Redebeitrag in der aktuellen Stunde zu politischen Konsequenzen für BM Scheuer

Herr Präsident! Es fällt einem wirklich schwer, am Anfang „Liebe Kollegen!“ zu sagen. Einen solchen Tag, eine solche Themenaufsetzung und auch eine solche Rede hat dieses Haus wirklich selten erlebt. Schon der Titel dieser Aktuellen Stunde – „Auftritt des Bundesministers“ – entlarvt die gesamte Inszenierung, die die Opposition hier veranstaltet. Sie wollten diesen Untersuchungsausschuss, obwohl wir der Auffassung waren, die Aufklärung hätte anders erfolgen können. Sie wollten die Geschäftsordnung bemühen, damit wir in diesen Untersuchungsausschuss gehen. Jetzt tun Sie genau das Gegenteil: Sie behindern die Arbeit des Untersuchungsausschusses, Sie führen sie ad absurdum. Warum? Weil Sie den Zirkus wollen und nicht die Suche nach der Wahrheit. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es geht um einen „Auftritt“ – das muss man sich einmal vorstellen! –, weil der Pulverdampf, den der Untersuchungsausschuss hervorruft, nicht ausreicht. Nach Wochen, nach Monaten, nach ordnerweisem Durchkämmen auf der Suche nach der angeblichen Wahrheit sind bisher null, keine Verstöße

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

des Ministeriums gegen das Vergaberecht, keine haushaltsrechtlichen Unregelmäßigkeiten, kein Fehlverhalten des Ministers feststellbar.

(Dr. Christian Jung [FDP]: Da müssen Sie ja selbst lachen!)

Selbst der so hochgelobte Tag, an dem der Minister Rede und Antwort stehen musste, ging nach hinten los, weil bestenfalls noch klar ist, dass Aussage gegen Aussage steht.

Dann sind wir bei dieser hoch umwundenen Aussage. Es ist vollkommen klar – das hat der letzte Tag im Untersuchungsausschuss schon erbracht bei der Suche nach der Motivation –: Warum soll denn eigentlich ein Unternehmen, das in Verluste zu geraten droht, weil jeder Tag an Verzögerung Unmengen an Geld bedeutet, ein solches Angebot machen? Vier Wochen vor dem angeblichen Gespräch, in dem dieses Angebot zur Verschiebung wegen des fragwürdigen EuGH-Urteils gefallen sein soll,

(Dr. Christian Jung [FDP]: Richterschelte!)

wurde noch deutlich gemacht: Nein, wir wollen unter keinen Umständen irgendeine Verzögerung, irgendeine Verspätung, weil das Geld kostet. – Und dann soll dieses freimütige, unternehmerisch so selbstlose Angebot gekommen sein?

Zwei Zeugen sagen übereinstimmend – zusätzlich zum Minister –: Das ergibt überhaupt keinen Sinn. – Der Hauptbelastungszeuge ist an dieser Stelle einer, der gar nicht dabei war. Und das nimmt man zum Anlass, nicht etwa im Untersuchungsausschuss weiter zu forschen? Interessanterweise findet das hinter verschlossenen Türen statt, weil es um ein laufendes Schiedsgerichtsverfahren geht. Und welch Wunder: Jetzt reden wir über die Motivation, warum ein Unternehmen, dem ein Geschäft in Millionenhöhe durch die Lappen ging, plötzlich Interesse daran hat, die Arbeit der Bundesregierung, die Arbeit dieses Ministers zu diskreditieren. Da mag man an Interessenspolitik denken. Und ganz ehrlich: Zwischen 500 Millionen Euro und null, da liegt für Herrn Schulenberg und Kollegen die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist die wahre Motivation, warum man plötzlich, ein paar Monate nach einem angeblichen Gespräch, eine Notiz fingiert; darum geht es.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wer macht jetzt im Augenblick daraus Politik? Nicht der Untersuchungsausschuss, nicht die Suche nach der Wahrheit. Nein, nein, der Zirkus muss hier stattfinden. Sie behindern die Arbeit sogar noch: Gerade eben sollte der Untersuchungsausschuss weiterlaufen, gerade eben sollten weitere Zeugen vernommen werden. Nein, wir machen hier eine Aktuelle Stunde. Herr Präsident, das ist eine äußerst fragwürdige Auslegung der Geschäftsordnung.

Ich kann es nur noch einmal sagen: Sie haben betont, dieser Geschäftsordnungsausschuss muss als Untersuchungsausschuss tagen, weil der Verkehrsausschuss das nicht aufarbeiten kann. – Jetzt sind Sie mit den Ergebnissen unzufrieden, jetzt muss der Zirkus ins Plenum getragen werden. Sie sollten sich schämen an dieser Stelle wegen dieser überbordenden Auslegung der Geschäftsordnung!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist der eigentliche Skandal im Verlauf dieses Untersuchungsausschusses.

Am Ende des Tages bin ich einmal gespannt, ob Sie die Geduld aufbringen werden und auch die notwendige Haltung.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fällt Ihnen sonst nichts ein? Sagen Sie doch mal was zum Minister! Verteidigen Sie mal den Minister!)

Bei so viel Doppelmoral muss man selbst bei diesem Niveau schon sagen: Sehr, sehr niedrig. „Sind Sie bereit, am Ende des Tages wirklich sehenden Auges die Wahrheit zu akzeptieren?“, diese Frage stellt sich für mich als einzige in diesem Untersuchungsausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war zwar laut, aber inhaltsfrei!)

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