Schneller, einfacher, freier – Mit Corona-Selbsttests zurück in die Normalität

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon seit Beginn dieser Pandemie lautet unsere Devise: umfassend und gezielt testen. Deshalb haben wir unsere Testkapazitäten bereits im vergangenen Frühjahr schnell hochgefahren und seitdem kontinuierlich ausgebaut. Denn wir wissen: Testen gehört zu den wichtigsten Werkzeugen bei der Bekämpfung des Coronavirus.

Mit den Antigenschnelltests können wir jetzt auch ohne großen Aufwand vor Ort testen und damit mögliche Infektionsketten zügig unterbrechen. Besonders sinnvoll ist das zum Beispiel in Pflegeheimen, medizinischen Einrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünften, also überall dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen. Für die Pflegeheime stellen wir dafür seit Dezember auch umfangreiche finanzielle Mittel zur Verfügung, und zwar nicht nur für die Testkits, sondern auch für das Fachpersonal.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bislang waren jedoch solche Antigenschnelltests auf dem Markt, die gemäß ihrer Zulassung ausschließlich für den professionellen Gebrauch vorgesehen waren. Gestern hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nun aber auch die ersten drei Sonderzulassungen für Schnelltests zur Eigenanwendung erteilt. Damit ist jetzt umso wichtiger, die Alltagstauglichkeit und die Leistungsfähigkeit dieser neuen Tests eng im Blick zu behalten. Zudem brauchen diese Produkte zwingend verständliche Gebrauchshinweise, die auf die richtige Anwendung, aber auch auf die Limitationen hinweisen. Denn ein falsch angewendeter Test bringt in der Regel erst einmal ein negatives Ergebnis, und dessen sollten wir uns bewusst sein.

Vor lauter Euphorie über die Schnelltests muss ich zudem gerade in dieser Situation erneut vor der weiteren Ausbreitung der neuen Virusmutationen warnen. Auch wenn jetzt die ersten Schnelltests zugelassen sind: Wir werden in dieser Situation auf absehbare Zeit keine kompletten Lockerungen umsetzen können. Länder wie Großbritannien und Portugal standen im vergangenen Jahr genau an diesem Punkt. Mit den dort beschlossenen Lockerungen hat sich die Zahl der Coronafälle binnen weniger Wochen vervielfacht.

Auch Deutschland ist vor dieser Gefahr nicht gefeit, meine Damen und Herren. Der Anteil der britischen Mutante liegt mittlerweile bereits bei über 30 Prozent. Wer auf die Studiendaten aus Großbritannien schaut, sieht, dass diese Variante bis zu 50 Prozent ansteckender sein kann und mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar schwerere Krankheitsverläufe auslöst. Ich sage es Ihnen noch mal: Sobald diese gefährliche Virusmutante den Wildtyp verdrängt hat – das kann bereits in wenigen Wochen der Fall sein –, werden die Fallzahlen auch bei uns wieder steigen. Jetzt vor allem auf ungezielte Massentests zu bauen, kann gefährlich sein.

Im Vergleich zum PCR-Test sind Schnelltests zudem insbesondere bei asymptomatischen Patienten deutlich weniger empfindlich, und je mehr Menschen wir damit ohne Anlass testen, desto ungenauer wird das Ergebnis. Aus meiner Sicht fahren wir besser damit, gezielt zu testen statt einfach ins Blaue hinein, zum Beispiel überall dort, wo sich ältere und kranke Menschen aufhalten oder wo eine Ansteckung wahrscheinlich ist.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Pilsinger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ullmann?

Stephan Pilsinger (CDU/CSU):

Ja, natürlich.

Dr. Andrew Ullmann (FDP):

Herr Pilsinger, herzlichen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Sie sprachen gerade über die Unzuverlässigkeit des Tests. Meinen Sie, dass wir dann die Tests weglassen sollten? Würden Sie jetzt sagen, dass es gut ist, wenn beispielsweise Schülerinnen und Schüler getestet werden, oder sollen wir es gleich sein lassen und sie trotzdem in die Schule schicken? Wie sehen Sie das? Sie haben gerade ein Plädoyer gegen diese Testungen gehalten, und mich würde jetzt interessieren, wie Ihre Meinung oder die Meinung der Union diesbezüglich ist, also ob Sie denken, dass diese Schnelltests vielleicht widersinnig sind.

Stephan Pilsinger (CDU/CSU):

Herr Kollege Ullmann, ich habe deutlich gesagt, dass Schnelltests ein wirkungsvolles Mittel sind, aber kein Allheilmittel. Man muss deutlich darauf hinweisen, dass bei asymptomatischen Patienten der Schnelltest oft nicht sensibel genug ist. Wir können mit dem Schnelltest nur feststellen, ob jemand hoch ansteckend ist. Deswegen müssen wir uns genau überlegen, wen wir testen, und wenn wir testen, dann müssen wir sehr regelmäßig testen.

Diese Schnelltests sind Momentaufnahmen; auch Professor Meyer-Hermann hat dies in der Vergangenheit richtigerweise schon mehrfach in den Medien gesagt. Sie lassen nur eine Aussage über die letzten 12 bis 24 Stunden zu. Deswegen denke ich, dass wir noch mal genau eruieren müssen, wo, wann und wie oft wir testen.

Tests allein werden aber kein Allheilmittel sein, um die Virusmutationen einzudämmen. Massentests haben auch in Österreich nicht dazu geführt, das Virus komplett auszulöschen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Heike Baehrens [SPD] – Dr. Andrew Ullmann [FDP] meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Nur eine Frage. – Jetzt läuft die Redezeit weiter.

Stephan Pilsinger (CDU/CSU):

Im Vergleich zu PCR-Tests sind Schnelltests zudem insbesondere bei asymptomatischen Patienten deutlich weniger empfindlich. Je mehr Menschen wir damit ohne Anlass testen, desto ungenauer wird das Ergebnis.

Mittlerweile stehen uns die Tests auch in ausreichender Zahl zur Verfügung. Deshalb ist nun der richtige Zeitpunkt gekommen, um die Anwendung der Schnelltests auf weite Bereiche auszudehnen und sie zum Beispiel in Kitas und Schulen täglich anzuwenden. Mit den regelmäßigen Tests können wir zwar nicht alle Infizierten sofort erkennen, aber zumindest einen Großteil derjenigen, die bereits hoch ansteckend sind. Hier sind wir jetzt klar im Vorteil im Vergleich zum vergangenen Jahr, als uns noch nicht ausreichend Tests zur Verfügung standen. Diesen Vorteil sollten wir nun nutzen.

Natürlich gilt in der jetzigen Situation: Ein negativer Test ist nur eine Momentaufnahme und entbindet uns nicht von der Einhaltung der Coronamaßnahmen. Gezielte Testungen auf das Coronavirus sind ein wesentlicher Baustein bei der Eindämmung der Pandemie; aber sie werden eben nicht zu einer signifikanten Absenkung der Fallzahlen führen können.

Unser Weg aus der Pandemie bleibt weiterhin das Impfen. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch mal betonen: Auch wenn andere Länder hier eine abweichende Strategie fahren, steht bei uns weiterhin der individuelle, vollständige Schutz des Einzelnen im Vordergrund. Sobald uns ausreichend Impfdosen zur Verfügung stehen, können wir die Impfungen auch in die Hände der niedergelassenen Ärzte geben. Dann werden sich die täglichen Impfkapazitäten noch einmal vervielfachen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Bis dahin müssen wir uns aber gedulden.

Schnelltests können uns über die kommenden Monate hinweghelfen, und sie werden auch Leben retten. Aber bitte lassen Sie sich nicht dazu verleiten, darin eine Lösung für diese Krise zu sehen. Es handelt sich um ein gutes Werkzeug – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Solange wir unsere Kontakte und unsere Mobilität weiterhin einschränken, wird das Virus auch weniger Gelegenheit vorfinden, sich zu verbreiten. Das ist es, worauf es jetzt wirklich ankommt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Druckversion