Redebeitrag zur Hinrichtung Navid Afkaris und der deutschen Iranpolitik

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 12. September dieses Jahres hat der iranische Staat Navid Afkari ermordet. Seine letzten Stunden musste der weltberühmte Ringer im Adel-Abad-Gefängnis in Schiras verbringen – ein Gefängnis, das bekannt ist für seinen großräumigen Folterkeller, in dem auch das Geständnis erzwungen wurde, unter dessen Vorwand Navid Afkari hingerichtet worden ist.

Unter Folter erzwungene Geständnisse und Hinrichtungen von Oppositionellen, die Unterdrückung der eigenen Bevölkerung können und müssen unter dem Begriff des Staatsterrors zusammengefasst werden. Das ist die Situation, in der sich der Iran befindet.

Die Menschenrechtssituation ist grausam. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist nicht gegeben. Aber die Situation geht weit darüber hinaus: Minderjährige werden hingerichtet. Demonstranten, die für eine bessere Versorgungslage, für Meinungsäußerung, für Kopftuchfreiheit auf die Straße gehen, werden durch Revolutionsgarden aus dem Hinterhalt erschossen. Das ist die Wahrheit des Jahres 2020 im Iran. Deswegen ist unsere wichtige Botschaft, dass wir alle in diesem Parlament hinter den Menschen stehen, die von diesem Regime verfolgt werden: mutige Iranerinnen und Iraner, die dagegen aufbegehren. Ihnen gehört unsere Solidarität.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Ich möchte aber auch erwähnen, dass mich einiges an dieser Debatte, beispielsweise die Schärfe, gestört hat. Wenn hier auch in Zwischenrufen der Kollege Omid Nouripour – der eine sehr bewegende Rede gehalten hat, der an Regimegegner erinnert hat, die in Gefängnissen leiden, die ermordet worden sind – von dieser Seite als Freund des Mullah-Regimes betitelt wird, überschreitet das die Grenze des Anstands. Das sage ich auch über die Parteigrenzen hinweg.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch der Abg. Corinna Miazga [AfD])

Wir müssen zur Kenntnis nehmen: Der Iran destabilisiert die gesamte Region. Er unterstützt die Hamas und die Hisbollah. Er führt Krieg im Jemen. Er probt in der Straße von Hormus den Seekrieg. Er unterstützt das Assad-Regime. Erst im Juli dieses Jahres hat Assad mit Teheran ein sogenanntes Militärabkommen zum Thema Luftabwehr geschlossen. Es ist das gleiche Regime, in welches nur eine Bundestagsfraktion in den letzten Jahren gereist ist, nämlich die AfD. Wer auch immer die Menschenrechtsverletzungen im Iran hier darstellt, der ist unglaubwürdig, wenn er demjenigen seine Aufwartung macht, der ein ebensolcher Schlächter ist wie das Regime in Teheran, nämlich Assad und seine Schergen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, wir brauchen eine gemeinsame, noch stärkere europäische Handschrift, auch gegen das Regime in Teheran. Wir brauchen die Unterstützung der Exiliraner. Wir brauchen auch eine deutliche Ansprache der Menschenrechtssituation im Iran. Und wir müssen alles dafür tun, dass eine Friedensordnung im Nahen Osten weiter entsteht, auch und gerade – ich betone das – für das Existenzrecht Israels, das gerade vom Iran in Abrede gestellt wird. Das steht für uns nicht zur Debatte, dass auch nur ein Land dieser Welt das Existenzrecht Israels in Abrede stellen darf.

Ich will mit einem Satz schließen, den ich im heutigen „Spiegel“ gefunden habe, eine bewegende Geschichte über Navid Afkari. Darin sagt eine Mutter, die auch ihre Tochter verloren hat, zur Mutter von Navid Afkari – ich zitiere –:

Du musst jetzt der Held sein, der Navid gewesen ist, und nach seinem Tod schreie deine Trauer nicht zu laut hinaus, das ist es, was sie wollen – uns schwach sehen und zerstört.

Aber entscheidend ist für uns nicht, dass die Menschen, die in diesem Regime leiden, schwach und zerstört sind, sondern dass die Geschichte ihnen recht geben wird, dass sie erhobenen Hauptes für Menschenrechte und Demokratie auch im Iran gekämpft haben. Deswegen gilt ihnen unsere Solidarität.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

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