28.05.2020
Dr. Silke Launert: Wir wollen modernes Adoptionswesen in Deutschland
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Rede zum Adoptionshilfe-Gesetz

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! „Wer bin ich?“, „Wo komme ich her?“, „Wem sehe ich ähnlich: Vater oder Mutter?“, das sind Fragen, die sich grundsätzlich jeder Mensch stellt, und Fragen, die in den meisten Fällen einfach zu beantworten sind – in den meisten Fällen, eben nicht in allen. Denn immer dann, wenn ein Kind zur Adoption freigegeben wurde, stehen anstelle von einfachen Antworten oft viele Fragezeichen.

Gründe, ein Kind zur Adoption freizugeben, gibt es viele. So unterschiedlich die Einzelfälle auch sind, so eint die einzelnen betroffenen Kinder aber eine Frage, und zwar die nach der eigenen Identität. Wie die wissenschaftlichen Forschungen belegen, ist die Frage nach der eigenen Herkunft, nach der Identität wohl die zentrale Frage des Lebens, der Dreh- und Angelpunkt, zumindest dann, wenn sie nicht geklärt ist.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Eine Frage, die sich nicht verdrängen lässt und die einen, gerade wenn sie nicht geklärt ist, meist zeitlebens nicht loslässt.

Ein offener und selbstverständlicher Umgang mit dem Thema Adoption – das belegen die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung – ist daher elementar für die eigene Identitätsfindung und damit auch elementar für das einzelne betroffene Kind, um eine gefestigte Persönlichkeit zu entwickeln und das Adoptiertsein gut in sein Selbstbild zu integrieren. Nicht selten kommt es vor, dass Betroffene, denen die Adoption zunächst verschwiegen wurde, erzählen, dass sie immer irgendwie das Gefühl hatten, dass etwas nicht stimmt. Was sie sich nicht erklären konnten: Aber das Gefühl war immer da.

Uns allen ist bewusst, dass es sich hier um ein äußerst sensibles Thema handelt. Umso wichtiger ist es, allen Betroffenen, dem adoptierten Kind, den Herkunftseltern, aber auch den Adoptivfamilien, in dieser Situation Unterstützung zu bieten, sie auf die Herausforderungen vorzubereiten und zu begleiten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Koalitionsvertrag haben wir festgelegt, dass wir ein modernes Adoptionswesen in Deutschland wollen, dass es unser Ziel ist, die Strukturen der Beratung und der Adoptionsvermittlung zu verbessern. Und dieser Zielsetzung kommen wir heute nach. Mit dem Adoptionshilfe-Gesetz wollen wir alle Beteiligten unterstützen und damit vor allem dem Kindeswohl zur besseren Durchsetzung verhelfen.

Hierzu haben wir zum einen den Rechtsanspruch auf nachgehende Begleitung durch eine Adoptionsvermittlungsstelle eingeführt. Eine Adoption ist nicht nur der formale Akt, der Beschluss des Familiengerichts; nein, sie ist damit nicht abgeschlossen. Eine Adoption ist eine lebenslange Entscheidung, ein lebenslanger Weg für alle Beteiligten. Und wir wollen, dass fachkundige Wegbegleiter auf diesem Weg zur Seite stehen. Niemand soll ihn allein gehen; denn aus den Forschungen wissen wir: Es kommt zu Herausforderungen, und es ist besser, wenn man gut darauf vorbereitet ist.

Diese Zielsetzung liegt auch der Neuregelung zugrunde, nach welcher die Adoptionsvermittlungsstellen die annehmenden Eltern dahin gehend beraten, dass sie das Kind von Anfang an altersentsprechend über die Tatsache der Adoption aufklären sollen. Zudem sollen sie bereits vor Beginn der Adoptionspflege mit den Eltern – den Herkunfts- und den Adoptiveltern – erörtern, wie sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen können. Dafür soll von Anfang an der Nährboden gelegt werden.

Darüber hinaus führen wir verpflichtende Beratungen auch bei Stiefkindadoptionen ein. Die Auswirkungen einer Adoption, sowohl tatsächlich als auch rechtlich, sind massiv. Die Fachexperten haben uns in der Anhörung auch dargelegt, wie wichtig es ist, dass man die Beteiligten frühzeitig umfassend über alle Folgewirkungen tatsächlich-rechtlicher Art aufklärt. Das ist der Grund, warum wir das hier einführen.

Ein weiterer Punkt ist das Verbot der unbegleiteten Auslandsadoption; Frau Ministerin hat dazu schon mehr ausgeführt.

Geben Sie uns allen heute die Chance, gemeinsam dazu beizutragen, allen, die am Adoptionswesen beteiligt sind – insbesondere den betroffenen Kindern –, zu dem zu verhelfen, was uns allen am Herzen liegt: zu einer Familie, die ein Ort ist, an dem man stets weiß, wer man ist, aber auch, wo man hingehört.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu lesbischen Paaren sagen Sie nichts! Das ist echt schwach!)