05.07.2018
Dr. Volker Ullrich: Was strafbar ist, muss auch strafbar bleiben
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Haushaltsgesetz 2018 - Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Einzelplan des BMJV weist beachtliche Festlegungen auf. Zu nennen ist der nochmalige Stellenaufwuchs beim Deutschen Patent- und Markenamt. Mit über 60 zusätzlichen Stellen wird sichergestellt, dass Patente schneller erteilt werden und der Schutz gegen Missbrauch des geistigen Eigentums – elementar in einer Wissensgesellschaft – verstärkt wird. Ich glaube, das ist eine gute Nachricht für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland.

Ebenso gut ist, dass im Rahmen des Paktes für den Rechtsstaat Stellenzuwächse beim Generalbundesanwalt zu verzeichnen sind, zum einen, um den Herausforderungen von wichtigen Verfahren besser begegnen zu können, zum anderen, um Strukturverfahren – gerade auch wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bürgerkrieg in Syrien und im Irak – vorzubereiten, weil auch klar sein muss, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit verfolgt und abgeurteilt werden müssen.

Ähnlich wichtig ist auch, dass wir den Stellenaufwuchs im Rahmen des Paktes für den Rechtsstaat beim Bund durch einen entsprechenden Aufwuchs der Stellen an den Gerichten und Staatsanwaltschaften der Länder flankieren lassen. Der Pakt für den Rechtsstaat setzt eben voraus, dass Bund und Länder diese Aufgabe gemeinsam angehen, und ich bin optimistisch, dass es uns gelingt, eine gemeinsame Haltung für unseren Rechtsstaat zu entwickeln.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In dieser Zeit ist das Thema „Wohnen und Miete“ zu einem drängenden Thema geworden. Ja, die Menschen – gerade in den großen Städten – fragen sich, ob sie Wohnraum finden, aber auch, ob der Wohnraum, den sie haben, bezahlbar bleibt. Beide Punkte haben wir im Blick. Wir teilen die Sorge der Menschen in Bezug auf steigende Mieten und knappen Wohnraum. Deswegen brauchen wir hier kluge Lösungen. Es ist richtig, dass wir die Mieter bei Modernisierungen schützen, indem wir die Modernisierungsumlage von 11 auf 8 Prozent herabsetzen. Das bedeutet, dass dadurch Mieter vor einer zu starken Mieterhöhung im Rahmen von Modernisierungen geschützt werden; denn oftmals ist es der Fall, dass man nach Auszug aus seiner Wohnung gerade nicht mehr in seinem angestammten Kiez oder in seiner Umgebung eine neue Wohnung findet.

Wir wollen im Rahmen der Mietpreisbremse ein wirklich drängendes Problem angehen, nämlich die Frage: Wie valide sind denn die Mietpreisspiegel? Das ist doch das entscheidende Problem. Es gab bereits viele Entscheidungen von Amtsgerichten, die Klagen gegen die Mietpreisbremse deswegen verworfen haben, weil der Mietspiegel eben nicht valide genug war. Deswegen wollen wir im Bereich der Mietspiegel nachbessern.

Meine Damen und Herren, wir brauchen aber auch einen deutlichen Fahrplan und eine Prioritätensetzung für die rechtspolitische Agenda der nächsten Wochen und Monate.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann kommt die denn?)

Im Vordergrund steht die Frage, wie wir das Recht der Abmahnungen neu regeln können. Wir haben nicht vergessen, dass wir vor vier oder sechs Wochen wegen Abmahnungen im Rahmen der Datenschutz-Grundverordnung besorgt waren. Diese Sorge ist uns nach wie vor geblieben.

(Beifall des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

Wir wollen, dass hier schnell gehandelt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir wollen auch über mehr Verbraucherschutz sprechen und darüber, wie wir Streuschäden für Verbraucher besser geltend machen können. Wir müssen darüber sprechen, wie wir das Wohneigentumsrecht deutlicher und stärker regeln.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen auf alle Fälle keine Agenda, Frau Kollegin Bayram, die grundsätzliche Haltungen unseres Rechtsstaats infrage stellt, nämlich Legalisierung von Cannabis oder Legalisierung von Schwarzfahren. Wir sagen ganz klar: Was strafbar ist, muss auch strafbar bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben im Übrigen auch unrecht in Bezug auf das Opferentschädigungsgesetz. Ja, der Anschlag auf dem Breitscheidplatz hat uns erschüttert. Aber bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir im Augenblick dabei sind, das Opferentschädigungsgesetz zu novellieren, weil wir aus den Umständen des Anschlags gelernt haben und wir zukünftig Opfer besser betreuen wollen und werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, abschließend ist es mir wichtig, zu sagen, dass ich allen Kollegen dankbar bin – darüber bin ich auch froh –, die heute darauf hingewiesen haben, dass der Rechtsstaat auch durch diejenigen gefährdet ist, die ihn schlechtreden, die für populistische Propaganda und aus taktischen Gründen die Geltung des Rechts in Deutschland in Abrede stellen und damit Misstrauen säen. Klar ist: Wer Misstrauen gegen den Rechtsstaat sät, der meint am Ende ein Misstrauen gegen ein freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen. Das können und werden wir nicht zulassen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es ist auch nicht richtig, dass es hier Rechtsbrüche gab. Der EuGH hat beispielsweise im Fall Jafari deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Selbsteintrittsrecht Deutschlands im Rahmen der Dublin-Verordnung gültig und damit rechtssicher war.

(Beifall der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])

Wenn wir über Europa reden, meine Damen und Herren, dann muss uns auch die Sorge umtreiben, was in Europa passiert. Dann muss uns die Sorge umtreiben, dass beispielsweise in Polen das Verfassungsgericht und der Oberste Gerichtshof entmachtet werden,

(Beifall der Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

dass in Rumänien eine Strafrechtsreform verabschiedet worden ist,

(Marianne Schieder [SPD]: Um Ungarn müsst ihr euch kümmern als CSU! – Dr. Eva Högl [SPD]: Nicht so viel Viktor Orban einladen!)

die darauf abzielt, elementare Grundsätze des Strafverfahrens zu missachten.

Nein, meine Damen und Herren, es geht bei dieser Debatte um eine ganz wichtige Haltung, nämlich dass der Rechtsstaat zu einer funktionierenden Demokratie dazugehört und dass wir für einen wehrhaften und aktiven Rechtsstaat stehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Marianne Schieder [SPD])