschuss diesem Projekt ausgerechnet zwei Tage nach einer US-Präsidentschaftswahl zugestimmt hat, die zumindest einige Fragezeichen hinter die Zukunft und Ausrichtung der deutsch-amerikanischen Beziehungen setzt. In dem zukünftig German Academy genannten Haus werden Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen für Beiträge aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Bildung, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft geschaffen. Auch Künstlerresidenzen werden ein möglichst vielfältiges Angebot ergänzen. Die German Academy in New York wie auch das Thomas-Mann-Haus in Los Angeles sollen dem Zweck dienen, Vertrauen zwischen Deutschland und den USA zu fördern und das gegenseitige Verständnis zu stärken – gerade dieser Tage ganz besonders wichtige Aufgaben.

Meine Damen und Herren, die AKBP findet Wege, öffnet Türen und ermöglicht Zugänge zueinander, baut Brücken und schafft in ihren Häusern, Akademien, Schulen, Universitäten und Instituten, Schutz- und Freiräume. Der Haushalt 2017 bietet dafür bessere Voraussetzungen als je zuvor.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

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