Redebeitrag zum Schlussbericht der Enquete-Kommission zur Künstlichen Intelligenz

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Am 4. November, also gestern, um kurz vor 7 Uhr deutscher Zeit war es so weit: Das Gegenmittel wurde eingesetzt, das in der deutschen Übersetzung hölzern klingt, aber verständlich ist. Ich zitiere:

Einige oder alle der Inhalte, die in diesem Tweet geteilt werden, sind umstritten und möglicherweise irreführend in Bezug auf die Beteiligung an einer Wahl oder einem anderen staatsbürgerlichen Prozess.

Es war dieser Warnhinweis, den der Kurznachrichtendienst Twitter ausspielte, als der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika seinem politischen Widersacher vorwarf, ihm seinen Wahlsieg zu stehlen. Ob der Hinweis hilft, das wissen wir nicht genau; denn egal ob Fake News, Filterblasen oder Echokammern: Die Inhalte, die wir in den sozialen Medien zu sehen bekommen, sind von Algorithmen geprägt, die auf künstlicher Intelligenz beruhen.

Die Mechanismen, wie zum Beispiel die Polarisierung der digitalen Öffentlichkeit, werden zwar viel diskutiert, sind jedoch nur sehr spärlich erforscht. Das liegt nicht etwa am Desinteresse der Wissenschaftler, sondern daran, dass sie ihren Forschungsgegenstand nicht angemessen untersuchen können. Was ihnen fehlt, sagt der Bericht der Enquete-Kommission sehr deutlich: der Zugang zu Daten der sozialen Netzwerke. Nur wenn wir die Meinungsbildung im Netz verstehen, kann Politik auch die richtigen Regeln für den Diskurs im Netz setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Mario Brandenburg [Südpfalz] [FDP])

Dass die Koalitionsfraktionen den Bericht der Enquete-Kommission ernst nehmen, zeigt sich auch daran, dass sie Handlungsempfehlungen bereits jetzt umsetzen. Bei der Reform des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes beispielsweise werden die Union und auch die SPD alles daransetzen, eine Forschungsklausel in das Gesetz zu bringen. Unser Ziel ist mehr Erkenntnis für Demokratie im Netz.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auch die Forderung des Berichts der Enquete-Kommission nach einer Reform des Wettbewerbsrechts ist bereits in der Umsetzung. Mit der GWB-Novelle sind wir weltweit eines der ersten Länder, die sich der Macht der Tech-Giganten mit einem Gesetz entgegenstellen.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das stimmt!)

Denn diese besitzen den Rohstoff des Wohlstands von morgen, den Rohstoff, der KI zum Laufen bringt: Daten. Wir müssen für fairen Wettbewerb, für mehr Datenzugang im Wettbewerb sorgen; denn wir wollen, dass nicht nur wenige große, sondern viele kleine Unternehmen die Chance von KI für unsere Gesellschaft heben können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Die GWB-Novelle ist eines der zentralen wirtschaftspolitischen Projekte dieser Koalitionsfraktionen, und wenn alles gut geht, dann liegt dieses Jahr zu Weihnachten ein Geschenk unter dem Baum, das nicht nur den fairen Wettbewerb stärkt, sondern auch die Wahlfreiheit der Verbraucher. So geht soziale Marktwirtschaft im digitalen Zeitalter. So sichern wir wirtschaftliche Freiheit im Netz.

Wir werden nicht müde, diesen Weg für Freiheit, Recht und wirtschaftliche Fairness im digitalen Zeitalter weiterzugehen. Der Bericht der Enquete-Kommission zeichnet diesen Weg vor. Neben dem Zugang zu Daten muss der Einsatz von künstlicher Intelligenz transparent gemacht werden; denn nur so erlangen wir das Vertrauen der Bürger und können die Chancen künstlicher Intelligenz in einem menschenzentrierten Ansatz nutzen.

Im öffentlichen Raum muss erkennbar bleiben, welche Informationen wahr sind und welche nicht. Insbesondere Journalisten und Behörden müssen deshalb in die Lage versetzt werden, die Echtheit von digitalen Inhalten zweifelsfrei zu erkennen. Wir müssen den Gefahren durch sogenannte Deepfakes entgegentreten. Und wenn Roboterjournalismus – wie heute teilweise schon, beispielsweise bei der Berichterstattung über Sportveranstaltungen, das Wetter oder Verkehrsmeldungen – immer präsenter wird und sich immer weiter ausweitet, dann müssen diese Texte als KI-generiert gekennzeichnet werden. Diese Transparenz ist wichtig für die öffentliche Debatte und wichtig für die Demokratie.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Um Demokratie geht es auch hier und heute. Während für künstliche Intelligenz Daten essenziell sind, ist die Demokratie ohne den Willen zum Kompromiss nicht denkbar. Berichte von Enquete-Kommissionen nehmen dabei eine ganz besondere Funktion ein; denn Regierungs- und Oppositionspolitiker finden hier gemeinsam das Fahrwasser, in das wir unsere Gesellschaft steuern wollen. Auch die Fraktion Die Linke war in diese Kompromissfindung intensiv mit eingebunden; wir haben auch mit Ihnen gute Diskussionen geführt. An vielen Stellen haben Sie die Möglichkeit von Sondervoten genutzt, was völlig in Ordnung ist. Dass Sie trotzdem nicht die Kraft finden, diesem Bericht zuzustimmen, ist unverständlich und schade; denn es wird der intensiven Arbeit aller Fraktionen nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Mario Brandenburg [Südpfalz] [FDP] – Zuruf der Abg. Jessica Tatti [DIE LINKE])

Wo führt das denn eigentlich hin, wenn Parteien und Fraktionen nicht mehr für den Kompromiss eintreten?

(Jan Korte [DIE LINKE]: Man kann doch eine eigene Meinung haben! Was ist das für eine Argumentation? – Weitere Zurufe von der LINKEN)

Und da wären wir dann wieder beim Beginn meiner Rede, bei den Warnhinweisen von Twitter und einer fragilen digitalen Öffentlichkeit. Als Union wollen wir dieser Fragilität entgegentreten, und deshalb brauchen wir Transparenz und entsprechenden Datenzugang für mehr Demokratie und Freiheit im Netz.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

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