Rede zur Innovationsbrücke zwischen Hochschule und Praxis

Das Thema Transfer, die Überführung von technologischen Neuerungen in die Praxis, ist eine der zentralen Herausforderungen unseres Wissenschaftssystems. Uns Bildungs- und Forschungspolitiker bewegen im Grunde dieselben Fragen: Wie schaffen wir es, möglichst rasch hochwertige und marktfähige Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und Innovationen zügig in die Praxis, in den Alltag zu bringen? Wie gelingt es uns, die verfügbaren Ressourcen so einzusetzen, dass sie den bestmöglichen Output liefern? Wie werden aus Ideen konkrete Anwendungen? Kurzum: Wie lassen sich Innovationen am besten und am schnellsten zu den Menschen, in die Gesellschaft bringen? Als Bildungs- und Forschungspolitiker ist es unsere Aufgabe, darauf Antworten zu finden und Lösungen zu entwickeln.

Transfer: ein essenzielles Thema. Die Koalition hat das Transferthema fest auf ihrer Agenda. Wir wissen: Innovationen sind das Fundament unserer Volkswirtschaft. Sie sind essenziell, um im weltweiten Wettbewerb auch künftig erfolgreich zu bestehen. Wir wollen auch weiterhin zu den führenden Innovationsnationen und den attraktivsten Wissenschafts- und Industriestandorten gehören. Genau aus diesem Grund investieren wir eine ganze Menge in Bildung, Forschung und Transfer, in diesem Jahr sogar wieder mit einem Rekordhaushalt. Wir wollen, dass die Ergebnisse auch da ankommen, wo sie hingehören: in die Gesellschaft und in die Wirtschaft.

Fakt ist: Deutsches Know-how ist weltweit begehrt. Viele Länder beneiden uns um unsere exzellenten Forschungsinstitute und hochinnovativen Unternehmen, insbesondere den Mittelstand mit seinen zahlreichen Hidden Champions. Das ist auch das Ergebnis einer Politik, die gute Rahmenbedingungen und die richtigen Akzente setzt: Im Globalen Wettbewerbsbericht 2018 des Weltwirtschaftsforums – das ist nicht irgendwer! – belegt Deutschland den ersten Platz vor den USA. Im Wettbewerbsranking belegt unser Land Platz drei hinter USA und Singapur. Ausschlaggebend ist die Zahl der gemeldeten Patente und wissenschaftlichen Produkte und Zufriedenheit der Kunden mit deutschen Produkten. So schlecht kann es um den Transfer in unserem Land also sicherlich nicht stehen. Wir können stolz darauf sein auf das, was Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowie Unternehmer und Unternehmerinnen hierzulande leisten. Aber freilich dürfen wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Das tun wir auch keineswegs.

Im Bundesbericht Forschung und Innovation 2018 findet sich ein umfangreicher Überblick über die Wissenschafts- und Transferakteure, die Schwerpunkte und die zahlreichen und vielfältigen Förderinstrumente. Der Bericht zeigt: Der Bund verfügt über ein breites, auf die jeweiligen Bedürfnisse von Forschung und Wirtschaft zugeschnittenes Förderangebot: Es profitieren Unternehmen, KMUs, Universitäten, Fachhochschulen, Forschungsorganisationen und Start-ups. Es gibt Unterstützung für die verschiedensten technologischen und sozialen Innovationen. Es gibt vielfältige Hilfe bei der Vernetzung und internationalen Kooperation. Es gibt Förderung und Unterstützung in der Breite, vor Ort, etwa direkt für den Mittelstand.

Mit dem Programm Mittelstand digital des BMWi etwa fördern wir mehrere Mittelstand-4.0-Agenturen und über 20 Mittelstand-4.0-Kompetenzzentren und ein Kompetenzzentrum Handwerk 4.0 – das sind starke Verbünde aus Forschungs- und Transferpartnern –, um KMUs bei der Digitalisierung unter die Arme zu greifen und Know-how in die Breite zu tragen: durch Sensibilisierung, Beratung, Demonstratoren, Qualifizierung und vieles mehr. Dieses bundesweite Angebot wird rege angenommen, wie Evaluationen zeigen. Es hat Tausende von Interessierten erreicht und viele Firmen bei Veränderungsprozessen unterstützt. Damit gehen wir eine zentrale Herausforderung an: die Digitalisierung auch in kleine und mittlere Unternehmen zu bringen.

Transfer: Was wir noch besser machen müssen. Wir sind uns bewusst, dass wir bei einigen Zukunftstechnologien, insbesondere aber bei Plattformen und Geschäftsmodellen noch besser werden müssen. Daher richten wir eine Agentur für Sprunginnovationen, eine Agentur für Cybersicherheit und ein deutsch-französisches Netzwerk für KI ein. Zudem wollen wir die Rahmenbedingungen für Start-ups weiter verbessern und die Gründerkultur weiter stärken.

Klar ist aber auch: Der Übergang zur Marktreife dauert nicht selten viele Jahre. Das ist Wissenschaft. Es gibt eben keine Garantie, dass am Ende immer etwas Bahnbrechendes herauskommt. Von der Forschung hin zur Anwendung ist es oftmals ein langjähriger Prozess. Schauen Sie sich die Entwicklung der künstlichen Intelligenz an. Über Jahrzehnte hinweg galt dieser Forschungszweig eher als Nischenbereich, nicht selten wurden KI-Forscher belächelt. Doch seit einigen Jahren ist KI ein Megathema, eine Technologie mit immensem Anwendungspotenzial geworden.

Bei der Frage der Optimierung des Transfers stellen sich aus meiner Sicht insbesondere folgende Fragen:

Erstens: Wo gibt es bei den verschiedenen Förderprogrammen Überschneidungen oder vermeidbare Duplizierungen? Was könnte man straffen oder besser ausdifferenzieren?

Zweitens: Wo könnte man auf überflüssige Bürokratie verzichten?

Drittens: Wie können wir den Transfer noch messbarer machen? Ich finde: Wir müssen schärfere Kriterien entwickeln, strengere Berichtspflichten und wissenschaftsgeleitete Evaluationsverfahren einführen und die Forschungs- und Innovationsakteure noch stärker in die Pflicht nehmen, denn immerhin geht es um die Verwendung von Steuergeld. Das wird auch ein wichtiges Thema bei der Neuauflage des Paktes für Forschung und Innovation sein.

Ja zur Stärkung des Transfers, aber Nein zu mehr Bürokratie. Wir sind offen für innovative Vorschläge zu der Frage, was wir beim Transfer noch besser machen können. Doch ob die Schaffung einer Deutschen Transfergesellschaft, die unweigerlich zu mehr Bürokratie führen würde, ein hilfreiches Modell darstellt, halte ich für fraglich. Es ist doch gerade ein Zuviel an Bürokratie, das Innovationen hemmt. Ob durch ein solches Konstrukt der Transfer wirklich gestärkt und Deutschland noch innovativer wird, erscheint keineswegs sicher. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass sich Innovationen von einem neuen großen Verwaltungsapparat steuern lassen. Wir sollten uns stattdessen darauf konzentrieren, die vorhandenen Förderinstrumente zu verbessern und ungenutzte Potenziale besser auszuschöpfen.

Lassen Sie uns im Forschungsausschuss gerne gemeinsam weiter darüber beraten, wie wir unser Land noch innovativer machen können.

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