Rede zur Bundeswehr in Afghanistan

6.) Beratung Antrag DIE LINKE.

Widerruf der gemäß §8 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes erteilten Zustimmungen zu den Anträgen der Bundesregierung vom 28. Januar 2011 und 23. März 2011

Bundeswehr aus Afghanistan abziehen

- Drs 17/7547 -

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, den die Linken hier vorgelegen, tut schon etwas weh. Wir wissen ja, dass Sie von der Linken grundsätzlich gegen jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber bei einem so vielschichtigen Thema wie Afghanistan einen Antrag vorzulegen, in dem Sie in ein paar Zeilen so mir nichts, dir nichts den sofortigen Abzug der Bundeswehr fordern und das auf einer Seite mit ein paar allgemeinen Textbausteinen begründen, ist aus meiner Sicht nicht angemessen.

(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Ihr hättet gar nicht erst hingehen dürfen! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das sind schöne Internationalisten da drüben!)

Darüber kann sich aber jeder selbst sein Urteil bilden.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Setzen Sie sich doch mal inhaltlich mit uns auseinander!)

Was mich aber betroffen macht, meine Damen und Herren von der Linken, ist, dass Sie sich in Ihrem Antrag mit keinem Wort dazu äußern, was denn die Konsequenzen eines sofortigen Abzugs für Afghanistan wären: für den bisher erreichten Fortschritt beim Wiederaufbau, für die Übergabe der Verantwortung an das afghanische Volk, für die Sicherheit der Menschen und der zivilen Helfer dort, für die wirtschaftliche Situation im Lande. Mit den konkreten Folgen Ihrer Forderungen beschäftigen Sie sich nicht. Wichtig ist Ihnen nur, dass die Überschriften stimmen und morgen in den Zeitungen steht: Linke fordert sofortigen Abzug aus Afghanistan.

(Zuruf von der LINKEN)

Meine Damen und Herren, das ist keine Basis für eine ernsthafte Debatte über die Frage, wie langfristig Frieden und Stabilität in Afghanistan geschaffen werden können. Die Antwort auf diese Frage umfasst ein ganzes Bündel an politischen, diplomatischen, entwicklungspolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen, die langfristig angelegt sein müssen und die auch nach dem Abzug des Militärs in 2014 weiter wirken werden.

(Zuruf der Abg. Karin Binder [DIE LINKE])

Ich finde, Deutschland spielt beim Finden einer entsprechenden Lösung eine sehr positive, konstruktive Rolle. Am 5. Dezember werden sich Außenminister und Vertreter aus über 90 Ländern in Bonn treffen, um dort darüber zu beraten, wie es nach dem Abzug der Kampftruppen 2014 in Afghanistan weitergehen wird. Eben nicht in der Weise „Augen zu und raus und nach uns die Sintflut“, sondern vielmehr von den Überlegungen getragen: Was muss bis dahin an zivilen Maßnahmen noch in die Wege geleitet werden? Wie kann ein langfristiges Engagement der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan aussehen?

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist das Problem!)

Wie muss der politische Prozess der Übergabe in Verantwortung ausgestaltet werden?

Dass Deutschland auf afghanischen Wunsch hin Gastgeber dieser Konferenz sein darf, ist ein Zeichen des hohen Vertrauens, das uns von diesem Land und von der internationalen Staatengemeinschaft entgegengebracht wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Das zeigt sich auch immer wieder in Umfragen, in denen vom Ausland der deutsche Einfluss in der Welt sehr positiv bewertet wird.

(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Oh Gott! Am deutschen Wesen …! Gruselig!)

Das ist vielleicht der größte Trumpf, den wir in unserer Außenpolitik haben. Den dürfen wir nicht leichtfertig verspielen. Das Vertrauen, das uns entgegengebracht wird, gründet unter anderem darauf, dass uns kein Hegemonialdenken unterstellt wird,

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Nein, nur wirtschaftliche Interessen!)

und auch darauf, dass wir in der Welt als zuverlässige und verlässliche Partner gelten.

Meine Damen und Herren, ich komme zurück auf Afghanistan und die Forderung der Linken nach einem sofortigen Abzug. An dem Einsatz beteiligen sich im Moment 49 Nationen aus der ganzen Welt. Diese teilen sich die Aufgabe sowohl regional als auch funktional auf. Dass man eine solche globale Aufgabe gemeinsam unter dem Dach der Vereinten Nationen angeht, ist doch begrüßenswert. Das geht aber nur, wenn sich die Länder untereinander auf Zusagen verlassen können und Entscheidungen wie die eines Abzuges gemeinsam treffen, und zwar in enger Abstimmung mit dem Land, dem man helfen möchte. Und es sind auch die Menschen vor Ort, die sich auf uns verlassen, die mit unseren Soldaten zusammenarbeiten und deren Leben wir unter Umständen aufs Spiel setzen würden, wenn wir uns von heute auf morgen aus der Verantwortung verabschieden würden. Das alles blendet die Linke aus, wenn sie heute einen sofortigen Abzug fordert. Das ist verantwortungslos.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist gerade dabei – der Kollege Stinner hat es vorhin angesprochen –, im Vorfeld der Mandatsbeschlüsse die Voraussetzungen für eine Reduzierung zu schaffen. Ich würde es begrüßen, wenn sich dafür eine breite Mehrheit im Parlament finden würde.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

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